Ich bin dein Mörder: Thriller (Sam Burke und Klara Swell) (German Edition)
Kleid ausgewählt für ihren Abend im Desmoines. Ein verführerisches Kleid, eng anliegend und mit einer passenden Spange im Haar. Tamara trug gerne etwas im Haar. Er wusste nicht, warum, aber er mochte es, wenn sie ein Haarband trug. Er küsste sie vor dem Restaurant. Er küsste sie im Auto, auf ihrer Couch. Es waren süße Küsse. Er ließ ihr den Vortritt in ihre Wohnung in New York, eine günstige Sozialwohnung in der Nähe der zwanzigsten Straße. Sie hatte volle Lippen und ein seit mehreren Jahren ungestilltes Verlangen. Es war eine Mischung, der Tom nicht hatte widerstehen können. Nicht mehr. Es war Anfang Oktober, und ja, er hatte sich mehr Zeit für Tamara lassen wollen. Hatte sie noch besser kennenlernen wollen. Möglicherweise hatten die Briefe einen gegenteiligen Effekt und trieben ihn schneller auf das Ende zu, als er geplant hatte. Manchmal dachte er daran, dass es zu Ende gehen könnte. Er hatte Sam nicht belogen, als er ihm gestanden hatte, dass er nicht gefasst werden wollte. Aber natürlich rechnete er auch damit, dass es anders kam, als er geplant hatte. Er kannte Sam Burke und seinen Ruf. Wenn ihn jemand überraschen konnte, dann dieser Mann. Deshalb hatte er ihn ausgewählt. Es stimmte, er wollte der Gesellschaft eine faire Chance geben. Aber es hatte nicht sollen sein. Eine faire Chance hieß nicht, dass er Tamara am Leben ließ, bis Sam ihn schnappte.
Am Abend wollte Tom zur Feier des Tages in die Oyster Bar, das einzige Lokal, das noch geöffnet hatte und der lokale Rangierbahnhof für die einsamen Herzen in einem langen Winter an der Küste war. Heute hatte Amelia die Spätschicht, wobei sich Tom eingestehen musste, dass sie vermutlich der Grund war, warum er überhaupt ausgehen wollte. Amelia war eine auch im Winter braun gebrannte Inseltochter, die aus einem kleinen Kaff auf Cape Cod stammte und die die mangelnde Fürsorge einer cracksüchtigen Mutter und eines nicht vorhandenen Vaters hierher verschlagen hatte. Sie arbeitete seit zehn Jahren in der Oyster Bar, und sie erinnerte Tom an eine lang verlorene Freundin.
Tom zog einen seiner teuren Anzüge an, wie immer, wenn er ausging. Weil er meistens an der Bar bei Amelia landete und weil er wusste, dass sie seine Anzüge mochte. Sie flirteten seit beinah acht Jahren miteinander, ohne dass jemals etwas zwischen ihnen passiert wäre. Und natürlich wusste Tom, warum. Sie sah Betty viel zu ähnlich. Sie wäre eine Gefahr für sich selbst, durch ihre bloße Nähe zu ihm. Von allen Frauen, die er nach Betty kennengelernt hatte, war sie ihr am ähnlichsten. Weniger von ihrem Aussehen her als in ihrer Art. Und hätte Betty zehn Jahre länger gelebt, hätte sie möglicherweise auch ein Tattoo mit einem Kometen auf dem Beckenknochen gehabt. Es hätte zu ihr gepasst. Es passte zu Amelia. Und es machte ihn an. Amelias Rettung war, dass sie keine unheilbare Krankheit hatte und dass sie dort arbeitete, wo er lebte. Sie wäre eine große Gefahr für ihn, wenn er sie mit zu sich nähme. Denn Tom wusste genau, wie es enden würde, wenn sie erst mal die Schwelle zu seinem Haus überschritten hatten.
Tom betrat die Oyster Bar gegen Viertel nach neun. Die letzten Gäste waren schon gegangen, und er hatte den Tresen für sich alleine. Mit Amelia. Mit der Reinkarnation seiner Betty. Sie begrüßte ihn lächelnd und stellte ihm ein Glas Weißwein vor die Nase, einen 2009er Sauvignon Blanc aus dem Napa Valley. Tom bedankte sich und sah ihr beim Gläserspülen zu. Wenn sie sich umdrehte, bewunderte Tom ihren Hintern in der engen Jeans und hoffte, dass sie es nicht merkte. Sie redeten über die vergangene Saison und den Sturm, der bald aufziehen sollte. Als sie mit dem Spülen fertig war, wollte Tom bezahlen, damit sie nach Hause gehen konnte, aber sie bat ihn zu bleiben.
»Trink heute mit mir, Tom«, sagte sie. Sie stellte eine Flasche Tequila auf den Tresen. Den teuersten, den die Oyster Bar zu bieten hatte. Auf dem Etikett waren ausgehöhlte Schädel abgebildet und der Schnitter, der mit seiner Sense auf ihnen tanzte.
»Was ist los, Amelia? Ist irgendetwas passiert?«
Sie steckte zwei Whiskeygläser in das Eis hinter der Bar. Guten Tequila trank man nicht aus kleinen Stamperln, sondern wie einen Brandy. Als die Gläser eiskalt und beschlagen waren, schenkte sie großzügig ein und setzte sich neben ihn.
»Nichts ist los, Tom, ich möchte nur etwas mit dir trinken.«
Tom stieß mit ihr an.
»Auf das Leben, Tom.«
Tom zögerte einen Moment lang. Er
Weitere Kostenlose Bücher