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Ich bin der Herr deiner Angst

Ich bin der Herr deiner Angst

Titel: Ich bin der Herr deiner Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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Nehmen Sie den Tod des Professors. Der Täter musste in kürzester Zeit die Umstände vor Ort bewerten und dann eine Entscheidung treffen. Eine Abstimmung mit Freiligrath wäre schlicht nicht möglich gewesen.
    Nein, Hannah, unser Täter existiert, und nach wie vor hat unsere Charakterisierung seiner Person Bestand: Er ist hochintelligent, er ist wandlungsfähig. Er plant sehr lange im Voraus – seine gesamte Strategie ist darauf angelegt –, und gleichzeitig hat er bewiesen, dass er auch spontan handeln kann. Er verfügt über großzügige finanzielle Mittel.
    Und indem er Menschen tötet, die dazu beigetragen haben, Max Freiligrath hinter Gitter zu bringen, hat er auf den Traumfänger-Fall verwiesen.
    Weil er Rache nehmen will, da er die Schuld in diesem Fall bei einer anderen Person sieht.
    Das ist eine ganz andere Motivation, als wir sie bei Maximilian Freiligrath erkennen.»
    «Und das bedeutet für uns?»
    «Das bedeutet für uns», sagte Albrecht, «dass auch wir eine Chance bekommen, selbst wenn sich mir der Magen umdreht bei dieser Vorstellung: eine Chance nämlich, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben.»
    «Also sollen wir zu Ihnen kommen?»
    Albrecht nickte mit zusammengebissenen Zähnen.
    «Wie es aussieht, haben wir keine andere Wahl. Wenn Hauptkommissar Wolfram tatsächlich nach Königslutter kommen würde, wäre ich ihm sehr, sehr dankbar dafür. – Ihnen natürlich auch, wenn Sie …»
    «Schon okay.» Ein Stoßseufzer. Friedrichs schien mit keiner anderen Antwort gerechnet zu haben. «Wir werden allerdings etwas länger brauchen. Ist eine Weile her, dass ich in so einem Kasten am Steuer gesessen habe.»
    «Kasten?»
    «Das Wohnmobil.» Ihre Stimme wurde leiser. Der Hauptkommissar hatte den Eindruck, als ob sie sich einige Schritte von Wolfram entfernte. «Ich habe keinen Schimmer, wie er das durchstehen will. Was auch immer das werden mag – Ihr rechtspsychologisches Ermittlungsgespräch. Um ehrlich zu sein. Wenn Sie mich fragen, rechnet er auch gar nicht damit, es durchzustehen. Aber eins steht jedenfalls fest: Wenn ich ihn in den Dienstwagen setze, kommt er nicht lebendig bei Ihnen an. Dieser Mann ist … Es ist nicht besonders viel von ihm übrig.»
    «Das Wohnmobil», murmelte Albrecht.
    Er sah auf die Uhr.
    Zwanzig Minuten nach fünf.
    «Nehmen Sie bloß keine Abkürzung», warnte er. «Doch selbst so … Gegen neun? Denken Sie, das schaffen Sie? Die werden hier nicht erbaut sein, wenn wir um die Uhrzeit noch mal reinwollen. Und dann noch mit Wolfram … Nein, gar nicht erbaut. Aber ich spreche mit Seidel.»
    «In Ordnung.»
    Er seufzte. «Gut … Ich rufe gleich auf dem Revier an. Wenn Sie hierherkommen, muss eben Faber die Leitung in der Stadt übernehmen.» Er hielt einen Moment inne. «Ach ja, Hannah? Eine Sache noch.»
    Schweigen am anderen Ende – als ob sie auf etwas Unangenehmes wartete.
    «Das haben Sie gut gemacht», sagte er.
    Keine Antwort.
    Kopfschüttelnd beendete er die Verbindung.
    Versteh einer die Frauen.
    Sie konnten kaum alle so sein wie diejenige, die ihm im Augenblick gegenübersaß.
    Maja Werden hatte weder gedrängelt noch überflüssige Fragen gestellt, als er zum zweiten Mal an diesem Tag mit Wut im Bauch die Stufen von Station 62.b heruntergestapft war. Die düstere Stimmung, in der er sich befand, hatte sie wie selbstverständlich hingenommen.
    Weil wir uns ähnlich sind, dachte Jörg Albrecht. Zeit zum Nachdenken. Zeit, die Fäden neu zu verknüpfen und einen durchdachten Entwurf zu liefern.
    Doch er hatte keine Zeit mehr. Keine Zeit mehr für einen Schuss auf Verdacht.
    Irmtraud Wegner.
    Die Einschläge waren näher und näher gekommen, dann hatten sie sich ein Stück entfernt, doch jetzt hatten sie das Herz seiner Dienststelle erreicht.
    Rache.
    Es ist mehr als das, dachte Albrecht. Wahrscheinlich hatte er mit seinem Gedanken, zu denen Freiligrath nicht mehr hatte Stellung nehmen wollen, ins Schwarze getroffen: Der Täter wollte das Kommissariat so lange unter Druck setzen, bis der Traumfänger-Fall neu aufgerollt wurde: vor den Augen der Öffentlichkeit.
    Doch so weit würde es nicht mehr kommen.
    Noch heute Abend … Albrecht schloss die Augen.
    Heute Abend. Würde die Lösung rechtzeitig kommen für Irmtraud Wegner?
    Wieder ein Mensch, für den er die Verantwortung getragen hatte.
    Wieder ein Mensch, den er enttäuscht hatte.
    Der Hauptkommissar presste Daumen und Zeigefinger auf die Nasenwurzel, doch selbst damit war er diesmal nicht

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