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Ich bin die Nacht

Ich bin die Nacht

Titel: Ich bin die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ethan Coss
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vermuten, dass Ackerman senior von vornherein anormal war und seine Psychose an seinen Sohn vererbt hat. Wie dem auch sei, der Junge hat völlig sinnlos die Hölle auf Erden durchgemacht.«
    »Was wurde aus dem Vater?«
    »Ihm ist das passiert, was schon so manchem verrückten Wissenschaftler passiert ist. Seine eigene Kreatur hat sich gegen ihn gewandt.«
    Einen Augenblick lang hing Schweigen in der Luft.
    »Du meine Güte«, sagte Marcus dann leise. »Das ist vielleicht eine Geschichte.«
    »Allerdings. Und das war erst der Anfang. Jetzt dürfen wir uns mit dem Ungeheuer herumschlagen, das Ackerman senior geschaffen hat. Der gute Professor wollte beweisen, dass er einen Mörder erschaffen kann, und hatte Erfolg. Sein Sohn gilt schon jetzt als einer der schrecklichsten Serienkiller aller Zeiten.«
    Der Sheriff schien auf etwas zu blicken, das nur er sehen konnte. »Ackerman junior ist hochintelligent und verwickelt seine Opfer in komplizierte Spiele. Er ist völlig skrupellos. Er tötet wahllos, zumindest scheint es so. Es ist ihm egal, ob er gefasst wird. Er zeigt Wesenszüge sowohl des organisierten als auch des desorganisierten Killers. Wie Sie wissen, ist das ist die FBI-Klassifikation, in die man unbekannte Täter einordnet. Aber selbst wenn wir in Begriffen der Methode nach Holmes und De Burger denken, die den Mörder mehr über das Motiv klassifiziert, ist er eine Mischform, eine Kreuzung zwischen einem hedonistischen Schlächter, der wegen des Nervenkitzels mordet und aus dem Töten ein sadistisches Vergnügen zieht, und einem kontrollsüchtigen Killer, dem es vor allem darum geht, das Opfer zu dominieren und zu demütigen.
    Vom psychiatrischen Standpunkt aus ist der Mann ebenfalls ein Rätsel. Bevor er fliehen konnte, haben die Ärzte ihn genau studiert. Ist er ein Narziss? Ist er Soziopath? Hat er Gefühle, oder ist er empfindungslos? Verspürt er Reue, Gewissensbisse? Einige hielten Ackerman sogar für schizophren. Sämtliche Ärzte, die sich im Rahmen einer persönlichen Sitzung mit Ackerman befassten, kamen aufgrund seiner Reaktionen zu völlig anderen Schlussfolgerungen.«
    »Hört sich für mich an, als hätte Ackerman sie auf den Arm genommen.«
    »Könnte sein. Aber einer der Psychiater – seinen Namen habe ich vergessen – hatte eine andere Theorie. Er hat sich alle Bänder von Ackerman senior angesehen. Dabei fiel ihm auf, dass der Junge letzten Endes immer so reagierte, wie sein Vater es wollte. Wenn der Alte wollte, dass der Junge tötete, dann tötete er. Wenn er wollte, dass er keine Emotionen hatte, unterdrückte der Junge seine Empfindungen und versteinerte regelrecht. Bei einer Sitzung mit Ackermann hatte einer der Psychiater den Eindruck, Ackerman wäre programmiert, unbewusst genau so zu werden, wie der Psychiater es von ihm erwartete. Wenn er beispielsweise seine Fragen so stellte, dass Ackerman den Eindruck bekam, es sollte bewiesen werden, dass er keine Reue zeigte, dann zeigte er auch keine Reue – nach außen hin wenigstens –, und umgekehrt. Deshalb ist er so ein interessanter Fall. Er scheint sich gar nicht selbst zu gehören. Häufig imitiert er andere Serienkiller, nicht nur die aus dem wirklichen Leben, auch die aus der Pop-Kultur. Es sieht fast so aus, als würde er nicht für sich töten, sondern weil er der Welt geben will, was sie von einem wahnsinnigen Serienmörder erwartet. Er spielt die Rolle, von der er glaubt, dass sie ihm zugeteilt wurde.«
    »Für einen Sheriff wissen Sie eine Menge über Serienmörder«, sagte Marcus.
    Der Sheriff lachte. »Früher war ich Special Agent des FBI und habe in der Abteilung für Verhaltensanalyse gearbeitet. Der Job hat mir gefallen, aber ich bekam meine Tochter kaum noch zu Gesicht. Kurz nachdem meine Frau starb, wurde diese Stelle hier frei, und ich nahm sie an. Jetzt führe ich ein geregeltes Leben und bin fast jeden Abend zu Hause. Es war gut für mich und meine Tochter. Ich bereue meine Entscheidung kein bisschen.« Der Sheriff hielt inne und blickte Marcus an. »Sie waren auch mal Polizist, nicht wahr?«
    Marcus nickte. »In New York. Ich bin dort geboren und aufgewachsen.«
    »Warum sind Sie aus dem Dienst ausgeschieden?«
    »Ich war beim Morddezernat. Die Arbeit bekam mir nicht.«
    »Ein bisschen jung fürs Morddezernat, oder?«
    Marcus zuckte mit den Schultern. »Eine Menge Cops hätten Ihnen da zugestimmt.«
    »Na, alle wohl nicht.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ich habe ein bisschen herumtelefoniert und mit einem Ihrer

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