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Ich bin ein Genie und unsagbar böse

Titel: Ich bin ein Genie und unsagbar böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josh Lieb
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sollen. Vielleicht wird er vorschlagen, welche Farbkombination man zur Abschlussparty der achten Klasse tragen soll.«
    In gespielter Hochachtung hebe ich meine Hände. »Wahrhaft große Entscheidungen von historischer Tragweite! Existenzielle Entscheidungen, vor denen wir Sterbliche in der Regel zurückschrecken. Doch die
furchtlosen Mitglieder des Schülerrats haben geschworen zu kämpfen und die schwere Verantwortung zu tragen, die ihnen aufgebürdet wurde.«
    Ich stoße ein hörbares Zischen aus, als würde man den Stöpsel einer aufgeblasenen Luftmatratze herausziehen. »Es sei denn, Mr. Pinckney entscheidet , den Kuchenbasar abzublasen. Oder er entscheidet , das Geld nicht dem Altersheim, sondern dem Tierheim zur Verfügung zu stellen. Oder er entscheidet , dass Grün und Schwarz doch besser zu der Abschlussparty passen als Rot und Blau.
    Wozu soll der große Kampf also gut sein? Was sollen all diese ›Entscheidungen‹ bringen?« Ich mache eine Pause und lasse die Fragen auf die Zuhörer wirken. »Nichts als schöne Worte auf einer leeren Bühne.«
    Das Summen ist lauter geworden. Ich dachte, ich würde es durch mein Reden zum Schweigen bringen, doch ich habe mich getäuscht.
    »Ein Schülerrat ist vollkommen bedeutungslos«, stelle ich traurig fest. »Schlimmer noch: Er hat nicht den geringsten Sinn. Null. Nada. Mein geschätzter Kontrahent …« - wieder mache ich eine tiefe Verbeugung in seine Richtung - »mein geschätzter Kontrahent sagt, es ginge hier nicht um Beliebtheit. Doch er sagt die Unwahrheit. Ich will ihn nicht der Lüge bezichtigen. Sagen wir lieber, er ist falsch informiert.
    Denn wenn es nichts zu entscheiden und keine Kämpfe auszutragen gibt, wie kann es hier dann um etwas anderes gehen als die Beliebtheit der Kandidaten? Was bleibt euch, den Wählern, denn anderes übrig, als denjenigen zu wählen, der euch sympathischer ist?
    Das, meine kompetenten Freunde, ist die klassische Definition eines Beliebtheitswettbewerbs .«

    Ich streiche mit der Hand melodramatisch über meine Augenbrauen. »Verehrte Damen und Herren, Messieurs und Madames, Niños, niñas, liebe bambini. Erlauben Sie mir, kurz vom Thema abzuschweifen.
    Ich habe eben von der Bedeutungslosigkeit des Schülerrats gesprochen. Doch es gibt noch eine Steigerung. Das ist die Bedeutungslosigkeit der Regierung. Die Bedeutungslosigkeit der Demokratie.
    In jedem Wahljahr erleben wir das Schauspiel, dass Politiker um unsere Stimmen werben und vorgeben, uns genauso zu mögen, wie sie von uns gemocht werden wollen. Die Experten beklagen in diesem Zusammenhang, dass die Inhalte immer unwichtiger werden, dass die Rhetorik über die politischen Themen triumphiert, dass Charisma wichtiger ist als jede Wahrheit. Sie beklagen, kurz gesagt, dass unsere Wahlen zu Beliebtheitswettbewerben verkommen sind.«
    Das Summen ist jetzt auch in meinen Augen zu spüren. Meine Netzhäute vibrieren im Einklang mit dem Geräusch in meinen Ohren. Die Gesichter vor mir zittern und verschwimmen. Als würde ich die Welt durch die sirrenden Flügel einer Libelle betrachten.
    »Aber, meine lieben Freunde, was soll man denn auch anderes erwarten, wenn die allererste Wahl, die junge Amerikaner erleben, die Wahl, die uns alle zur Demokratie erziehen soll - und ich spreche von Schülerwahlen wie dieser hier -, im wahrsten Sinne des Wortes ein Beliebtheitswettbewerb ist?«
    Ich zucke mit den Schultern. »Sie bläuen es uns ein, wenn wir jung sind. Und wir vergessen es nie.
    Jetzt glaubt ihr vielleicht, meine Freunde, liebe Kumpel, Kameraden und Genossen, ich würde für eine Reform plädieren und mich dafür einsetzen, dass Wahlen
wieder einen Sinn bekommen. Dass die Inhalte wieder in den Vordergrund rücken und das Persönliche verdrängen.«
    Ich schenke den Narren mein warmherzigstes Lächeln. »Doch ich sage nichts dergleichen. Denn in Wahrheit will ich, dass ihr eure Zeit vergeudet, indem ihr euch zwischen zwei Angebern entscheidet.«
    Dann lege ich die Stirn in Falten, wie ein Hausarzt, der eine unerfreuliche Diagnose mitzuteilen hat. »Die Wahrheit ist, dass all diese wichtigtuerischen Politiker mit ihren hohlen Phrasen nur der Ablenkung dienen. Sie sollen euch mit ihren Banalitäten auf Trab halten, während ihr lebt und atmet und euch windet. Denn die wirkliche Wahrheit ist ein billiger Zaubertrick: Irgendwie werdet ihr alle, auch die Ärmsten von euch, mit einem Dollarschein in euren kleinen schmutzigen Patschhändchen geboren. Sogar die hungernden Kinder am

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