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Ich bin ein Mörder

Ich bin ein Mörder

Titel: Ich bin ein Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Pons
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dieser Erde erscheinen. Mit dem ersten Atemzug wird er zu unserem ständigen Begleiter. Wieso ihn fürchten? Er ist die einzige Konstante, das einzig Unzweifelhafte in unserer Existenz. Die Vollendung, die Verheißung, das Ziel für alle. Diese Meisterwerke, auch wenn es nur Kopien sind, zeigen das in aller Deutlichkeit. Der Platz über meinem Bett ist für mich sehr inspirierend. Jeden Morgen wird mir die Vergänglichkeit bewusst gemacht und auch jeden Abend, wenn ich allein oder zu zweit ins Bett steige.«
    Er hauchte einen Kuss in ihren Nacken.
    »Macht es den Akt der Liebe nicht umso bedeutender, wenn man die Unausweichlichkeit des Endes vor Augen hat? Ein grandioser Zeitvertreib. Bisweilen auch der jämmerliche, verzweifelte Versuch, das eigene Leben durch die Produktion von Nachkommen zumindest genetisch zu verlängern. Unsterblichkeit auf diesem Wege erlangen zu wollen, ist ein unsinniger Wahn.«
    »Du strebst mit deinen Büchern nach Ruhm. Ist das nicht genauso unsinnig?«
    Er lachte leicht verlegen und senkte den Kopf. In seinen Augen leuchtete wieder der Schalk des kleinen Jungen.
    »Erwischt. Ja, im Prinzip hast du recht. Vielleicht ist es auch nur ein Wahn. Der Ruhm ist nur von kurzer Dauer und nur relevant, solange ich lebe. Später habe ich nichts mehr davon. Trotzdem stimmt es. Mit meinen Büchern überdauert ein Teil von mir das Ende meiner Zeit.«
    »Du hast also nicht vor, andere Spuren deiner Existenz in der Welt zurückzulassen?«
    »Hättest du denn Interesse, an meiner Reproduktion beteiligt zu sein?«
    Einen Augenblick starrte sie ihn sprachlos an, dann schüttelte sie den Kopf.
    »Das ist nicht der Weg, den ich für uns beide sehe.«
    Spöttisch kräuselte er die Lippen. »Wie wahr, wie wahr. Aber man könnte für eine Weile so tun als ob, oder?«
    Atemlos schaute Alexandra zum Bett, zu den Bildern und wieder in sein Gesicht. Er will mich. Jetzt. Hier.
    »Also, ich … Auch wenn es dich inspiriert. Ich kann nicht … im Angesicht des Todes.«
    Tobias’ Hände glitten unter ihre Bluse und zogen sie an sich.
    »Wenn es weiter nichts ist.« Sein Körper drückte sich gegen ihren und schob sie sachte rückwärts zur Tür hinaus.
    »Ich nehme dich überall. Auf dem Flur …«, er küsste sie, »im Wohnzimmer …«, er entledigte sie ihrer Bluse, »in der Küche …«, seine Zähne gruben sich in ihren Hals, »oder im Bad …«
    Sie krallte die Finger in seinen Rücken, während er sie gegen die Wand presste, dann zog sie ungestüm an seinem Gürtel.
    »Hier ist völlig in Ordnung. Die anderen Zimmer nehmen wir uns später vor.«
    In ihrer Tasche vibrierte das Handy. Minutenlang, bis die automatische Mailboxansage den Anrufer auf später vertröstete.
    * * *
     
    »Guten Abend«, die Stimme am Telefon klang angespannt.
    Mischa schlug mit der Hand nach dem Lichtschalter und schaute auf den Wecker.
    »Gute Nacht«, brummte er, »es ist halb zwölf durch.«
    »Entschuldigung.«
    »Wer ist überhaupt dran?« Sein Kopf lag schwer auf dem Kissen. Der zerrissene Traum kreiste noch durch seine Gedanken.
    »Jörg Weber. Alexandras …«
    »Journalistenfreund. Weiß schon. Was ist los?«
    »Ich kann sie nicht erreichen.«
    »Hm? Ich bin doch dran.«
    »Nicht Sie. Sie, Alexandra. Es ist wichtig. Denke ich.«
    Müdigkeit lastete bleischwer auf Mischas Körper. Er knüllte die Decke zusammen und richtete sich auf, um wach zu werden.
    »Wir müssen was unternehmen, Mischa … Herr Michalczyk.«
    »Schon gut, was meinst du mit: Wir müssen was unternehmen?«
    Mischa schüttelte den rechten Arm, der unangenehm prickelte. Er musste darauf geschlafen haben und jetzt begann das Blut schmerzhaft zu zirkulieren.
    »Wie soll ich sagen, Gefahr im Verzug?«
    »Gefahr für Alexandra?«
    »Möglicherweise.«
    »Schieß los.« Plötzlich war er hellwach.

Samstag, 27. Oktober
     
    »Warum bist du gestern Abend nicht ans Telefon gegangen?«
    Alexandra und Mischa standen allein in der Revierküche.
    »Ich war nicht zu Hause.« Alexandra lutschte ihr Messer ab, mit dem sie gerade Marmelade auf ein Brötchen gestrichen hatte. Auch ohne Frühstück hatte sie es heute nur gerade so geschafft, pünktlich zum Dienst zu kommen.
    »Das weiß ich. Was war mit deinem Handy? Es war nicht an.«
    »Stimmt. Genau das war mit dem Handy.«
    »Wieso hast du es ausgemacht? Ich habe versucht, dich zu erreichen.«
    »Wäre ich nie drauf gekommen! Ich war verabredet und wollte nicht gestört werden. Schließlich haben wir bei der

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