Ich bin eine Nomadin
Eigentum zu erwerben, schützt der Rechtsstaat ihn und sein Eigentum.
Das war, kurz gefasst, meine Aufklärung: unbehinderte Suche nach Antworten, universale Bildung, individuelle Freiheit, Ächtung privater Gewalt und Schutz des Privateigentums. Bald merkte ich, dass ich diesen Konzepten, gerade weil sie neu für mich waren, weitaus mehr Respekt entgegenbrachte als viele Menschen um mich herum, die sie für völlig selbstverständlich nahmen.
Sozialarbeiter im Westen werden Ihnen sagen, dass Einwanderer den Zusammenhalt in der Gruppe aufrechterhalten »müssen«, um ihre geistige Gesundheit zu bewahren, denn sonst würden sie verunsichert und ihr Selbstwertgefühl würde zerstört. Das stimmt nicht.
Die Vorstellung, dass für Immigranten der Zusammenhalt in der Gruppe so wichtig ist, trägt vielmehr dazu bei, dass sie als Opfergruppen wahrgenommen werden, die besondere Wohnformen, einen ganzen Wirtschaftszweig, besondere Hilfsmittel und besondere Unterstützung brauchen. Wenn diese Menschen sich an der Kultur ihrer Vorfahren orientieren sollen, folgt daraus, dass man ihnen dabei helfen sollte: mit eigenen Schulen, von der Regierung finanzierten Einrichtungen und sogar mit eigenen Schiedsgerichten. Diese Art von romantisch verklärtem Primitivismus hat der australische Anthropologe Roger Sandall »designer tribalism« genannt: Man geht automatisch davon aus, dass nichtwestliche Kulturen entsprechend den ursprünglicheren, tief im Menschen angelegten Geboten in Harmonie mit Tieren und Pflanzen leben und eine elementare Spiritualität pflegen.
Jetzt kommt etwas, das ich auf die harte Tour gelernt habe, das aber viele wohlmeinende Menschen im Westen einfach nicht einsehen wollen. Alle Menschen sind gleich – aber das gilt nicht für alle Kulturen und Religionen. Eine Kultur, die die Weiblichkeit feiert und Frauen als Herrinnen über ihr Leben sieht, ist besser als eine Kultur, die die Genitalien von Mädchen verstümmelt und sie hinter Mauern und Schleiern gefangen hält oder sie auspeitscht oder steinigt, nur weil sie sich verliebt haben. Eine Kultur, die von Gesetzes wegen die Rechte der Frauen schützt, ist besser als eine Kultur, in der ein Mann völlig legal bis zu vier Frauen gleichzeitig haben kann und den Frauen die Alimente und ihr halbes Erbe verweigert werden. Eine Kultur, die Frauen in ihren Obersten Gerichtshof beruft, ist besser als eine Kultur, in der die Zeugenaussage einer Frau nur halb so viel wert ist wie die eines Mannes. Es gehört zur muslimischen Kultur, Frauen zu unterdrücken, und zu allen Stammeskulturen, Patronage, Nepotismus und Korruption zu institutionalisieren. Die Kultur der westlichen Aufklärung ist besser .
In der realen Welt führt gleicher Respekt allen Kulturen gegenüber nicht zu einem bunten Mosaik farbenprächtiger und stolzer Völker, die friedlich miteinander umgehen und dabei eine wunderbare Vielfalt von landestypischen Gerichten und Kunsthandwerken bewahren, sondern vielmehr zu abgeschlossenen Inseln der Unterdrückung, des Unwissens und des Missbrauchs.
Viele Menschen verspüren echten Schmerz bei dem Gedanken, dass ganze Kulturen aussterben könnten. Ich erlebe das immer wieder. Sie fragen: »Gibt es denn gar nichts Schönes in diesen Kulturen? Gibt es nichts Schönes im Islam?« Natürlich gibt es schöne Bauten, und natürlich ist die Aufforderung zu Wohltätigkeit etwas Schönes; doch der Islam gründet auf sexueller Ungleichheit und auf der Aufgabe individueller Verantwortung und Entscheidungsfreiheit. Das ist nicht einfach hässlich, es ist ungeheuerlich.
Zweifellos hatte die somalische Clankultur einmal ihre wildromantischen Seiten. Die Menschen trugen farbenprächtige Kleidung, hatten einen schwarzen und beißenden Humor, sie kannten Überlebensstrategien in einer lebensfeindlichen Wüstenumgebung, von denen die Welt vielleicht etwas hätte lernen können. Doch die Überzeugung der Multikulturalisten, dass die somalische Clankultur irgendwie bewahrt werden sollte – selbst wenn die Menschen, die sie hervorgebracht hat, sich entschließen, in westlichen Gesellschaften zu leben –, ist die Garantie für soziales Scheitern. Der Multikulturalismus hilft Einwanderern, die schmerzhafte Aufgabe von anachronistischen und unangemessenen Traditionen hinauszuschieben. Er bewahrt die Kunst und die traditionsreichen Handwerke um den Preis, dass er Menschen in korrupten, ineffizienten und ungerechten Gesellschaftssystemen gefangen hält. Er schreibt Armut, Elend und
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