Ich bin eine Nomadin
Brüdern, Lehrern und Priestern die Stirn. Sie argumentierten, wenn eine Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe falsch sein, dann sei es ebenso falsch, Menschen aufgrund des Geschlechts zu diskriminieren. Wenn die Gesetze des Landes geändert und politische Maßnahmen eingeführt würden, die die Bürgerrechte der Schwarzen schützen, dann müssten auch die Gesetze geändert und Maßnahmen zum Schutz der Bürgerrechte der Frauen eingeführt werden.
In leidenschaftlichen Diskussionen in Europa über die Entkolonialisierung stärkten viele europäische Feministinnen den »Freiheitskämpfern« den Rücken, die für die nationale Unabhängigkeit stritten. Die Argumente für nationale Selbstbestimmung leuchteten ihnen ein. Und sie versäumten es nicht, auf die Parallele hinzuweisen: So wie man einem einst kolonialisierten Volk zutraute, sein kollektives Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, musste man auch den Frauen zutrauen, ihr individuelles Schicksal in die Hand zu nehmen.
Das waren natürlich Grundsatzfragen. Bei allen diesen Auseinandersetzungen ging es darum, welche Konsequenzen es hatte, wenn Männern und Frauen die Freiheit verweigert wurde. Alle Auseinandersetzungen wurden im Wesentlichen entschieden, indem die Unmoral der Argumente der Gegenseite aufgedeckt wurde, ob sie sich nun auf die Bibel berief oder auf alte feudalistische Traditionen. (Alle Befürworter von Sklaverei, Diskriminierung und Frauenfeindlichkeit führten religiöse Argumente an.) Diese Argumente wurden entlarvt, verunglimpft und lächerlich gemacht. Und am Ende wurden die Gesetze aufgehoben, die die Ungleichheit institutionalisierten.
Aber paradoxerweise trugen diese Auseinandersetzungen, weil sie sich ausschließlich gegen weiße Männer richteten, dazu bei, dass sich in den Köpfen der meisten Menschen die simplifizierte Vorstellung festsetzte, Schwarze, Frauen und Farbige könnten nur die Opfer einer Unterdrückung durch weiße Männer sein. Nachdem die Feministinnen andere revolutionäre Bewegungen wie die nationalen Unabhängigkeitsbewegungen in Südostasien oder Bewegungen für Minderheitenrechte wie den Kampf gegen die Apartheid und für die Palästinenser unterstützt hatten, gingen sie dazu über, die weißen Männer als die ultimativen und einzigen Unterdrücker zu präsentieren. Weiße Männer waren gleichermaßen für Sklavenhandel, Apartheid und Kolonialismus verantwortlich und für die Unterwerfung der Frau. Nichtweiße Männer hingegen zählten fast schon definitionsgemäß zu den Unterdrückten.
Als Folge davon ist das Leid muslimischer Frauen weitgehend unerwähnt geblieben – im Grunde das Leid aller Frauen in Entwicklungsländern, die im Namen eines von farbigen Männern geschaffenen und gepflegten moralischen Gerüsts aus Bräuchen oder Überzeugungen unterdrückt werden. Immerhin bringen es einige gemeinnützige Organisationen zur Sprache. Auch die Weltbank verurteilt inzwischen entschiedener die Unterdrückung muslimischer Frauen. Aber eine massive, öffentliche Kampagne, um die alten Anschauungen zu entlarven, lächerlich zu machen und zu überwinden, lässt noch auf sich warten.
In Wirklichkeit hat eine bestimmte Strömung des Feminismus die Lage für die weiblichen Opfer der Frauenfeindlichkeit farbiger Männer eher noch verschlimmert. Meine Kollegin am American Enterprise Institute Christina Hoff-Sommers bezeichnet das als »Feminismus des Grolls«. Es ist die Haltung einiger Feministinnen, die »glauben, dass unsere [soll heißen: die westliche] Gesellschaft am treffendsten als eine ›männliche Hegemonie‹, ein ›Sex-/Geschlechtersystem‹ bezeichnet wird, in der das dominante [weiße, männliche] Geschlecht darauf hinarbeitet, dass Frauen duckmäuserisch und unterwürfig bleiben«. Diese »grollenden« Feministinnen weigern sich anzuerkennen, welche Fortschritte die westlichen Frauen mittlerweile erzielt haben, vom Wahlrecht bis hin zur Bestrafung all jener, die Frauen am Arbeitsplatz belästigen. Sie sehen lediglich die Ungleichheit des weißen Mannes und reduzieren so universelle Konzepte wie Meinungsfreiheit und Selbstbestimmung auf reine Artefakte der westlichen Zivilisation. Genau damit bieten sie den farbigen Männern einen Ausweg. Wenn der König von Saudi-Arabien gefragt wird, wie es die Gesetze seines Landes mit den Frauen halten, besteht seine einzige Antwort darin, dass er Respekt für seinen Glauben, die Kultur und Souveränität seines Landes fordert, und offenbar genügt dieses Argument
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