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Ich Bin Gott

Titel: Ich Bin Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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ließ das Wasser über die schmutzigen Teller laufen und fügte einige Tropfen Spülmittel hinzu. Der Schaumberg wuchs aus dem Nichts wie bei einem unschuldigen Kinderspaß, während die Stimmen der Nachrichtensprecher außer den ständig wachsenden Opferzahlen nichts Neues zu berichten hatten.
    Das Klingeln des Telefons war wie ein Lebenszeichen zwischen all diesen Todesnachrichten. Vivien trocknete sich die Hände ab und nahm den Hörer des schnurlosen Telefons. Alan Bellews Stimme drang an ihr Ohr, kräftig und entschieden wie immer, obwohl ihr die Müdigkeit anzuhören war.
    » Hallo, Vivien. Ich bin’s, Bellew.«
    Er hatte sie noch nie zu Hause angerufen und schon gar nicht an einem freien Tag. Vivien hatte schon eine Ahnung, was jetzt kommen würde.
    » Schieß los.«
    » Hier herrscht absolutes Chaos. Ich komme gerade von einer langen Besprechung im One Police Plaza mit dem Polizeipräsidenten und den Revierleitern. Jetzt trommle ich unsere Leute zusammen. Ich will euch heute Abend alle hierhaben, um euch auf den neuesten Stand zu bringen.«
    » Ist es so schlimm?«
    » Ja. Die Presse weiß fast gar nichts. Und ich muss zugeben, dass wir auch nicht viel mehr wissen. Es besteht allerdings die nicht einmal abwegige Möglichkeit, dass die Stadt Opfer eines Angriffs ist. Ich werde euch nachher alles persönlich sagen. Um neun im Revier.«
    » In Ordnung, bis dann.«
    Die Stimme des Captains wurde weicher, und der Vorgesetzte, der sich in einem Notfall an sie gewandt hatte, verwandelte sich in einen Freund.
    » Es tut mir leid, Vivien. Ich weiß, dass du in letzter Zeit hart gearbeitet hast und auch privat eine schwere Zeit durchmachst. Ich weiß auch, dass du heute Abend mit deiner Nichte zu einem U 2 -Konzert gehen wolltest. Allerdings kann ich dir jetzt schon sagen, dass bis auf weiteres alle Großveranstaltungen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit abgesagt werden.«
    » Ich weiß. Sie haben es gerade im Fernsehen gebracht.«
    Der Captain schwieg einen Moment, nicht aus Verlegenheit, sondern aus Anteilnahme.
    » Wie geht es Sundance?«
    Bellew hatte zwei Töchter, die ein wenig älter waren als ihre Nichte. Vivien nahm an, dass er sie vor Augen hatte, als er diese Frage stellte.
    » Gut.«
    Sie sagte das zögerlich, wie jemand, der sich an eine Illusion klammert und nicht auf eine Gewissheit baut. Bellew begriff und hakte nicht weiter nach.
    » Dann bis heute Abend.«
    » Auf Wiederhören, Alan. Und danke.«
    Vivien beendete das Gespräch und legte das Telefon neben das Spülbecken. Sie starrte auf die beiden Teller, als wären sie in den Tiefen eines Ozeans versenkt und nicht in wenigen Zentimetern Wasser.
    Als sie sich umdrehte, stand Sundance auf der anderen Seite des Küchentresens. In diesem Augenblick war sie erwachsen. Ihr Körper war der eines jungen Mädchens, doch die Augen waren uralt. Die Welt, in der sie lebte, bewies immer wieder, dass sich alles, was man besaß, jeden Moment verflüchtigen konnte. Mehr denn je verspürte Vivien den Wunsch, ihr zu zeigen, dass es in derselben Welt auch viele schöne Dinge gab.
    Wie sie das anstellen sollte, wusste sie noch nicht. Doch sie würde es lernen und würde sie beide retten.
    Sundance lächelte, als würde sie ihr die Gedanken vom Gesicht ablesen.
    » Ich muss ins Joy zurück, stimmt’s?«
    Vivien nickte.
    » Tut mir leid.«
    » Dann packe ich meine Tasche.«
    Das Mädchen drehte sich um und verschwand in Richtung Schlafzimmer. Vivien ging zu ihrem Safe, der ziemlich fantasielos hinter einem Bild verborgen war, tippte den Code ein und holte ihre Pistole und ihre Dienstmarke heraus.
    Sundance stand schon mit der Tasche in der Hand im Flur und wartete. Ihrem Gesicht war keinerlei Enttäuschung anzumerken. Enttäuschung wäre Vivien wesentlich lieber gewesen, als diese frühreife Akzeptanz einer Welt, in der man praktisch nie etwas ändern konnte.
    Eigentlich hatten sie vorgehabt, am Nachmittag am Hudson River zu joggen und abends zum Konzert zu gehen, wo sie sich in der Gewissheit, zusammen zu sein, in der Menschenmenge verlieren würden, in einem Moment der Freude und Begeisterung, wie sie nur die Musik vermitteln kann.
    Stattdessen …
    Sie gingen zum Auto hinunter. Es war ein herrlicher Tag, doch die Sonne, die leichte Brise und das intensive Blau schienen sie mit Hohn und Spott zu überschütten, eher eine selbstgefällige Eitelkeit der Natur als ein Geschenk für die Menschen.
    Vivien ließ die Zentralverriegelung aufschnappen und öffnete die

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