Ich. bin. Jetzt - auf dem achtfachen Yoga-Pfad zu sich selbst finden
und präsent ist, spüren wir die Wirkung der vorangegangenen Übungen auf jeder Ebene. Gelingt es uns, uns vollkommen zu entspannen und hinzugeben, löst sich das Gefühl des getrennten „Ichs“ auf und wir erfahren einen Zustand des Einsseins. Die Übungspraxis mit einem OM zu schließen, ist nicht nur ein schönes Ende, sondern erinnert uns daran, das Bewusstsein der Einheit mit in den Alltag zu nehmen.
Auf diese Weise wird die Asana-Praxis zu weit mehr als Gymnastik. Die Erfahrungen und die Haltungen aus den Übungszeiten helfen uns in unserem täglichen Leben. Mit einer regelmäßigen Praxis ruhen wir stabil in uns selbst und sind innerlich zufrieden und glücklich. Wir sind wesentlich unabhängiger von äußeren Einflussfaktoren und müssen nicht um Anerkennung, Liebe, Erfolg oder Zustimmung kämpfen. Wir wissen, wer wir sind, und haben die Kraft, den Mut und das Vertrauen, wir selbst zu sein und unser höchstes Potenzial zu leben.
Shavasana ist die achtsame Hingabe des Ego.
Indem man sich selbst vergisst, entdeckt man sich selbst.
B.K.S. Iyengar
4. Pranayama
Die Lenkung der Lebensenergie
Ein Mann kam zu Besuch in einen Ashram und sagte zu einem Schüler: „Mein Meister verfügt über beeindruckende Fähigkeiten. Er kann die Zukunft vorhersehen, die Schwerkraft aufheben, Dinge materialisieren und seinen Herzschlag anhalten. Wie sieht es mit deinem Meister aus? Was kann ich bei ihm lernen?“ „Achtsam zu leben und jeden einzelnen Atemzug zu genießen“, antwortete dieser.
(Quelle unbekannt)
tasminsati svasaprasvasayorgativicchedah pranayamah
Wenn unter der Voraussetzung einer idealen Haltung die
Bewegung von Aus- und Einatmung ausgedehnt wird,
ist das Pranayama.
Das vierte Glied auf dem Yoga-Pfad ist Pranayama. Prana kann mit Atem übersetzt werden. Die Bedeutung des Wortes geht noch tiefer: Prana ist die universelle Lebenskraft oder Lebensenergie, die das ganze Universum erfüllt. Über den Atem haben wir einen direkten Zugang zu dieser Lebensenergie, die im ganzen Körper in den sogenannten Nadis (Energiekanälen) zirkuliert. Yama bedeutet Regel und ayama kontrollieren, anhalten, erweitern oder ausdehnen.
Pranayama bedeutet, die Lebensenergie auszudehnen und zu verlängern. Indem wir lernen, Prana zu beobachten, zu spüren und schließlich zu kontrollieren, erlangen wir körperliche Gesundheit, emotionale Balance und geistige Klarheit. Auf dem Yoga-Pfad bereitet das Üben von Pranayama Körper und Geist auf die weiteren Stufen vor, auf die tiefe Konzentration und Meditation – und ermöglicht eine tiefgehende Transformation des Bewusstseins.
Atmen heißt leben
Der Atem ist neben Nahrung, Wasser und Sonnenlicht die wichtigste Energiequelle unseres Körpers. Wir können bis zu 40 Tagen ohne Nahrung auskommen, zwei bis fünf Tage ohne Flüssigkeit, aber nur wenige Minuten ohne Atem. Ein Erwachsener, der durchschnittlich etwa 14 Atemzüge pro Minute macht, kommt allein in einer Stunde auf 840 Atemzüge. Das macht 20.160 Atemzüge pro Tag. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Qualität des Atems einen entscheidenden Einfluss auf die Qualität unseres Lebens hat.
Atmen und denken, beides können wir zwar bewusst tun, aber die meiste Zeit geschieht es von allein. Die Atmung wird vom vegetativen Nervensystem gesteuert und geht somit automatisch vor sich. Der Atem fließt, wenn wir schlafen und, im Gegensatz zum Denken, selbst wenn wir bewusstlos sind. Mit jeder Einatmung gelangt Sauerstoff in die Lunge und über das Blut in jede Zelle unseres Körpers. Mit jeder Ausatmung reinigt sich der Körper und gibt Kohlendioxid und andere Abfallstoffe ab. Das Einatmen hat eine anregende, das Ausatmen eine beruhigende Wirkung.
Gedanken wecken Gefühle und jedes Gefühl ist mit einem spezifischen Atemmuster verknüpft. Wenn wir Angst haben, atmen wir beispielsweise schnell und ungleichmäßig, die Pausen fehlen und wir atmen mehr ein als aus. Wut lässt uns „schnauben“, wir atmen ohne Pause kräftig und schnell aus und noch mehr ein. Sind wir hingegen zufrieden und gelassen, sind die Atemzüge lang und ruhig und die Atempausen vergrößern sich. Gleichzeitig wütend zu sein und ruhig zu atmen ist unmöglich. Wie wir sind, so atmen wir. Und umgekehrt: Wie wir atmen, so sind wir.
Das Problem ist, dass wir in der Regel „falsch“ atmen: zu flach, zu kurz und zu schnell. Ohne dass uns das bewusst ist, haben wir verlernt, voll zu atmen. Neugeborene und kleine Kinder atmen noch ganz natürlich. Wer
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