Ich. bin. Jetzt - auf dem achtfachen Yoga-Pfad zu sich selbst finden
von seinen finanziellen Problemen erzählt. Oder Sie ertappen sich dabei, etwas haben zu wollen, das in Ihrem Umfeld jeder hat. Oder Sie müssen unbedingt den Guru aufsuchen, bei dem Ihr Freund gerade war. Unsere Sinne schnappen ständig Ideen auf und der Geist macht etwas daraus. Wenn wir nicht aufpassen, dann lenkt uns der unbewusste Einfluss, den andere Menschen auf uns haben, nur allzu schnell von unserem Weg und unseren wahren Absichten ab.
Das gilt natürlich für alle Sinneseindrücke, die wir von außen aufnehmen. Selbst in einer ruhigen Sekunde sind das Millionen von Eindrücken. Aber wie oft haben wir in der heutigen Zeit eine ruhige Sekunde? Viele von uns sind die endlosen Aktivitäten schon so gewöhnt, dass sie echte Ruhe gar nicht mehr aushalten und nicht beschäftigt zu sein ein Ding der Unmöglichkeit ist.
Wenn Sie selbstbestimmt leben wollen, kommen Sie nicht umhin, die Dauerberieselung einzuschränken und Informationen, die von außen kommen, zu filtern, infrage zu stellen und an Ihrer inneren Wahrheit zu messen. Denken Sie an Ihren Briefkasten. Da steht Ihr Name drauf und vielleicht klebt außen sogar ein Aufkleber „Keine unerwünschte Werbung“, damit Sendungen ohne persönliche Anschrift von Ihnen fern bleiben. Wenn Sie Ihren Briefkasten leeren, filtern Sie noch einmal aus, was für Sie wichtig ist und was Sie ungelesen wegwerfen. Bei den Informationen, die wir in unseren Geist lassen, sind wir in der Regel wesentlich weniger wählerisch. Wer darf über das Fernsehen in Ihr Wohnzimmer und damit in Ihr Oberstübchen? Mit welchen Zeitungen oder Klatschblätter füttern Sie Ihren Geist? Wen fragen Sie um Rat und wessen Meinung zählt in Ihrem Leben? Prüfen Sie sorgfältig, ob die Dinge und die Menschen, mit denen Sie Ihre Zeit verbringen, wirklich zu Ihnen passen, Ihnen Energie geben, Ihnen gut tun und Sie auf Ihrem spirituellen Weg bestärken. Das heißt nicht, dass Sie irgendwelche Dinge oder gar Menschen verurteilen oder verdammen sollen – Mitgefühl und Toleranz sind wichtige Qualitäten im Yoga –, aber Sie müssen ihnen weder eine tragende Rolle in Ihrem Leben noch Macht und Einfluss einräumen.
Nach innen gehen
Pratyahara meint nicht nur die fünf Sinne der Wahrnehmung – Sehen, Hören, Fühlen, Schmecken und Riechen –, sondern auch die fünf Sinne der Tat – Sprechen, Greifen (Hände), Gehen (Füße), Verdauen und Fortpflanzen. So enthalten alle Yamas und Niyamas und auch die anderen Glieder auf dem achtfachen Pfad Aspekte von Pratyahara. Sich beispielsweise von Tratsch fernzuhalten, generell weniger zu reden, weniger in unseren Händen zu haben, sprich weniger besitzen zu müssen, Maß zu halten, unsere sexuellen Aktivitäten bewusst zu gestalten, der höheren Führung zu folgen und zufrieden zu sein mit dem, was das Leben bringt – das alles ist eine Form von Pratyahara. Die Lebensregeln helfen uns zu begreifen, dass wir im Außen nichts versäumen und nichts brauchen, was nicht bereits in uns ist. Diese Erkenntnis schenkt uns die Ruhe, nach innen zu gehen. Die Praxis der Asanas hilft uns ebenfalls, unsere Sinnes- und Bewegungsorgane zu beherrschen, still zu halten und unseren Fokus nach innen zu lenken. Mit „beherrschen“ ist nicht gemeint, unsere Sinne und Impulse zu unterdrücken, sondern unsere Kräfte zu bündeln und auf das Wesentliche zu konzentrieren. Schließlich bereitet uns Pratyahara auf die nächste Stufe, die Konzentration, vor. Nach innen zu gehen und zentriert zu sein ist wiederum die Voraussetzung, um in der Meditation Antworten zu finden.
Genauso wie wir mit Fasten den Körper entlasten, können wir unserem Geist etwas Gutes tun und die Sinne „fasten“ lassen. Den Rückzug der Sinne im Rahmen der Konzentration und Meditation werden wir noch eingehend besprechen. Pratyhara kann aber auch ein Urlaub auf einer einsamen Almhütte sein oder eine Schweige-Woche etwa in einem Kloster oder einem Ashram. Im Alltag gilt es ebenfalls immer wieder bewusst auf die Stopp-Taste zu drücken und sich Zeit zu nehmen, um innezuhalten und zur Ruhe zu kommen. Vielleicht ziehen Sie sich an einen ungestörten Ort zurück, schalten bewusst alle äußeren Störquellen aus und beobachten die Stille zwischen Ihren Atemzügen. Oder Sie gehen alleine spazieren und genießen die Stille der Natur. Oder Sie sehen dem Himmel beim Dunklerwerden zu. Oder Sie genießen die stillen Momente in einem Gespräch, in dem gerade alles gesagt ist und es schön ist, gemeinsam zu schweigen.
Sein
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