Ich. bin. Jetzt - auf dem achtfachen Yoga-Pfad zu sich selbst finden
mit allen Sinnen
Die Sinne sind nicht grundsätzlich ein Übel. Vielmehr geht es um die Frage, wie wir sie benutzen. Meist überreizen wir unsere Sinne. Wir essen, sehen fern und unterhalten uns gleichzeitig. Oder wir werfen zwischen Tür und Angel irgendein Fastfood ein. Wir arbeiten und im Hintergrund spielt das Radio. Wir checken ständig unsere Mails, auch während wir ein Gespräch führen. Oder wir sind im Geist schon bei unserem nächsten Termin, während wir voll Ungeduld im Stau stehen. Nun gut, vielleicht sind Sie hier eine Ausnahme. Wann haben Sie das letzte Mal Ihr Essen mit allen Sinnen genossen, ohne dabei irgendetwas anderes zu tun? Wann haben Sie das letzte Mal dem Gesang der Vögel zugehört, die Sterne am Himmel beobachtet oder den Duft der Blumen wahrgenommen? Wann haben Sie das letzte Mal einem Menschen Ihre volle und ungeteilte Aufmerksamkeit geschenkt?
Die meisten von uns sind in ihrem Sinnesbewusstsein abgestumpft. Wir nehmen zu viel und nichts davon richtig wahr. Wir entscheiden nicht bewusst, worauf wir unsere Aufmerksamkeit lenken, sondern springen mal hierhin und mal dorthin. Dabei könnten uns unsere Sinne dabei helfen, unsere ganze Aufmerksamkeit auf den momentanen Augenblick zu bündeln, statt mit den Gedanken in der Zukunft, in der Vergangenheit oder einfach nur ganz woanders zu sein. Sie können das jetzt gleich ausprobieren, während Sie lesen: Nehmen Sie Ihre Hände wahr, wie Sie das Buch halten und wie sich die Seiten in Ihren Fingern anfühlen. Kommentieren Sie Ihre Eindrücke nicht, nehmen Sie nur bewusst wahr, was ist. Gehen Sie dann mit Ihrer Aufmerksamkeit in Ihre Augen und entdecken Sie, wie sie über die Buchstaben streifen. Bemerken Sie, was Sie sonst noch sehen, während Sie lesen – was ist in Ihrem momentanen Sichtfeld? Fühlen Sie die Unterlage, auf der Sie sitzen. Spüren Sie, wo Ihre Kleidung Ihre Haut berührt und wo Ihr Körper mit dem Boden verbunden ist. Machen Sie sich Ihre Körperhaltung bewusst. Lenken Sie den Fokus auf und in Ihren Rücken, entdecken Sie, wie sich Ihr Nacken anfühlt und ob Ihre Schultern angespannt sind. Fühlen Sie, wohin Ihr Atem fließt. Konzentrieren Sie sich auf Ihren Gehörsinn, nehmen Sie Geräusche in der Umgebung wahr – wieder ohne Kommentar. Schenken Sie Ihrer Nase Aufmerksamkeit und riechen Sie, was ist.
Sinneswahrnehmungen können nur in der Gegenwart stattfinden. Indem Sie bewusst auf das achten, was Sie sehen, hören, spüren, riechen oder schmecken, sind Sie in diesem Moment ganz präsent. Wenn Sie sich immer wieder bewusst machen, welche Sinneseindrücke Sie gerade empfangen, werden Sie außerdem sensibler und achtsamer im Umgang mit Ihren Antennen. Sie werden schneller merken, wann genug ist und Zeit für einen Rückzug. Sie sind wacher für die Signale, die aus Ihrem Inneren kommen.
Wer seine Augen sehen und seine Ohren hören lässt, was immer sie wollen,
wird seinen Geist ermüden und seine Klarheit einbüßen.
Laotse
Pratyahara: Übungspraxis für den Alltag
Die Sinne beruhigen
Suchen Sie sich einen Ort oder eine ruhige Beschäftigung, bei der Ihre Sinne nicht der üblichen Reizüberflutung ausgesetzt sind. Ein Kraftplatz, der positive Eindrücke hinterlässt. Das kann beispielsweise ein Tempel oder eine Kirche, ein Platz in der Natur oder ein Rückzugsort in Ihrer Wohnung sein. Auf viele Menschen hat der Blick auf das Meer, auf einen klaren See, auf die Berge oder in den Sternenhimmel eine beruhigende und heilsame Wirkung. Wenn das gerade zu weit weg ist, helfen oft schon schöne Fotos. Oder Sie nehmen ein Bad im Kerzenlicht, lauschen im Lehnstuhl Ihrer Lieblingsmusik oder gönnen sich eine Massage.
Medien-Fasten
Verzichten Sie für einige Tage ganz bewusst auf jeglichen Medienkonsum, insbesondere auf Nachrichten und Werbung. Kein Fernsehen, kein Radio, keine Zeitungen oder Zeitschriften. Beschränken Sie auch Ihren Internetkonsum auf das Nötigste, z.B. kein Facebook, kein Twitter. Achten Sie darauf, wie sich das auf Sie auswirkt, was Ihnen fehlt und was nicht.
Samadhi-Tank
Eine spannende Erfahrung ist der Besuch eines Samadhi-Tanks – auch Floating-Tank oder Schwebebad genannt. Das ist ein lichtundurchlässiger Tank, in dem Sie auf Salzwasser wie im leeren Raum schweben. Den Sinnen sind hier vorübergehend alle Reize entzogen: Sie hören nichts mehr, Sie sehen nichts mehr und selbst die Körpergrenzen verschwinden. Anfangs ist meist der Verstand noch recht aktiv, doch er beruhigt sich ohne Reize von außen
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