Ich bin kein Serienkiller
Mann sich zweimal aufrichtete und die Straße hinunterblickte. Er suchte nichts, sondern sah sich nur um. Ob er das nächste Opfer war? Er trug einen dunklen Parka und eine Baseballmütze, die ihn bei diesem Wetter und so spät am Abend wohl kaum vor der Kälte schützte. Ich war sicher, dass Crowley angeboten hatte, ihn mitzunehmen: »Kommen Sie doch aus der Kälte heraus, ich drehe die Heizung auf und bringe Sie an Ihr Ziel. Auf halbem Weg nehme ich Sie dann aus wie einen Fisch.«
Der Mann schaute wieder auf. Atemlos beobachtete ich ihn. Wenn ich ehrlich bin, kann ich nicht sagen, ob ich mir wünschte, dass er einstieg. Natürlich würde ich die Polizei rufen, aber sie schaffte es vielleicht nicht rechtzeitig. Was sollte ich tun, wenn der Mann starb? Sollte ich meinen Plan aufgeben und jetzt sofort zu ihm laufen, um ihn zu warnen? Wenn ich ihn rettete, würde Crowley sich ein anderes Opfer suchen. Ich konnte ihn doch nicht mein Leben lang beobachten und die Menschen vor ihm warnen. Ich musste das Risiko eingehen, auf den richtigen Augenblick zu warten.
Der Mann öffnete die Beifahrertür und stieg in Crowleys Auto. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
Auf der Hauptstraße stand neben der Tankstelle ein Münztelefon. Wenn ich es rechtzeitig erreichte, konnte ich der Polizei sagen, wo sie das Auto fände. Vielleicht würden ihn die Beamten verhaften oder sogar erschießen. Auf jeden Fall wäre es dann vorbei. Crowleys Wagen bog nach rechts ab, und ich hielt mich links und blieb im Schatten, bis er verschwunden war.
Vorsichtshalber bedeckte ich die Sprechmuschel des Telefons mit meinem Schal und behielt die Hanschuhe an, um keine Fingerabdrücke zu hinterlassen. Ich wollte nicht, dass man den Anruf mit mir in Verbindung brächte.
»Neun-eins-eins, wo hat sich der Notfall ereignet?«
»Der Clayton-Killer hat ein neues Opfer in seinem Auto. Sagen Sie der Polizei, sie soll zwischen der Innenstadt und dem Sägewerk nach einem weißen Buick LeSabre suchen.«
»Der …« Die Telefonistin hielt inne. »Wollen Sie damit sagen, dass Sie den Clayton-Killer gesehen haben?«
»Ich habe gesehen, wie er einen anderen Mann tötete«, erklärte ich.
»Heute Abend?«
»Vor zwei Wochen.«
»Haben Sie den Vorfall der Polizei gemeldet?« Es klang beinahe … gelangweilt.
»Sie nehmen die Sache nicht ernst«, drängte ich. »Er wird gleich wieder jemanden töten. Schicken Sie die Polizei!«
»Ein Streifenwagen hat die Anweisung bekommen, aufgrund eines anonymen Anrufs das Gebiet zwischen Clayton und dem Sägewerk in Clayton zu überprüfen«, sagte die gelangweilte Telefonistin. »Ich darf hinzufügen, dass es in dieser Woche der dreizehnte anonyme Hinweis ist. Es sei denn, Sie möchten Ihren Namen nennen.«
»Morgen früh werden Sie sich ziemlich dumm vorkommen«, sagte ich. »Schicken Sie sofort die Polizei. Ich versuche, ihn aufzuhalten.« Damit legte ich auf und sprang aufs Fahrrad. Ich musste die beiden finden.
Sie waren vor fast zehn Minuten in Richtung des Sägewerks losgefahren. Inzwischen konnten sie wer weiß wo sein, sogar am Freak Lake. Ich fuhr auf der Hauptstraße zurück bis zu der Stelle, wo der Wagen abgebogen war, und versuchte, ihm zu folgen oder seine Fahrtroute zu erraten, aber als ich auf halbem Wege eine Autotür zufallen hörte, hielt ich an und ging der Sache nach. Anderthalb Blocks entfernt, inmitten stiller Geschäftszeilen und vom Mond nur schwach beleuchtet, stand Mr Crowleys Auto hinter einem anderen am Straßenrand. Crowley näherte sich gerade einem Haufen, der am Boden lag. Als ich näher kam, erkannte ich, dass der Haufen ein lebloser Körper auf einer Plane war. Zu spät.
Ich stellte mein Fahrrad im Schatten ab und schlich näher heran, während Crowley mir den Rücken zuwandte. Im Eingang eines Geschäfts versteckte ich mich. Das zweite Auto gehörte vermutlich dem Opfer. Es hatte den Besitzer am schlimmsten nur denkbaren Ort und in der Nacht im Stich gelassen – im Dunkeln, weit entfernt von menschlichen Ohren und in der Nähe von Mr Crowley. Anscheinend war Crowley auf den Mann gestoßen, als dieser Hilfe holen wollte, und ihm angeboten, sich das Auto anzusehen.
Neben der Leiche und der Plane lag ein Haufen dampfendes schwarzes Zeug – demnach hatte er den Austausch schon vorgenommen, seinen Magen oder seinen Darm ersetzt – oder was immer er von diesem Opfer gebraucht hatte. Dabei war er so vorausschauend gewesen, eine Plane auszulegen, um die unschönen Beweise aufzufangen. Jetzt
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