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Ich bin kein Serienkiller

Ich bin kein Serienkiller

Titel: Ich bin kein Serienkiller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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vorbei. Die Polizisten hatten Verstärkung angefordert, aber auch so musste früher oder später jemand vorbeikommen und ihn bemerken.
    Er zog seinen Mantel und das Flanellhemd aus und ließ beides auf einem Haufen liegen. Bleich und halb nackt stand er im Mondlicht. Sein linker Arm war durch eine Kugel schwer verletzt. Grunzend stieß er ihn an, dann hob er den rechten Arm, wobei sich die Finger sofort wieder in Krallen verwandelten, und legte sich die Hand auf die Schulter. Er stellte sich breitbeinig hin, als bereite er sich auf etwas vor, und hätte beinahe einen Luftsprung getan, als an seinem Gürtel ein Handy laut zu piepsen begann. Er nahm es mit der unversehrten Hand, klappte es auf und hielt es sich ans Ohr.
    »Hallo, Kay. Tut mir leid, Liebes, ich konnte nicht schlafen.« Eine Pause. »Nein, ich habe nichts gesagt, weil ich dich nicht wecken wollte. Keine Sorge, Liebes, es ist nichts weiter, nur Schlaflosigkeit. Ich bin einfach herumgefahren.« Pause. »Nein, es ist nicht wegen meines Magens, ich fühle mich gut.« Er betrachtete die Leichen zu seinen Füßen. »Meinem Magen geht es sogar so gut wie seit Wochen nicht mehr, Liebes.« Pause. »Ja, ich bin bald wieder daheim. Schlaf du nur weiter. Ich liebe dich auch, mein Schatz. Ich liebe dich.«
    Also war sie keine Dämonin. Sie wusste nichts über ihn.
    Er schaltete das Handy aus und musste in der Kälte eine Weile herumfummeln, ehe es wieder an seinem Gürtel hing. Dann riss er sich die linke Schulter auf, schnitt das Fleisch durch und zerrte den Knochen mit einem bösen Knacken aus dem Gelenk. Ich setzte mich vor Schreck aufs Hinterteil. Er keuchte, sank auf die Knie und warf den Arm auf das erste Opfer, wo er sofort zischte und schrumpfte. Sobald ein Körperteil von der dunklen Energie getrennt war, die den Dämon am Leben hielt, zerfiel er binnen Sekunden zu einem undefinierbaren Kleister.
    Unbeholfen wiederholte Crowley mit seinem verbliebenen Arm den Vorgang bei einem der toten Polizisten. Zuerst zog er ihm die Jacke aus, dann entfernte er den linken Arm und hielt ihn an seine zerstörte Schulter. Staunend sah ich zu, wie das Fleisch sich anscheinend dem neuen Körperteil entgegenreckte und ihn an sich zog, während es sich verformte wie Knetgummi. Gleich darauf bewegte sich der Arm ganz normal in der Schulter. Crowley ließ ihn kreisen, zuerst vorsichtig, dann immer schneller, um das Gewicht zu prüfen und sich an die Bewegungen zu gewöhnen. Zufrieden und vor Kälte schaudernd holte er schließlich ein paar Müllsäcke aus seinem Kofferraum und packte die Leichen ein.
    Ich fragte mich, warum er nicht den Arm seines ersten Opfers genommen hatte. Warum hatte er sich die Mühe gemacht, den Polizisten auszuziehen, wenn doch ein geeigneter Körper entblößt danebenlag?
    Ein Auto näherte sich, die Reifen knirschten laut auf der vereisten Straße. Ich wandte mich um. Anderthalb Blocks entfernt fuhr auf der Main Street ein hellroter Pick-up im Laternenlicht vorbei. Die Insassen hatten Mr Crowleys grässliches Werk aus dieser Entfernung und in der Dunkelheit sicher nicht bemerkt. Der Wagen fuhr weiter, die Geräusche verloren sich in der Ferne.
    Crowley arbeitete schnell und zielstrebig. Er verstaute die beiden Polizisten im Kofferraum des liegen gebliebenen Autos seines ersten Opfers. Der Besitzer, der inzwischen in einem Müllsack steckte, kam zusammen mit Crowleys blutigen Kleidungsstücken, der blutigen Plane und den gestohlenen Geräten in den Kofferraum des Buick. Das war raffiniert – wenn die Ermittler die Polizisten fänden, gewännen sie den Eindruck, diese seien die einzigen Opfer, und so gälte der Besitzer des Autos als der Hauptverdächtige. Wenn Crowley die Leiche des Mannes gut versteckte, kämen sie nie auf den Gedanken, dass auch er ein Opfer war. Wenn der Unbekannte als Hauptverdächtiger galt, würden Polizei und FBI für Wochen von Crowley abgelenkt.
    Crowley stieg in seinen eigenen Wagen, startete ihn und fuhr fort. Niemand war aufgetaucht. Er war davongekommen.
    Er hatte zwei bewaffnete Polizisten angegriffen und nicht einmal einen Kratzer davongetragen – er war jetzt sogar in besserer Verfassung als vorher. Die wichtigsten Beweise waren verschwunden, und was an Spuren noch vorhanden war, deutete auf jemand anders. Als das Auto außer Sicht war, rannte ich zu meinem Fahrrad zurück und strampelte, so schnell ich konnte, in die andere Richtung. Ich wollte keinesfalls dort aufgegriffen und mit dem Verbrechen in Verbindung gebracht

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