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Ich bin kein Serienkiller

Ich bin kein Serienkiller

Titel: Ich bin kein Serienkiller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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nahm eine zweite Blume aus ihrem Strauß und legte sie zur Seite, um einen dritten Stapel zu beginnen.
    »Wozu ist das?«, fragte ich.
    »Für die anderen«, erklärte sie.
    Ich dachte an den Streuner am Grund des Freak Lake. War es ihm wichtig, dass ein dummes Mädchen eine Blume auf die Straße legte? Er lag immer noch am Grund des Sees, und der Mann, der ihn dorthin befördert hatte, tötete weiter. Die Blume würde an alledem nichts ändern.
    Ich wollte mich abwenden, aber jemand schob sich an mir vorbei und legte eine weitere Blume auf Brookes neuen Stapel. Ich blieb stehen und betrachtete die beiden Blumen, die über Kreuz auf dem Asphalt lagen. Kurz danach kam eine dritte dazu.
    Alle schienen zu verstehen, was es zu bedeuten hatte, und folgten dem Beispiel. Es war wie ein Vogelschwarm am Himmel, der wie ein einziges Wesen wendet, sinkt und aufsteigt. Alle Vögel wissen einfach, was sie zu tun haben, als hätten sie ein gemeinsames Bewusstsein. Was aber geschieht mit den anderen Vögeln? Mit denen, die die Signale nicht zu deuten wissen und geradeaus weiterfliegen, während der ganze Schwarm ein anderes Ziel ansteuert?
    Als ich eine vertraute Stimme hörte, schaute ich auf. Mr Crowley war mit Kay eingetroffen, und sie redeten keine drei Meter entfernt mit jemandem. Er weinte genau wie Brooke. Eigentlich wie alle anderen außer mir. In den Geschichten kämpfen die Helden gegen schreckliche Dämonen mit Augen, die rot wie glühende Kohlen strahlen. Die Augen meines Dämons waren nur von Tränen gerötet. Ich verfluchte ihn, nicht weil seine Tränen unecht waren, sondern gerade weil sie ehrlich waren. Ich verfluchte ihn, weil er mir mit jeder Träne, jedem Lächeln und jedem aufrichtigen Gefühlsausdruck zeigte, dass ich der wahre Freak war. Er war ein Dämon, der im Handumdrehen töten und den Dad meines einzigen Freundes zerfetzt auf der Straße liegen lassen konnte, und doch hatte er mit den anderen mehr gemeinsam als ich. Er war unnatürlich und grässlich, aber er gehörte im Gegensatz zu mir hierher. Ich unterschied mich stärker vom Rest der Menschheit als dieser Dämon.
    »Geht es dir nicht gut?«
    »Was?«, fragte ich.
    Es war Brooke, die mich mit einem seltsamen Ausdruck beobachtete. »Ich habe gefragt, ob es dir nicht gut geht. Du hast mit den Zähnen geknirscht und siehst aus, als könntest du gleich jemanden umbringen.«
    Bitte hilf mir !, flehte ich sie stumm an. »Mir geht es gut.« Nein, mir geht es nicht gut, denn ich werde bald wirklich jemanden umbringen und weiß nicht, ob ich danach wieder damit aufhören kann. »Mir geht es gut. Lass uns nach Hause gehen.«
    Ich kehrte zu Mom zurück. Die Hände tief in die Taschen geschoben, folgte mir Brooke. Alle paar Schritte sah sie mich fragend an.
    »Können wir jetzt gehen?«, fragte ich Mom. Sie drehte sich überrascht zu mir um.
    »Ich möchte gern noch etwas bleiben. Ich habe noch nicht mit Mrs Bowen gesprochen und du noch nicht mit Max, und …«
    »Können wir bitte gehen?« Ich richtete den Blick auf den Boden, merkte aber trotzdem, dass mich alle anstarrten.
    »Wir haben einen neuen Stapel Blumen begonnen«, brach Brooke das drückende Schweigen. »Es gibt jetzt einen für Mister Bowen, einen für Mister Olson und einen neuen für die Opfer, von denen wir noch nichts wissen. Für alle Fälle.«
    Ich blickte sie an, und sie lächelte. Schwach und … da war vielleicht noch etwas. Wie sollte ich das wissen? In diesem Augenblick hasste ich sie, mich selbst und alle anderen.
    Die Leute starrten mich unverwandt an, und ich konnte nicht erkennen, ob sie einen Menschen oder ein Monster sahen. Ich war nicht einmal mehr selbst sicher, wer oder was ich war.
    »Schon gut«, sagte Mom. »Wir können gehen. Es war schön, dich zu treffen, Peg. Margaret, bitte grüß die Bowens von uns.« Wir gingen zum Auto, und ich stieg wortlos ein und rieb mir auf dem kalten Sitz die Beine. Mom ließ den Motor an und drehte die Heizung auf, aber es dauerte einige Minuten, bis es warm wurde.
    »Es war nett, dass ihr einen neuen Stapel begonnen habt«, sagte Mom ungefähr auf halber Strecke.
    »Ich will nicht reden«, antwortete ich.
    Es wurde immer schlimmer. Finstere Gedanken krochen über mich wie die Maden auf einer Leiche, und mehr als zu schweigen konnte ich nicht tun, um sie zu vertreiben. Ich wollte Mr Crowley und sonst niemanden töten. Das Monster war verwirrt und rüttelte an meinem Verstand wie an Käfigstäben. Es flüsterte, brüllte und drängte mich

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