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Ich bin Legende

Ich bin Legende

Titel: Ich bin Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Matheson
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die Antwort finden? Gab es überhaupt eine? Wenn er sich nur erinnern könnte, ob die, die in der Erde schliefen, die aus dem Tod zurückgekehrten waren.
    Aber er konnte sich nicht erinnern. Also noch eine unbeantwortete Frage. Füg sie der hinzu, die dir heute Nacht gekommen ist, riet er sich.
    Was würde ein mohammedanischer Vampir tun, wenn man ihm ein Kreuz vorhielte?
    Sein eigenes bellendes Lachen in der Morgenstille erschreckte ihn. Großer Gott, dachte er, es ist so lange her, seit ich das letzte Mal gelacht habe, dass ich es verlernt habe. Das hörte sich ja an wie der Husten eines kranken Hundes! Aber bin ich das nicht? Ein sehr kranker Hund!
    Gegen vier Uhr früh war ein leichter Sandsturm gewesen. Seltsam, wie es Erinnerungen heraufbeschwor. Virginia, Kathy, all diese entsetzlichen Tage ...
    Er riss sich zusammen. Nein, nein ! An die Vergangenheit zu denken war gefährlich, trieb ihn zur Flasche. Er musste sich mit der Gegenwart abfinden!
    Er fragte sich wieder einmal, weshalb er es überhaupt vorzog, weiterzuleben. Vielleicht, antwortete er sich, gibt es keinen wirklichen Grund. Ich bin ganz einfach zu dumm, mit allem Schluss zu machen.
    Nun - er klatschte mit gespielter Entschlossenheit in die Hände -, was jetzt? Er schaute sich um, als gäbe es auf der stillen Cimarron-Straße etwas zu sehen.
    Also gut, beschloss er impulsiv, stellen wir mal fest, ob fließendes Wasser etwas ausrichtet, wie es das der Legende nach sollte.
    Er grub einen Schlauch ein und führte ihn zu einem kleinen Holztrog. Das Wasser floss durch den Trog und durch ein weiteres Loch in einen anderen Schlauch, aus dem das Wasser in die Erde rann.
    Als er fertig war, ging er ins Haus, duschte, rasierte sich und nahm den Kopfverband ab. Die Wunde war sauber und verheilt. Aber er hatte sich auch keine allzu großen Sorgen darum gemacht. Die Zeit hatte mehr als einmal bewiesen, dass er immun war, dass sie ihn nicht anstecken konnten.
    Um achtzehn Uhr zwanzig schaute er durch das Guckloch im Wohnzimmer. Er streckte sich und stöhnte - er hatte einen ganz ordentlichen Muskelkater. Noch ließ keiner sich sehen, also mixte er sich einen Drink.
    Kaum war er am Guckloch zurück, spazierte Ben Cortman über den Rasen.
    »Komm raus, Neville«, murmelte Robert Neville, und schon wiederholte Cortman seine Worte brüllend.
    Reglos betrachtete Neville Ben Cortman.
    Ben hatte sich nicht sehr verändert. Sein Haar war noch schwarz, er neigte zur Korpulenz, sein Gesicht war weiß. Doch trug er jetzt einen Bart, hauptsächlich unter der Nase, an Wangen, Kinn und darunter war er viel dünner. Das war eigentlich der einzige wirkliche Unterschied. Ben war früher immer makellos rasiert gewesen und hatte nach Gesichtswasser gerochen, wenn er Neville am Morgen abholte und sie zur Firma fuhren.
    Es war merkwürdig, hier zu stehen und durch das winzige Guckloch auf ihn hinauszuspähen - zu einem Ben, der ihm gar nicht noch fremder sein könnte. Dabei war es gar nicht so lange her, dass sie jeden Tag gemeinsam zur Arbeit gefahren waren, sich über Autos und Baseball und Politik unterhalten hatten und später über die seltsame Krankheit, wie es Virginia und Kathy ging und Freda Cortman, über ...
    Neville schüttelte den Kopf. Nein, nicht wieder daran denken. Die Vergangenheit war so tot wie Cortman.
    Wieder schüttelte er den Kopf. Die Welt ist ein Irrenhaus, dachte er. Die Toten spazieren herum, und ich denke mir nichts mehr dabei. Die Rückkehr der Toten war von geringer Bedeutung. Wie schnell man doch das Unglaubliche akzeptiert, wenn man es lange genug zu Gesicht bekommt!
    Neville nippte am Whisky und überlegte, an wen Cortman ihn erinnerte. Seit einiger Zeit hatte er das dumpfe Gefühl, dass Cortman ihn an jemanden erinnerte, aber ihm fiel einfach nicht ein, an wen.
    Er zuckte die Achseln. War es denn nicht völlig egal?
    Er stellte das Glas am Fensterbrett ab und ging in die Küche. Dort drehte er das Wasser an und kehrte ins Wohnzimmer zurück. Durchs Guckloch sah er jetzt einen zweiten Mann und eine Frau auf dem Rasen. Keiner der drei sprach mit dem anderen. Das taten sie nie. Sie gingen herum auf ruhelosen Füßen, umkreisten einander wie Wölfe, ohne die anderen jedoch auch nur ein einziges Mal wirklich anzusehen. Ihre hungrigen Blicke galten immer nur dem Haus und der Beute darin, die sich ihnen ständig entzog.
    Da sah Cortman das Wasser durch den Trog rinnen und ging hin. Nach einer kurzen Weile hob er das weiße Gesicht und grinste.
    Neville

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