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Ich bin Legende

Ich bin Legende

Titel: Ich bin Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Matheson
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»Mich interessiert nur ganz einfach, wie du gelebt hast.«
    »Du kannst deine Stimme nicht verstellen«, sagte sie. »Du warst viel zu lange allein und hast verlernt zu lügen.«
    Er brummte etwas und hatte das unangenehme Gefühl, dass sie mit ihm spielte. Lächerlich, sagte er sich. Sie ist eine ganz normale Frau. Vermutlich hat sie recht. Ich bin wahrscheinlich wirklich ein mürrischer unfreundlicher Einsiedler geworden.
    »Erzähl mir von deinem Mann«, bat er abrupt.
    Ein Schatten huschte über ihre Züge. Sie hob das Glas an die Lippen.
    »Bitte, nicht jetzt«, murmelte sie.
    Er setzte sich auf die Couch. Seine vage Unzufriedenheit beschäftigte ihn. Sie ließ sich nicht wirklich analysieren. Alles, was sie sagte und tat, mochte auf all das Schreckliche zurückzuführen sein, das sie durchgemacht hatte. Genauso gut konnte es auch Verstellung sein.
    Warum sollte sie lügen?, fragte er sich. Gleich am frühen Morgen würde er ihr Blut untersuchen. Was nutzten Lügen ihr jetzt, wenn er in wenigen Stunden doch die Wahrheit erkennen würde?
    »Weißt du«, sagte er und versuchte die Situation zu entspannen. »Ich habe darüber nachgedacht. Wenn drei Menschen die Seuche überleben konnten, ist es doch nicht ausgeschlossen, dass es noch mehr gibt.«
    »Glaubst du?«, fragte sie.
    »Warum nicht? Weshalb sollten nicht auch andere immun gegen den Bazillus sein?«
    »Erzähl mir doch mehr über diesen Erreger«, bat sie.
    Er zögerte, dann setzte er sein Weinglas ab. Was war, wenn er ihr alles erzählte? Und wenn sie dann floh und nach dem Tod mit all dem Wissen zurückkehrte, das sie von ihm hatte?
    »Dazu müsste ich in endlose Einzelheiten gehen«, wich er aus.
    »Du erwähntest das Kreuz«, sagte sie. »Woher willst du wissen, dass deine Theorie stimmt?«
    »Erinnerst du dich, was ich über Ben Cortman erzählte?« Er war froh, dass sie nicht auf einer Erklärung des Bazillus bestand, sondern er über etwas reden konnte, von dem sie bereits wusste.
    »Du meinst den Mann, der ...«
    Er nickte. »Ja. Komm her, ich zeige ihn dir.« Er erhob sich.
    Als er hinter ihr stand, während sie zum Guckloch hinausschauten, stieg ihm der Geruch ihres Haares und ihrer Haut in die Nase. Unwillkürlich wich er ein wenig zurück. Ist das nicht erstaunlich?, dachte er. Ich mag ihn nicht mehr. Genau wie Gulliver, als er von den gelehrten Pferden zurückkam, finde ich den Geruch von Menschen abstoßend.
    »Der dort beim Laternenpfahl ist es«, sagte er.
    »Aha«, murmelte sie. Dann sagte sie: »Ich hatte gedacht, es seien mehr.«
    »Ich habe die meisten getötet«, erklärte er. »Trotzdem kommen immer wieder welche.«
    »Wieso brennt die Straßenlampe eigentlich?«, fragte sie verwundert. »Die Kraftwerke sind doch alle vernichtet.«
    »Ich habe sie an meinen Generator angeschlossen«, antwortete er. »Damit ich sie beobachten kann.«
    »Zerbrechen sie die Leuchtröhren denn nicht?«
    »Ich habe einen sehr starken Netzschirm darübergespannt.«
    »Aber der ließe sich doch gewiss abreißen.«
    »Möglich, doch ich habe auch noch Knoblauchketten darüber und um den Laternenpfahl gewunden.«
    Sie schüttelte bewundernd den Kopf. »Du hast aber auch an alles gedacht!«
    Er trat einen Schritt zurück und musterte sie nachdenklich. Wie kann sie sie ungerührt beobachten, dachte er, mir Fragen stellen und ihre Bemerkungen dazu machen, wenn sie erst vor einer Woche mitansehen musste, wie sie ihren Mann in Stücke rissen? Wieder diese Zweifel! Hören sie denn gar nicht auf?
    Aber er wusste, dass sie es nicht würden, solange er ihre Blutprobe nicht untersucht hatte.
    Sie wandte sich vom Fenster ab.
    »Entschuldigst du mich bitte?«
    Er blickte ihr nach, als sie zum Bad ging, und hörte, wie sie die Tür verschloss. Er schob die Klappe wieder vor das Guckloch und setzte sich auf die Couch. Ein trockenes Lächeln spielte um seine Züge. Er starrte auf den fast bräunlichen Wein im Glas und zupfte abwesend an seinem Bart.
    »Entschuldigst du mich bitte?«
    Aus irgendeinem Grund wirkte diese Höflichkeitsfloskel auf groteske Weise erheiternd auf ihn. Knigge aus dem Grabe auferstanden, dachte er. »Gutes Benehmen für junge Vampire.«
    Sein Lächeln schwand.
    Wie ging es weiter? Was hielt die Zukunft für ihn bereit? Würde Ruth in einer Woche noch bei ihm sein oder würde das nie erlöschende Feuer sie bis dahin längst verschlungen haben?
    Auf jeden Fall würde er zumindest versuchen, sie zu heilen, wenn sie tatsächlich infiziert war, auch wenn

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