Ich bin Malala: Das Mädchen, das die Taliban erschießen ...
gleiche Weise angegriffen«, sagte Ehsanullah Ehsan, ein Sprecher der TTP , der pakistanischen Taliban. »Malala wurde wegen ihrer Vorreiterrolle angegriffen. Sie hat weltliches Gedankengut verbreitet … Sie ist noch jung, aber sie hat in den Gebieten der Paschtunen für die westliche Kultur geworben. Sie ist prowestlich eingestellt, sie hat das Wort gegen die Taliban erhoben, sie hat Präsident Obama ihr Idol genannt.«
Mein Vater wusste, worauf Ehsanullah Ehsan anspielte. Nachdem ich den Nationalen Friedenspreis bekommen hatte, war ich oft im Fernsehen aufgetreten. In einem Interview war ich gebeten worden, meine Helden zu benennen. Daraufhin hatte ich Khan Abdul Ghaffar Khan genannt, Benazir Bhutto und Präsident Barack Obama. Ich hatte über Obama gelesen und bewunderte ihn, weil er als junger Schwarzer aus armer Familie trotz alledem seine Träume verwirklicht hatte. Pakistans Bild von Amerika war zu einem Zerrbild verschwommen, in dem sich nur noch Drohnen, geheime Razzien auf unserem Hoheitsgebiet und Figuren wie Raymond Davis klar abzeichneten.
Ein Taliban-Sprecher verkündete, Fazlullah habe den Anschlag schon bei einer Versammlung vor zwei Monaten angeordnet. »Jeder, der gemeinsam mit der Regierung Stellung gegen uns bezieht, wird durch unsere Hände sterben«, sagte er. »Ihr werdet noch sehen, auch andere wichtige Menschen werden bald schon zum Opfer werden.« Außerdem sagte er, sie hätten zwei örtliche Männer aus dem Swat gehabt, die Informationen über meinen Schulweg gesammelt hätten. Das Attentat sei mit Absicht direkt neben einem Kontrollpunkt der Armee verübt worden, um zu demonstrieren, dass sie, die Taliban, überall zuschlagen konnten.
An jenem ersten Morgen, nur ein paar Stunden nach meiner Operation, herrschte hektische Betriebsamkeit im Combined Military Hospital; die Leute brachten ihre Uniformen in Ordnung und räumten überall auf. Dann kam plötzlich der Oberbefehlshaber der Armee, General Ashfaq Kayani, hereingefegt. »Das Land betet für Sie und Ihre Tochter«, sagte er zu meinem Vater. Ich war General Kayani bereits Ende 2009 begegnet, als er nach dem Ende der Militäroperation zu einer großen Versammlung im Swat erschienen war. »Ich bin froh, dass Sie so wunderbare Arbeit geleistet haben«, hatte ich damals zu ihm gesagt. »Jetzt müssen Sie nur noch Fazlullah fangen.« Der ganze Saal hatte applaudiert, und General Kayani war zu mir getreten und hatte mir die Hand auf den Kopf gelegt wie ein Vater. Dr. Junaid erstattete jetzt Bericht über meine Operation und den weiteren Behandlungsplan. Der General wies ihn an, die CT -Aufnahmen an die besten Experten im Ausland zu schicken.
Nach seinem Besuch durfte wegen des Infektionsrisikos niemand mehr zu mir. Es kamen so viele Menschen – Imran Khan, der ehemalige Kricketspieler und heutige Politiker; Mian Iftikhar Hussain, der Informationsminister der Provinz, dessen Sohn von den Taliban erschossen worden war, nachdem er die Selbstmordattentate kritisiert hatte; und der Ministerpräsident der Provinz KPK , Haider Hoti, mit dem ich in Talkshows aufgetreten war. Keiner von ihnen wurde zu mir vorgelassen. »Malala wird nicht sterben«, sagte Hoti zu den Leuten. »Sie hat noch viel zu tun.«
Gegen 15 Uhr trafen zwei englische Ärzte mit dem Hubschrauber aus Rawalpindi ein. Dr. Javid Kayani und Dr. Fiona Reynolds arbeiteten in Krankenhäusern in Großbritannien, zufällig waren sie gerade in Pakistan, um unsere Armee beim Aufbau des landesweit ersten Lebertransplantationsprogramms zu beraten. Es gibt bei uns viele erschreckende Statistiken, und eine davon ist, dass in Pakistan jedes siebte Kind an Hepatitis erkrankt, vor allem aufgrund schmutziger Nadeln. Nicht wenige dieser Kinder sterben an einem Leberschaden. General Kayani war fest entschlossen, dem ein Ende zu setzen. Wieder einmal setzte sich die Armee dort ein, wo Zivilpersonen versagt hatten, in diesem Fall hatten sie kein Transplantationsprogramm zustande gebracht. Der General hatte die Ärzte gebeten, ihm über ihre Fortschritte Bericht zu erstatten, bevor sie nach Hause flogen. Das war zufällig eben der Morgen gewesen, an dem ich angeschossen worden war.
Als sie sein Büro betraten, flimmerten die Bilder vom Anschlag über mehrere Bildschirme. Ein lokaler Urdu-Sender und Sky News berichteten darüber. Der Armeechef und der Arzt waren trotz ihrer Namensgleichheit nicht verwandt, doch die beiden kannten sich gut. Daher meinte der General zu Dr. Javid Kayani, er
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