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Ich bin Malala: Das Mädchen, das die Taliban erschießen ...

Ich bin Malala: Das Mädchen, das die Taliban erschießen ...

Titel: Ich bin Malala: Das Mädchen, das die Taliban erschießen ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malala Yousafzai
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letzten Erinnerungen wären die an die Schule, er fürchtete, ich könnte denken, die Familie hätte mich im Stich gelassen.
    Am Montag, den 15 . Oktober, brachte man mich um fünf Uhr morgens mit einer bewaffneten Eskorte fort. Die Straßen zum Flughafen waren gesperrt. Auf den Dächern der Gebäude, die den Weg säumten, hatte man Scharfschützen postiert. Das Flugzeug der königlichen Familie der Vereinigten Arabischen Emirate war startklar. Später erzählte man mir, wie luxuriös ich da geflogen sei, mit einem plüschbezogenen Doppelbett und 16 Erster-Klasse-Sitzen. Im hinteren Teil der Maschine gab es eine kleine Krankenstation, auf der europäische Schwestern unter der Leitung eines deutschen Arztes Dienst taten.
    Es tut mir wirklich leid, dass ich das alles nicht bei vollem Bewusstsein miterlebt habe. Das Flugzeug steuerte zuerst Abu Dhabi an, zum Auftanken, und dann Birmingham, wo wir am späten Nachmittag landeten. Währenddessen saßen meine Eltern wartend in der Offiziersunterkunft. Sie dachten, man würde in der Zwischenzeit ihre Reisepässe und Visa fertig machen und sie könnten in ein paar Tagen nachkommen. Da sie weder Telefon noch Zugang zu einem Computer hatten, wussten sie nicht, wie es um mich stand. Die Warterei schien sich endlos hinzuziehen.

Teil V
    Ein zweites Leben

    Watan zama za da watan yam
    Ka da watan da para mram khushala yama!
     
    Ich bin Patriot und liebe mein Land.
    Ich würde frohen Herzens alles dafür hingeben.

23
    »An das Mädchen, das in den Kopf geschossen wurde, Birmingham«
    A m 16 . Oktober, eine Woche nach dem Anschlag, wachte ich auf. Ich war Tausende von Kilometern von zu Hause entfernt, hatte einen Schlauch im Hals, der mir beim Atmen half, und konnte nicht sprechen. Auf dem Weg von einer weiteren CT -Aufnahme zurück auf die Intensivstation befand ich mich noch in einem Zustand zwischen Wachsein und Schlafen. Doch als ich endlich richtig wach und zu mir gekommen war, ging mir als Erstes durch den Kopf: Gott sei Dank, ich bin nicht tot. Aber ich hatte keine Ahnung, wo ich war. Ich wusste, dass ich nicht in meinem Heimatland sein konnte. Schwestern und Ärzte sprachen Englisch, zugleich schienen sie aus allen möglichen Ländern zu stammen. Ich versuchte, mit ihnen zu reden, doch wegen des Schlauchs in meinem Hals hörte mich niemand. Außerdem war die Sicht auf meinem linken Auge verschwommen, alle Menschen um mich herum hatten zwei Nasen und vier Augen. Jede Menge Fragen rasten durch meinen Verstand, der langsam zu arbeiten anfing. Ich wollte nicht nur wissen, wo war ich, es tauchten auch noch andere Fragen auf: Wer hatte mich hergebracht? Wo waren meine Eltern? War mein Vater am Leben?
    Ich hatte Angst. Dr. Javid, der gerade nach mir sehen wollte, meinte, den Ausdruck von Schrecken und Verwirrung in meinem Gesicht würde er niemals vergessen. Er sprach Urdu mit mir. Ich wusste weiterhin nur, dass Allah mich mit einem neuen Leben gesegnet hatte. Eine nette dunkelhaarige Frau mit einem Kopftuch ergriff meine Hand und sagte:
»Asalaamu alaikum«,
was so viel heißt wie: »Friede sei mit dir.« Dies ist unser traditioneller muslimischer Gruß. Dann sprach sie Gebete auf Urdu und rezitierte Verse aus dem heiligen Koran. Sie sagte mir, ihr Name sei Rehanna und sie sei eine muslimische Predigerin. Ihre Stimme war sanft, und ihre Worte schenkten mir Trost, also ließ ich mich von ihnen erneut in den Schlaf wiegen.
    (Copyright © University Hospitals Birmingham NHS Foundation Trust; mit freundlicher Genehmigung des Queen Elizabeth Hospital in Birmingham)
Die ersten Tage im Queen Elizabeth Hospital in Birmingham.
    Ich träumte, ich sei gar nicht im Krankenhaus.
    Als ich am nächsten Tag erwachte, war ich in einem merkwürdig grünen Raum ohne Fenster. Das helle Licht blendete mich. Ich befand mich in einem gläsernen Würfel, und zwar auf der Intensivstation des Queen Elizabeth Hospitals. Alles war blitzsauber und glänzte, ganz anders als im Krankenhaus von Mingora. Eine Schwester gab mir Stift und Papier. Ich konnte nicht richtig schreiben. Die Worte kamen alle ganz falsch heraus. Ich wollte die Telefonnummer meines Vaters aufschreiben. Ich fand nicht die richtigen Abstände zwischen den Buchstaben. Dr. Kayani brachte mir eine Schautafel, auf der das Alphabet abgebildet war. So konnte ich auf die Buchstaben zeigen. Das Erste, was ich buchstabierte, waren die Worte »Land« und »Vater«. Eine Schwester sagte mir, ich sei in Birmingham, aber damit konnte ich nichts

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