Ich bin Malala: Das Mädchen, das die Taliban erschießen ...
Fazlullah und seinen Stellvertreter wissen, wieso machen Sie sie dann nicht ausfindig?«
Seine Antwort nahm gut zehn Minuten in Anspruch, aber ich wusste am Ende nicht so recht, was er eigentlich gesagt hatte! Dann wollte ich wissen, was mit dem Wiederaufbau sei. »Die Armee muss etwas tun, damit das Tal wieder auf die Beine kommt, statt sich nur auf militärische Operationen zu konzentrieren«, meinte ich.
Moniba stellte eine ähnliche Frage: »Und wer wird all die Häuser und Schulen wiedererrichten?«
Der General antwortete ganz wie ein Militär, also wenig verständlich: »Nach der Militäroffensive kommt die Erholung, dann die Aufarbeitung, danach die Übergabe an die Zivilbehörden.«
Jedes der Mädchen verlieh unserer Überzeugung Ausdruck, dass wir die Taliban endlich der Gerechtigkeit überantwortet sehen wollten, aber nicht recht glauben konnten, dass dies auch wirklich geschehen würde.
Danach gab General Abbas einigen von uns eine Visitenkarte und sagte, wir sollten ihn ruhig anrufen, wenn wir je etwas von ihm benötigen würden.
Am letzten Tag sollten wir alle im Presseclub von Islamabad eine kleine Rede halten und unsere Erlebnisse unter den Taliban schildern. Als Moniba sprach, konnte sie ihre Tränen nicht zurückhalten. Bald weinten wir alle. In Islamabad hatten wir einen kurzen Blick in ein anderes Leben getan. In meinem Vortrag berichtete ich von dem englischen Theaterstück und dass ich nie gewusst hätte, wie viele begabte Menschen es bei uns in Pakistan gibt: »Erst jetzt wird mir klar, dass wir nicht immer nur indische Filme angucken müssen.« Aber das war natürlich ein Scherz.
Es war eine tolle Zeit. Und als wir zurück im Swat-Tal waren, sah ich zum ersten Mal wieder hoffnungsvoll in die Zukunft. Im Monat Ramadan pflanzte ich sogar einen Mangobaum im Garten, denn die Mango ist die Frucht, mit der wir das Fastenbrechen am liebsten feiern. Mein Vater allerdings hatte ein gewaltiges Problem am Hals. Während der Monate, die wir als Flüchtlinge verbracht hatten, war die Schule geschlossen gewesen. Wir hatten natürlich kein Schulgeld bekommen. Doch die Lehrer erwarteten von ihm, für diese Zeit bezahlt zu werden. Das waren mehr als eine Million Pakistanische Rupien. Alle Privatschulen waren in derselben misslichen Lage. Eine der Schulen zahlte den Lehrern zumindest ein Monatsgehalt aus, doch die meisten wussten einfach nicht weiter, weil ihnen die Mittel fehlten. Die Lehrer der Khushal-Schule wollten ihr Geld, schließlich hatten sie doch auch ihre Kosten. Eine von ihnen, Miss Hera, wollte heiraten und brauchte ihr Gehalt, um die Zeremonie zu bezahlen.
Mein Vater wusste nicht, was er tun sollte. Dann fiel uns die Visitenkarte von General Abbas ein. Schließlich lag es nur an der Militäroffensive zur Vertreibung der Taliban, dass wir das Tal hatten verlassen müssen und uns in dieser Situation befanden. Also schrieben Madam Maryam und ich einen Brief an den General und erklärten ihm die Situation.
Er war sehr nett und stellte uns 1 , 1 Millionen Rupien zur Verfügung, so dass mein Vater allen Lehrern drei Monate Gehaltsausfall zahlen konnte. Natürlich waren sie darüber sehr froh. Die meisten hatten noch nie so viel Geld auf einmal gesehen. Miss Hera rief meinen Vater an und dankte ihm unter Tränen. Nun konnte die Hochzeit wie geplant gehalten werden.
Trotzdem ließen wir in unserer Kritik an der Armee nicht nach. Nach wie vor war unser Thema, dass unsere Behörden nicht in der Lage waren, die Taliban-Führer zu ergreifen. Mein Vater und ich gaben abermals viele Interviews. Häufig nahm auch Zahid Khan an ihnen teil. Er war ebenfalls Mitglied der Quami Jirga, der Dorfältestenversammlung im Swat. Als Hotelbesitzer und Präsident der All Swat Hotels Association war er daran interessiert, dass endlich alles wieder lief wie normal, so dass die Touristen ins Tal zurückkehren konnten.
Wie mein Vater machte er kein Hehl aus seiner Meinung und hatte ebenfalls Drohungen erhalten. Im November 2009 entkam er nur knapp einem Anschlag. Zahid Khan befand sich spätnachts auf dem Rückweg von einem Treffen mit Armeeoffizieren im Circuit House und lief in einen Hinterhalt. Doch da in der Gegend glücklicherweise viele seiner Verwandten lebten, die ihm zu Hilfe eilten, konnten die Angreifer in die Flucht geschlagen werden.
Am 1 . Dezember 2009 wurde Dr. Shamsher Ali Khan, ein bekannter ANP -Politiker und Mitglied der KPK -Versammlung, zusammen mit seinem Bruder bei einem Selbstmordattentat
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