Ich bin o.k. – Du bist o.k. • Wie wir uns selbst besser verstehen und unsere Einstellung zu anderen verändern können. Eine Einführung in die Transaktionsanalyse
Alternativen wären Reaktionen des Erwachsenen-Ichs, hätten aber nicht zur gegenseitigen Ergänzung beigetragen. Jemand, der mit Genuss ein Spiel wie «Ist es nicht schrecklich» spielt, will nicht Tatsachen hören. Wenn die Frauen der Nachbarschaft beim täglichen Kaffeeklatsch ihr ewiges Thema «Männer sind doof» genüsslich durchhecheln, werden sie die neue Nachbarin nicht begeistert aufnehmen, die strahlend erklärt, ihr Mann sei ein Schatz.
Damit kommen wir zur ersten Kommunikationsregel der Transaktions-Analyse. Wenn Reiz und Reaktion im El-Er-K-Transaktions-Schema auf parallelen Linien verlaufen, dann ist die Transaktion komplementär (d.h. sie ergänzt sich selbst immer wieder von neuem) und kann endlos weitergehen.
Es spielt keine Rolle, wie die Vektoren verlaufen (Eltern-Ich–Eltern-Ich, Erwachsenen-Ich–Erwachsenen-Ich, Kindheits-Ich–Kindheits-Ich, Eltern-Ich-Kindheits-Ich, Kindheits-Ich–Erwachsenen-Ich), nur parallel müssen die Linien laufen. Frau A und Frau B redeten, was die Fakten angeht, Unsinn, doch ihr Dialog war komplementär und dauerte immerhin etwa zehn Minuten.
Der «genüssliche Verdruss» der beiden Matronen im Bus endete damit, dass der Mitreisende in der Reihe vor ihnen den Fahrer fragte, ob sie pünktlich in Berkeley ankommen würden. Der Fahrer sagte: «Ja – um elf Uhr fünfzehn.» Auch das war eine Komplementär-Transaktion zwischen dem Mann und dem Fahrer, und zwar zwischen Erwachsenen-Ich und Erwachsenen-Ich (Abb. 10). Es war eine direkte Antwort auf eine direkte Bitte um Information. Die Komponente des Eltern-Ichs («Wie stehen die Chancen, dass wir ausnahmsweise mal pünktlich in Berkeley ankommen?») fehlte ebenso wie die Komponente des Kindheits-Ichs («Ich weiß nicht, warum ich immer den langsamsten Bus erwische»). Es war ein völlig
sachlicher
Kurzdialog. Bei dieser Art von Transaktion kommt es nämlich nur auf eines an: auf
Tatsachen
.
Abb. 10
Transaktion zwischen Erwachsenen-Ich und Erwachsenen-Ich
Hinter den beiden Frauen saßen zwei andere Fahrgäste. Sie taten etwas, worin eine andere Art der Transaktion deutlich wird, nämlich die zwischen Kindheits-Ich und Kindheits-Ich. Der eine war ein mürrisch aussehender Junge mit Bartanflug und ungekämmtem Haar, der staubige schwarze Hosen und eine schwarze Lederjacke trug. Der andere Junge war ähnlich gekleidet und trug eine erzwungene Gleichgültigkeit zur Schau. Beide lasen im selben Taschenbuch,
‹Geheimnisse des Folterkults›
. Wären zwei Priester in das gleiche Buch vertieft gewesen, so hätte man annehmen können, dass sie sachliche Informationen (mit ihrem Erwachsenen-Ich!) über dieses seltsame Thema suchen. Doch die beiden Halbstarken ließen eher darauf schließen, dass es hier um eine Transaktion zwischen Kindheits-Ich und Kindheits-Ich ging, bei der das gleiche grausame Vergnügen eine Rolle spielte, mit dem zwei Fünfjährige entdecken, wie man Fliegen die Flügel ausreißt. Nehmen wir an, die Halbstarken würden handeln auf Grund ihres frisch angelesenen Wissens und fänden eine Möglichkeit, jemanden wie in ihrem Buch beschrieben zu foltern. Dabei würde weder das Erwachsenen-Ich eine Rolle spielen (kein Verständnis für die Konsequenzen) noch das Eltern-Ich («Es ist schrecklich, jemandem so etwas anzutun»). Selbst wenn die Transaktion für sie übel enden sollte (die Polizei erwischt sie dabei oder die Mutter im Falle der Fünfjährigen, die Fliegen quälen), wären die beiden an der Transaktion selbst Beteiligten in Übereinstimmung. Deshalb handelt es sich um eine komplementäre Transaktion zwischen Kindheits-Ich und Kindheits-Ich (Abb. 11).
Abb. 11
Transaktion zwischen Kindheits-Ich und Kindheits-Ich
Weitere Beispiele für Komplementär-Transaktionen
Transaktionen auf der Ebene des Eltern-Ichs
(vgl. Abb. 9):
Reiz:
«Ihre Aufgabe ist zu Hause bei den Kindern.»
Reaktion:
«Sie hat offensichtlich kein Pflichtbewusstsein.»
Reiz:
«Es ist zum Verrücktwerden, die Steuern steigen und steigen, nur damit wir all diese Nichtstuer auf Staatskosten durchfüttern können.»
Reaktion:
«Wo soll das enden?»
Reiz:
«Die Kinder von heute sind faul.»
Reaktion:
«Das ist ein Zeichen der Zeit.»
Reiz:
«Ich werde das ein für alle Mal klarstellen.»
Reaktion:
«Richtig! Man muss den Anfängen wehren.»
Reiz:
«Unehelich, weißt du.»
Reaktion:
«Oh,
das
erklärt alles.»
Reiz:
«Paul entlassen? Was nehmen die sich eigentlich heraus!»
Reaktion:
«Lass nur, Schatz. Ich verstehe nicht, warum
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