Ich bin o.k. – Du bist o.k. • Wie wir uns selbst besser verstehen und unsere Einstellung zu anderen verändern können. Eine Einführung in die Transaktionsanalyse
Krise verstehen und überwinden wollen. Diese Spiele entstehen alle aus dem Leib-und-Magen-Spiel unserer frühen Kindheit: «Meins ist besser», das die ursprüngliche Furcht, betrogen zu werden, überwinden sollte. Eine der treffendsten Parabeln über ein Leben in Spielen schrieb Edward Albee in dem schon erwähnten Stück
‹Wer hat Angst vor Virginia Woolf?›
. Dieses Drama zeigt, wie trotz aller Verzweiflung noch genügend Nebengewinne entstehen, sodass die Spiele in gewissem Sinne die Ehe aufrechterhalten. Einige Ehen bleiben dank eines «kranken» Partners erhalten. Wenn dieser Partner gesund wird und sich weigert, an den alten Spielen teilzunehmen, zerbricht die Ehe. Ein Mann, dessen Frau gerade nach einem zehntägigen Krankenhausaufenthalt entlassen worden war, rief mich in Alarmstimmung an und sagte: «Meine Frau scheint glücklicher zu sein und sich wohler zu fühlen, aber jetzt komme ich überhaupt nicht mehr mit ihr aus.» Mit der Ehe ist es wie mit der Körperhaltung: wenn der Rücken sich zum Buckel krümmt, muss irgendwo anders eine komplementäre Krümmung entstehen, damit die Balance erhalten bleibt. Wenn in der Ehe ein Partner sich ändert, müssen andere Veränderungen das wieder ausgleichen, damit das Gleichgewicht in der Ehe erhalten bleibt. Hier liegt eine Hauptschwäche der alten psychotherapeutischen Schulen, wo der Psychiater nur einen Partner behandelte und sich oft weigerte, mit dem anderen Partner auch nur zu reden. Das Schwergewicht lag auf der Beziehung zwischen Psychiater und Patient, und die eheliche Beziehung blieb draußen vor der Tür. Wenn Einstellung und Verhalten des Patienten sich änderten, litt häufig die Ehe, weil der andere Partner keine begrifflichen Hilfsmittel hatte, um zu verstehen, was geschah, oder um auch nur seine eigene wachsende Wut und Verzweiflung zu begreifen.
Wenn sein Bankkonto es erlaubte, fing er schließlich eine Behandlung bei einem anderen Therapeuten an und wurde noch weiter entfremdet, weil auch er den Gegenstand seiner Zuneigung wechselte. Bei geringer Kommunikationsbasis war nun der Weg frei für neue und feinere Variationen von «Meins ist besser» in Form von «Mein Therapeut ist besser als dein Therapeut» oder «Ich überwinde die Umstellung schneller als du» oder «Ob ich mit dir ins Bett gehe, werde ich nach meiner Sitzung am Mittwoch entscheiden». Beide ließen ihr Kindheits-Ich eine ausschließliche Selbstbeobachtung treiben. Diese mochte zwar nützliche Anhaltspunkte über den Ursprung ihrer eigenen Gefühle zutage fördern, brachte aber keine wirkliche Auseinandersetzung mit der Realität ihrer Existenz, die eben nicht die Existenz einer isolierten Einzelperson ist, sondern eine schwierige Form der Koexistenz zweier Menschen, genannt Ehe.
Jeder Partner muss bereit sein, seine Mitschuld an den Schwierigkeiten in der Ehe zuzugeben. Der Blickwinkel «Immer du» ist falsch. Das hat Ralph Waldo Emerson klar gemacht mit dem Satz: «Niemand kann mich erreichen außer durch meine eigene Handlung.» Wenn der Ehemann zehn Jahre lang brutal gewesen ist und seine Frau das zehn Jahre lang ertragen hat, dann hat auch sie auf ihre Weise das Übel gefördert. Mitläufer sind nicht ohne Schuld. Wenn jeder Partner sich weigert, seine Mitschuld anzuerkennen, dann gibt es wenig Hoffnung auf Wandel.
Arthur Miller schrieb in seiner einfühlsamen Geschichte über Maggie, die Heldin seines Stückes
‹Nach dem Fall›
(worin Maggie eine verblüffende Ähnlichkeit mit Millers Frau Marilyn Monroe hat), dass sein Theaterstück «von der Unwilligkeit oder Unfähigkeit der menschlichen Kreatur, in sich selbst den Keim der eigenen Zerstörung zu entdecken» handle.
«Es ist immer und ewig der gleiche Kampf: Irgendwie unsere eigene Mitschuld am Bösen wahrzunehmen, ist ein unerträgliches Entsetzen. Es ist viel beruhigender, die Welt in völlig unschuldige Opfer und absolut böse Anstifter der monströsen Gewalt einzuteilen, welche wir überall um uns herum sehen. Um keinen Preis darf jemand an unserer Unschuld kratzen. Doch was ist der unschuldigste Ort in jedem Land? Ist es nicht das Irrenhaus? Dort treiben Menschen wahrhaft unschuldig durchs Leben, unfähig, in sich selbst hineinzuschauen. Wirklich, der Gipfel der Unschuld ist Wahnsinn.» [40]
Dieses «unerträgliche Entsetzen» wird verständlich, wenn man bedenkt, dass das Eingeständnis der Mitschuld zu der drückenden Bürde des NICHT-O.K ., die das Problem überhaupt erst verursacht hat, noch eine weitere
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