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Ich bin unschuldig

Ich bin unschuldig

Titel: Ich bin unschuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Durrant
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Bank. Marta blickt schicksalsergeben auf. Sie denkt, ich will mich unterhalten. Ihr graut davor. Aber ich muss ihr erzählen, was passiert ist. Ich will sie nicht beunruhigen, sage ich, aber sie muss vorsichtig sein. Sie solle darauf achten, dass Türen und Fenster verschlossen sind. Sie solle nicht durch den Common gehen, nicht mit Millie, aber auch nicht allein. Sie solle auf der Hut sein. Wir wissen nicht, wer da draußen herumläuft, sage ich, suche nach einem Funken oder gar Erschrecken, irgendetwas anderem als dieser stumpfen Ausdruckslosigkeit.
    Sie starrt mich hinter zwei Vorhängen aus schwarzem Haar an. Als ich fertig bin, schaut sie weg, beißt ein Stück Nagelhaut ab und zupft mit dem Daumen daran. Sie sagt, sie sei immer vorsichtig, wenn sie sich um Millie kümmere, und vergewissere sich immer, dass die Alarmanlage eingeschaltet sei. Wahrscheinlich bilde ich es mir nur ein, aber sie klingt ein wenig defensiv, als hätte ich mir die ganze Geschichte nur ausgedacht, um auf ihr herumzuhacken. Ich muss es ganz falsch rübergebracht haben.
    Ich senke den Blick auf die Zeitschrift, die aufgeschlagen vor ihr liegt. Es ist eine Fotostrecke über Pippa Middleton, und Marta hat mit Kugelschreiber auf der Seite herumgekritzelt, obwohl es eigentlich keine Kritzeleien sind, sondern eher Kratzspuren. Wie es aussieht, hat sie Pippa Middletons Gesicht durchgestrichen.
    Ich frage sie, wie ihr Kurs läuft – sie lernt Englisch in einer Sprachenschule in Tooting. Ich erzähle ihr von einer Bar, von der ich gehört habe, wo sich junge Leute treffen, die »ganz juxig klang«. Nicht zu fassen, dass ich das gerade gesagt habe. Ganz juxig? Verdammt. Kein Wunder, dass sie mich hasst. Als es an der Tür läutet, fliehe ich, damit ich endlich den Mund halte.
    Ein großer dunkelhaariger Mann in weiter Jeans und einer schmutzig grünen Wachsjacke steht da, leicht vornübergebeugt, den Rücken mir zugekehrt. Er betrachtet eindringlich ein Blatt an einem Ast des Olivenbaums, der dem Weg am nächsten steht. Eine Millisekunde später als nötig dreht er sich um und sagt: »Pressen Sie Ihr eigenes Öl?«
    Es ist DI Perivale.
    »Erst vor einem Monat gepflanzt«, sage ich, »die Olivenbäume. Wir haben den ganzen Garten machen lassen, vor und hinter dem Haus, eine komplette Umgestaltung. Eine Firma namens Muddy Wellies. Also weiß ich es noch nicht. Aber es sind nur drei Bäume, also selbst in heißen Sommern eher nicht.«
    Er tritt vor und streckt die Hände aus, wie um einen Abstand zu messen. »Hübsche Bude. Groß für Sie drei.«
    Um meine Überraschung zu verbergen, dass er überhaupt etwas über mich weiß (»Sie drei«), lehne ich mich zurück und blicke an der neu verfugten Backsteinmauer hoch zu den drei Etagen Fenster, dem eleganten, spitz zulaufenden viktorianischen Giebel und dem dicken, verdrehten Holz einer frisch gepflanzten Glyzinie, als würde ich unser Haus das erste Mal betrachten, als würde jemand anders darin wohnen.
    »Meine Kollegin«, fügt er wie beiläufig hinzu, »hat mir erzählt, dass das Haus nebenan für fünf Millionen verkauft wurde.«
    Ich werde rot. Er macht nur Konversation, aber mir ist unbehaglich zumute. Ich weiß nicht, warum er so etwas sagt. Wir stehen da, betrachten das Haus, beäugen einander, und ich weiß nicht, was ich denken soll. Und dann sagt er etwas, wovor ich mich gefürchtet habe, denn ich hatte gehofft, mein Teil sei erledigt. Ich habe gedacht, er wäre vielleicht schon vorbei.
    »Haben Sie eine Minute Zeit?«

    Marta ist verschwunden, ist aus der Küche gehuscht, während ich an der Haustür war. Sie muss nach oben geflüchtet sein, obwohl ich sie nicht gehört habe. Die Bügelwäsche ist weg, genau wie mein noch halb voller Becher Kräutertee. Sie muss den Becher in die Geschirrspülmaschine gestellt haben; sie räumt mich ebenfalls fort.
    Ich bitte DI Perivale, sich zu setzen, doch er bleibt stehen. Um etwas zu tun zu haben, fülle ich den Wasserkessel am Hahn, und ich höre das leise Knarren seiner Schuhe, das leise Ächzen des Leders, als er das Gewicht verlagert. Er trägt braune Budapester, die mit Löchern in den Kappen, die man mit Jermyn Street assoziiert, vornehme Schuster, die Schuhwerk per Hand fertigen.
    »Wohnen Sie in der Nähe?«, frage ich.
    »Battersea.« Er hat mir den Rücken zugekehrt. »Auf der anderen Seite von Clapham Junction.«
    »Im Kommen«, sage ich und könnte mich augenblicklich dafür ohrfeigen.
    »Hübsches Bild. Hat Ihre Tochter das gemalt?«
    Ich

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