Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich bin unschuldig

Ich bin unschuldig

Titel: Ich bin unschuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Durrant
Vom Netzwerk:
mehr gegen mich aufbringen. Ich sollte ihn für mich einnehmen, mich als vertrauenswürdig erweisen und mich darum bemühen, dass er sein Bild von mir revidiert. Wir können Marta unmöglich beschuldigen. Wir haben keine Beweise. Doch für die nächsten paar Tage, bis alles geklärt ist, wäre es gut, wenn Millie woanders wäre, wo sie sicher ist – an einem Ort, wo nicht an jeder Straßenecke sensationsgierige Journalisten oder Polizisten lauern. Mein Herz schmerzt. Ich bin verspannt und fühle mich einsam. Es schnürt mir die Kehle zu.
    Clara schlägt Philips Eltern vor, doch ich erkläre ihr, dass die auf Reisen sind. Sie meint, ihre Eltern würden sicher gern aushelfen, aber ihr Vater ist wegen seines kaputten Knies im Krankenhaus. Sie fragt, ob von meinen Freunden aus der Nachbarschaft jemand in die Bresche springen könnte. Da tut sich ein kleiner Abgrund auf. Ich denke an Jude, die ich nie richtig kennengelernt habe, und sage: »Freunde aus der Nachbarschaft? Was für Freunde aus der Nachbarschaft?«, und sie starrt mich an.
    »Hast du bei dir in der Gegend Freunde?«, frage ich.
    »Ja. Jeder hat Freunde in der Nachbarschaft. Sie sind das Geheimnis des Glücks, Gabs.«
    »Ich arbeite so viel. Und es ist komisch, wenn man im Fernsehen ist. Und Philip …«
    Sie hebt den Finger. »Keine Ausflüchte. Sobald das hier vorbei ist, kümmerst du dich besser um dich.«
    Heute, sagt sie, könnte sie Millie mit nach Hause nach Islington nehmen, für die Nacht, jetzt. Pete könnte sich um sie kümmern, während Clara in der Schule ist (ihre Ferien fangen erst am Mittwoch an). Etwas Zartes welkt in meiner Brust, weil alles so schnell gehen soll. Der Traum während meiner Schwangerschaft von der Katze, die sich in der Innenstadt von Bombay aus meinen Armen befreien will … Ich werde Millie wecken müssen, sie zum Abschied küssen. Ich stelle mir die Verwirrung auf ihrem vom Schlaf zerknautschten Gesicht vor.
    Clara überlegt noch. Ihr kommt eine andere Idee: Suffolk. Robin. Als Robin bei uns lebte, konnte ich sie um alles bitten – am Wochenende zu arbeiten, ihren Urlaub zu verschieben –, ich hatte den Satz kaum je zu Ende gesprochen, da sagte sie schon: »Klar«. Es war an mir zu entscheiden, ob es ihr etwas ausmachte, die Enttäuschung hinter ihrem Blick zu bestimmen, verursacht durch die Änderung ihrer Pläne. Also. Ist das Baby zu klein? Ist es zu viel verlangt?
    Clara wischt mein Zögern beiseite, und wir rufen sie an.
    »Klar«, sagt Robin. »Selbstverständlich. Was macht schon eins mehr? Wer könnte mir mit Charlie besser helfen als Millie? Ich würde mich freuen, mein Mädchen bei mir zu haben.«
    Clara wird sie morgen mit dem Zug hinbringen.
    Das Gefühl, eine Last wird mir von den Schultern gehoben. »Viel besser«, sage ich. »Definitiv.«
    »Mach keinen Quatsch.« Clara will mir mit dem gefiederten Stift auf die Knöchel hauen, trifft aber daneben und stößt aus Versehen die Chipstüte um. Wir sind beide ein wenig betrunken.
    Und Marta? Ich sollte ihr ein paar Tage Urlaub geben, vorschlagen, sie geht … wohin? Nach Colliers Wood, zu ihrer Freundin, deren Identität gestohlen wurde.
    Clara muss los. Pete hat für die Kinder Huhn Jalfrezi gekocht. Um die Gewürze zu besorgen, ist er extra nach Southall gefahren. Nun gibt es Abwasch. »Verflucht, es wird einen ganzen Berg zum Abwaschen geben.« Sie beschließt, hinten rauszugehen, nur aus Spaß. »Die ganzen Leute, die reingehen, und keiner kommt wieder raus. Wie in dem Beatles-Film.«
    Wir stehen im Garten, mitten auf dem Rasen. Fiedrige Wolken ziehen über den Himmel, wie Rauch. Wir kichern. Klingelstreich. Johnny Riggins küssen. Falsche Zigaretten aus dem Reformhaus. Den Schnaps meiner Mutter stibitzen. Wir spazierten durch Yeovil und taten so, als seien wir Französinnen.
    Clara verweilt noch in dem Durchgang zwischen den Gärten. »Spinnen!«, kreischt sie, und dann macht sie sich auf den Weg, tanzt bis zum Ende des Durchgangs und singt dabei »Bring Me Sunshine«. Sie winkt, biegt um die Ecke und ist verschwunden.

    Als ich klein war, ist meine Mutter, wenn die Stimmung sie überkam, mit mir ans Meer gefahren. Es spielte keine Rolle, ob Schule war, meiner Mutter war das egal. Sie drehte das Radio auf, sang aus Leibeskräften mit und hielt irgendwo, um Pommes und Limonade zu kaufen. Ich saß auf der Kante der Rückbank und hielt Ausschau nach der verschwommenen blauen Linie am Horizont. Doch ziemlich oft ging alles schief. Ich kleckerte mir

Weitere Kostenlose Bücher