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Ich bin verboten

Ich bin verboten

Titel: Ich bin verboten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anouk Markovits
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los.
    Mit geröteten Wangen wie in ihrer Kindheit kamen die Mädchen nach Hause. Als sie auf Zehenspitzen in die Wohnung schlichen, fanden sie Hannah und Zalman im Wohnzimmer vor. Sie saßen am Tisch und warteten auf Mila und Atara, fragten aber nicht, wo sie so lange gewesen seien und warum sie so ausgelassen wirkten, sondern lächelten bei ihrem Anblick nur warm.
    »Schnell, zieht euch trockene Sachen an, bevor ihr euch erkältet«, sagte Hannah. »Und kommt zurück, wenn ihr fertig seid.« Wieder lächelte sie. »Wir haben euch etwas zu sagen.«
    Als die Mädchen mit um die Haare geschlungenen Handtüchern zurückkamen, übernahm Zalman das Wort. »Wir leben weit vom Hof des Rebbe entfernt, doch deine Herkunft, Blimela, und der gute Ruf unseres Hauses machen dich zu einer vorbildlichen Partie. Das Telefon hat in letzter Zeit oft geklingelt, Anrufe aus Amerika …«
    Hannahs Lächeln wurde noch breiter. »Außerdem hat sich herumgesprochen, wie schön du bist. Wir haben immer wieder gesagt, dass du noch zu jung bist, aber heute haben wir einen Anruf erhalten, über den wir den ganzen Nachmittag geredet haben.«
    »Ein Thoraschüler, ein Lieblingsschüler am Hof des Rebbe.«
    »Gut aussehend, wie wir gehört haben.«
    »Sicher erinnerst du dich an Josef Lichtenstein?«
    Mila atmete tief durch.
    »Jahrelang war unser Josef so tief in sein Studium versunken, dass er keine Zeit hatte, ans Heiraten zu denken«, fuhr Zalman fort. »Aber dann hat jemand deinen Namen erwähnt und dass du bald volljährig bist … Anscheinend hat Josef jetzt Zeit genug.« Zalman zögerte einen Moment. »Josef Lichtenstein hat sieben Jahre lang auf einem nichtjüdischen Bauernhof gelebt«, fuhr er dann fort. »Er hat eine Nichtjüdin Mutter genannt.« Zalman seufzte. »Blimela, ich spreche zu dir wie zu einer Tochter. Wenn die Herkunft dieses Mannes, seine Kinderjahre, für die er keine Verantwortung trägt … wenn du irgendwelche Bedenken gegenüber Josef Lichtenstein hast, musst du dich nicht mit ihm treffen. Doch wir hören nur Gutes über ihn. Seine Lehrer sind voll des Lobes, genauso seine Studienfreunde und die Familien, bei denen er den Sabbat verbringt. Ja, der Verdienst der Väter überträgt sich auf die Söhne, die Seele des heiligen Rebbe Elimelech Lichtenstein hat über unseren Josef gewacht. Ich muss hinzufügen, Blimela, dass sich deine Eltern, mögen sie in Frieden ruhen, über eine Verbindung mit dem Großneffen des heiligen Rebbe Elimelech Lichtenstein sehr geehrt gefühlt hätten.«
    An diesem Abend war Mila zu aufgeregt, um sich zum Schlafen zu legen. Unruhig lief sie zwischen den beiden Eisenbetten hin und her und redete über Josef, den mysteriösen, rätselhaften Josef, den Bauernjungen Josef, der auch ein chassidischer Jude war. Erst lachend, aber dann immer ernster werdend, verflocht sie ihrer beider Leben. Gab es einen besseren Abschluss für ihre entwurzelten und dann wieder neu begonnenen Kindheiten als einander zu heiraten? Eine Ehe wäre für sie die Krönung ihres Daseins. Und gemeinsame Kinder mit Josef wären der Triumph der Welt ihrer Eltern über die Welt derjenigen, die sie zerstören wollten.
    Atara hätte Milas freudige Erregung gern geteilt. Sie erinnerte sich daran, dass sie den Jungen gemocht hatte. Außerdem war Josef sicher anders als Zalman. Trotzdem schien jetzt unvermeidlich, dass sie Mila verlieren würde.
    In der Nachbarschaft schlugen die Glocken von Saint-Paul, jeder einzelne schwere Ton hallte lange nach. Mila seufzte. »Ach, wenn ich diese Glocken nicht mehr hören kann …«
    »Wir haben doch immer gewusst, dass eine Ehe, die unsere Eltern gutheißen, uns aus Paris mit seinen Glocken wegführen würde …«
    »Es ist kein Zufall, dass ich es an dem Tag erfahren habe, an dem ich beinahe in die Bibliothek gegangen wäre. Es ist, als hätte Josef mich noch einmal gerettet.«
    »Vor der Bibliothek? Josef rettet dich vor der Bibliothek? «
    »Ich muss nichts mehr nachschlagen, denn jetzt weiß ich es: Der Rebbe musste sich retten, um das Judentum retten zu können.«
    »Ja, genau. Sicher gibt es irgendwo einen heiligen Text, in dem es heißt, es sei erlaubt, seine Gemeinde zu verlassen, wenn man glaubt, dadurch das Judentum zu retten«, spottete Atara. Sie klang verbittert und enttäuscht.
    »Der Rebbe musste überleben. Wer weiß, welch schlimmeres Leid seine Gebete abgewendet haben.«
    »Wenn der Rebbe mit der Einstellung in den Zug gestiegen ist, er würde auf diese Weise das Judentum

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