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Ich bin verboten

Ich bin verboten

Titel: Ich bin verboten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anouk Markovits
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liegt, soll unrein sein. Dann saß er bei ihr. Beide mussten sie an die Höhle in dem Wäldchen denken, in der sie damals gesessen hatten. Sie hatten sich bei den Händen gehalten, bis es dunkel wurde, und es war, als hätten sie einander seither nie mehr losgelassen. Und nie mehr würden sie sich loslassen.
    Als der Morgen graute, saß Josef noch immer an ihrem Bett. Das Kopftuch war Mila vom kahl geschorenen Kopf gerutscht, und er spürte Ehrfurcht und Dankbarkeit vor so viel Schönheit. Ihre Augen gingen auf, wie groß sie in dem ungeschmückten Gesicht waren. Er sprach das erste Gebet des Tages: »Mode ani … sche-he-chesarta bi nischmati … ( Ich danke Dir … dass Du mir … meine Seele wiedergegeben hast …)
    *
    Hannah nannte jetzt Atara ihr k ale-mejdl, ihr heiratsfähiges Mädchen. Sie zog mit ihr los, um Kale-mejdl-Kleider einzukaufen, doch Atara protestierte, sie brauche solche Kleider nicht, noch nicht. Voller Stolz überreichte Hannah dem Ladenbesitzer die zusammengesparten Geldscheine. »Ein Stern-Mädchen im heiratsfähigen Alter hat eine angemessene Garderobe.«
    Atara kämpfte mit den Tränen.
    Wenige Monate nach Milas Hochzeit stand Atara mitten in der Nacht auf. Sie faltete ihr Kale-mejdl-Kleid zusammen und steckte es in eine Tüte, die sie an Ettis Türknauf hängte.
    Eine Zahnbürste, ein wenig Unterwäsche.
    Die Zeitschaltuhr im Treppenhaus tickte nicht, als sie im Dunkeln nach unten schlich. Nur Zalmans alttestamentarische Flüche folgten ihr die Treppe hinab:
    Dir wird alles missglücken, was du im Leben anfängst.
    Du wirst immer tiefer sinken.
    In deiner Verdorbenheit wirst du rastlos durch die Welt ziehen und niemals ein Zuhause finden.
    Atara drückte auf den Türsummer. Er öffnete das Schloss des großen Hoftors, das auf die Straße hinausführte. Die schwere Eichentür schwang halb auf. In der kühlen Pariser Morgendämmerung wogten ein paar Mohnblumen, jede einzelne Blüte ein tiefrotes Freiheitsschwanken auf dünnem Stängel.

BUCH III

Williamsburg, Brooklyn
    Die Hochzeitsfeierlichkeiten dauerten sieben Tage, danach stiegen die beiden Frischvermählten in ein Flugzeug nach New York. Ein Studiengefährte Josefs holte sie vom Flughafen ab. Er erzählte, was sich während Josefs Aufenthalt in Paris am Hof des Rebbe getan hatte und welche Jeschiwafreunde Vater geworden waren. Mila glaubte, Namen aus ihrer Kindheit in Siebenbürgen herauszuhören; Namen von Kindern, die in die Viehwaggons gestiegen waren. Jetzt gingen sie auf Neugeborene über. Vor den Autofenstern glitten Straßenbilder vorbei, wie Mila sie bisher noch nie gesehen hatte: Statt der durchgehenden Fassaden in französischen Städten standen die Häuser hier frei, waren aber nur durch schmale Lücken voneinander getrennt. Draußen lärmte der Verkehr und wurde mit zunehmender Häuserhöhe noch lauter. Im Auto aber hörte sie die vertrauten Namen.
    Drahtseilbögen, zwischen denen sich eine Brücke spannte, eine scharfe Kurve, und plötzlich sah sie jiddische und hebräische Schilder: Yetev-Lev-Jungenschule, 100% Wolle … »Koscher!«, schien hier alles laut zu schreien, worauf in Paris höchstens diskret hingewiesen wurde. In Williamsburg hatten Juden keine Angst, sich offen als Juden zu zeigen; sie bauten eine Welt neu auf, die es nie gegeben hatte.
    Da sie ihren ersten Sabbat in der eigenen Wohnung unbedingt allein verbringen wollten, lehnten Mila und Josef alle Einladungen ab. Mila brütete über den Rezepten, die Hannah ihr diktiert hatte; Josef schälte Karotten und Pastinaken für die Hühnersuppe. Als der Geruch der Sabbatspeisen durch die winzige Wohnung zog, schauten sich Mila und Josef glücklich an – ein Zuhause, ihr Zuhause.
    Sie badeten und zogen Sabbatkleidung an. Mila trug ein von Hannah mit Goldfaden besticktes weißes Kopftuch, Josef den Pelzstreimel, den Zalman ihm zur Hochzeit geschenkt hatte. Achtzehn Minuten vor Sonnenuntergang kreisten Milas Hände um die Sabbatkerzen, erst nach außen, dann nach innen – gedenke und halte. Mit geschlossenen Augen flüsterte sie das uralte Gebet: Mögen diese Lichter mich im Glauben festigen, wie sie so viele vor mir gefestigt haben … Mila spürte Finger, die sich um ihre schlossen, sah eine ganze Kette von Händen, die Kerzen anzündeten und sich aus der Tiefe der Vergangenheit bis in die Zukunft erstreckten. Als sie die Augen wieder öffnete, schimmerte das Gewebe von Josefs Kaftan wie Laub nach dem Regen.
    Josef schaute ins Kerzenlicht, das sich in der

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