Ich bin Zlatan Ibrahimović
Spieler. Bei Ajax hatte man die Jungs einfach sich selbst überlassen. Seltsam eigentlich, wenn man an all die jungen Talente denkt. In Italien aßen wir sowohl vor dem Training als auch danach, und vor den Spielen wohnten wir im Hotel und hatten drei gemeinsame Mahlzeiten täglich. Kein Wunder, dass ich bissiger wurde.
Ich erreichte ein Maximum von 89 Kilo, und das kam mir zu viel vor. Ich wurde etwas plump und musste das Krafttraining reduzieren und mehr Lauftraining machen. Aber im Großen und Ganzen wurde ich ein härterer, schnellerer und besserer Spieler, und ich lernte, den großen Stars gegenüber vollkommen respektlos zu sein. Es bringt nichts, zur Seite zu treten. Capello hat mich dazu gebracht, das zu verstehen. Du musst dir deinen Platz nehmen, die Stars sollen dich nicht hemmen, im Gegenteil. Du sollst dich durch sie anspornen lassen. Und ich verschob die Positionen, ich wuchs. Ich bekam Respekt, oder besser, ich nahm ihn mir.
Schritt für Schritt wurde ich zu dem, der ich heute bin, zu dem, der aus einem verlorenen Spiel so wahnsinnig wütend und zornschnaubend herausgeht, dass niemand in meine Nähe zu kommen wagt, und das kann selbstverständlich negativ wirken. Viele junge Spieler erschrecken vor mir. Ich schreie und tobe. Ich habe Wutanfälle.
Aber diese Haltung habe ich mir bei Juventus zugelegt, und genau wie Capello hörte ich auf, mir Gedanken darüber zu machen, wer die Leute waren. Sie konnten Zambrotta oder Nedvĕd heißen, wenn sie im Training nicht alles gaben, sollten sie es zu hören bekommen. Capello prügelte mir nicht nur Ajax aus dem Körper. Er machte mich zu dem Burschen, der zu einem Verein kommt und verlangt, dass man die Meisterschaft gewinnt, egal, was passiert, und das hat mir sehr geholfen, kein Zweifel. Es hat mich als Fußballspieler verwandelt.
Aber es hat mich nicht ruhiger gemacht. Wir hatten einen Verteidiger in der Mannschaft, einen Franzosen namens Jonathan Zebina. Er hatte unter Capello bei AS Rom gespielt und 2001 mit dem Klub den Scudetto, den italienischen Meistertitel, gewonnen. Jetzt war er bei uns. Ich glaube nicht, dass es ihm besonders gut ging. Er hatte persönliche Probleme und spielte aggressiv im Training. Eines Tages foulte er mich brutal. Ich ging zu ihm und stellte mich ganz dicht vor ihn.
»Wenn du foulen willst, sag es vorher, dann foule ich zurück!«
Da gab er mir eine Kopfnuss, bang einfach, und danach ging es schnell. Ich kam gar nicht zum Nachdenken. Es war ein reiner Reflex. Ich knallte ihm eine, und es passierte sofort. Er war nicht einmal fertig mit der Kopfnuss. Aber ich muss hart zugeschlagen haben, und ich habe keine Ahnung, was ich erwartete. Einen wahnsinnigen Capello vielleicht, der angerannt kam und tobte. Aber Capello stand nur da, nicht weit entfernt, und war eiskalt, als ginge ihn das Ganze nichts an. Alle anderen redeten natürlich: Was ist passiert? Was war? Alle durcheinander, und ich erinnere mich an Cannavaro, Cannavaro und ich, die wir uns immer halfen.
»Ibra«, sagte er. »Was hast du getan?« Einen Moment glaubte ich, er sei empört.
Aber dann zwinkerte er mir zu, als wollte er sagen, das hat Zebina verdient. Cannavaro mochte den Kerl auch nicht, nicht so, wie er in jüngster Zeit aufgetreten war. Aber Lilian Thuram, der Franzose, reagierte völlig anders.
»Ibra«, legte er los. »Du bist jung und dumm. So etwas tut man nicht. Du bist einfach bescheuert.« Aber weiter kam er nicht. Ein Brüllen hallte über den Platz, und es gab nur eine Person, die so schreien konnte.
»Thuuuraaam!«, schrie Capello. »Halt die Klappe und geh weg da!«, und ganz klar, Thuram ging davon, er wurde wie ein kleines Kind, und ich selbst machte mich auch vom Acker, ich musste mich beruhigen.
Zwei Stunden später sah ich im Massageraum einen Kerl, der sich einen Eisbeutel ans Gesicht drückte. Es war Zebina. Ich musste ihn hart getroffen haben. Er hatte immer noch Schmerzen. Das Veilchen blieb ihm noch lange erhalten, und Moggi brummte uns beiden eine Geldstrafe auf. Aber Capello tat nichts. Er berief nicht einmal eine Mannschaftssitzung ein. Er sagte nur eins:
»Es war gut für die Mannschaft!«
Das war alles. So war er. Er war hart. Er wollte Adrenalin. Man durfte fighten und gereizt sein wie ein Stier. Aber eins durfte man definitiv nicht: seine Autorität infrage stellen oder übermütig auftreten. Dann flippte er aus. Ich erinnere mich, wie wir im Viertelfinale der Champions League gegen Liverpool spielten. Wir verloren 2:0, und
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