Ich bin Zlatan Ibrahimović
unsicher und flog am nächsten Tag nach Hause. Und dann immer dieses » Zlatan, bitte, bitte, kannst du nicht dies und das regeln?«
Ich war der Reiseleiter der Familie und konnte mich nicht aufs Spielen konzentrieren. Ununterbrochen klingelte das Telefon. Es war völlig krank. Ich spielte eine verdammte Weltmeisterschaft. Trotzdem sollte ich Mietwagen besorgen und anderen Mist. Vermutlich hätte ich gar nicht spielen sollen. Die Leiste machte Probleme, wie gesagt. Aber Lagerbäck war sicher, ich sollte dabei sein. Unser erstes Spiel ging gegen Trinidad und Tobago, und selbstverständlich sollten wir es gewinnen, nicht nur mit einem Tor, sondern mit drei, vier, fünf. Aber nichts lief zu unseren Gunsten. Ihr Torwart machte ein Riesenspiel, und wir schossen nicht einmal ein Tor, nachdem einer von ihnen vom Platz gestellt worden war. Das einzig Positive an diesem Spiel passierte später. Ich begrüßte den Trainer von Trinidad und Tobago.
Er hieß Leo Beenhakker. Es war phantastisch, ihn zu sehen. Herrgott, wie viele brüsten sich damit, meine Karriere gefördert zu haben. Das meiste davon ist Unfug, es sind lächerliche Versuche von Trittbrettfahrern, aber gewisse Leute haben wirklich viel für mich getan. Roland Andersson ist einer und Beenhakker ein anderer. Sie glaubten an mich, als andere zweifelten. Ich hoffe, selbst Ähnliches tun zu können, wenn ich älter werde. Nicht nur an denen, die anders sind, herumnörgeln: Guck mal, jetzt dribbelt er schon wieder, jetzt tut er dies und das, sondern ein Stück weiter zu denken.
Es gibt ein Foto von dieser Begegnung mit Beenhakker. Ich habe mein Trikot ausgezogen, und mein Gesicht strahlt, trotz der Enttäuschung über das Spiel.
Ich kam während des ganzen Turniers nicht in Gang. Wir erreichten ein Unentschieden gegen England, und das war gut. Aber Deutschland schlug uns im Achtelfinale, und ich spielte schlecht. Ich will mich wirklich nicht herausreden, ich nehme die ganze Verantwortung auf mich. Eine Familie ist eine Familie. Man soll sich um sie kümmern. Aber ich hätte nicht Reiseleiter sein sollen, und die WM war mir eine Lehre. Hinterher erklärte ich ihnen allen:
»Ihr dürft gern mitkommen, und ich werde dafür sorgen, dass alles geregelt ist; aber wenn ihr da seid, müsst ihr eure Probleme allein lösen und euch um euch selbst kümmern.«
Ich kehrte nach Turin zurück, aber es kam mir nicht mehr wie mein Zuhause vor. Turin war ein Ort geworden, den ich verlassen musste, und die Stimmung im Klub war nicht direkt besser geworden. Es war eine weitere Katastrophe eingetreten.
Gianluca Pessotto war seit 1995 Verteidiger in der Mannschaft gewesen. Er hatte mit dem Verein alles gewonnen und identifizierte sich mit Juventus. Ich kannte ihn ziemlich gut. Wir hatten zwei Jahre zusammen gespielt, und der Junge war wirklich kein großkotziger Typ. Er war unglaublich sensibel und nett und bescheiden. Was danach wirklich geschah, weiß ich nicht.
Pessotto hatte gerade seine aktive Laufbahn beendet und war neuer Teammanager geworden, nachdem Alessio Secco zum Direktor befördert worden war, und vielleicht war es nicht leicht, nach einem Leben als Fußballspieler direkt in einen Bürojob zu wechseln. Aber vor allem hatten der Spielskandal und die Relegation in die zweite Liga Pessotto schwer getroffen, und zusätzlich hatte er Familienprobleme.
An einem dieser Tage saß er in seinem Büro im vierten Stock, genau wie gewöhnlich. Doch dann stieg er auf eine Fensterbank, einen Rosenkranz in der Hand, und stürzte sich rücklings hinab und landete zwischen zwei Autos auf dem Asphalt. Es war ein Fall von fünfzehn Metern. Unglaublich, aber er überlebte ihn. Er wurde mit Frakturen und inneren Blutungen ins Krankenhaus eingeliefert, aber er kam durch, und die Menschen freuten sich darüber, trotz allem. Dennoch wurde sein Selbstmordversuch als ein weiteres beunruhigendes Zeichen angesehen. Als fragte man sich: Wer flippt als Nächster aus?
Die Lage schien aussichtslos, und der neue Präsident, Giovanni Cobolli Gigli, erklärte jetzt auch: » Der Klub ist entschlossen, keine weiteren Spieler ziehen zu lassen. « Die Führung würde um jeden Einzelnen kämpfen, und natürlich sprach ich mit Mino darüber. Wir diskutierten die ganze Zeit und waren uns einig; es gab nur eine Möglichkeit: Wir mussten zurückschlagen. Deshalb trat Mino vor die Presse und erklärte:
»Wir sind bereit, alle rechtlichen Maßnahmen zu ergreifen, um vom Klub loszukommen.«
Wir würden uns keine
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