Ich bleib so scheiße, wie ich bin
verhält es sich ähnlich. Auch hier drängt sich der Verdacht auf, dass Ursache und Wirkung verwechselt werden. Zumal man davon ausgehen muss, dass in den meisten Untersuchungen viele Merkmale, in denen sich Sportler von Nicht-Sportlern unterscheiden, nicht berücksichtigt werden. Der Mediziner und Molekularbiologe Perikles Simon von der Gutenberg-Universität in Mainz warnt, dass man aus derartigen Untersuchungen insbesondere nicht folgern könne, dass für Personen, die mit Sport beginnen, um ihre Gesundheit zu verbessern, die Lebenserwartung in dem Ausmaß steigen würde, wie sie für Sportler beobachtet wird, die schon immer freiwillig Sport getrieben haben. Es gibt eine Reihe von Indizien dafür, dass Sport, der keinen Spaß macht und mit großem Widerwillen im Hinblick auf den Wunsch nach einer Verbesserung der Gesundheit betrieben wird, nur in seltenen Fällen Erfolg bringt. Das wird aber in den Statistiken nicht erfasst. Genauso wenig wird mit einberechnet, inwieweit Sport das Leben verkürzen kann, durch Sportunfälle oder übertriebenes Training zum Beispiel. Der pauschale Aufruf zum Sport dient nicht der Volksgesundheit, findet Dr. Simon. So tauchen zum Beispiel nach Marathonläufen ein Drittel der Teilnehmer beim orthopädischen Facharzt auf, um sich behandeln zu lassen. Das sind in Deutschland pro Jahr immerhin 100 000 bis 150 000 Menschen!
Was als allgemein gültig verkauft wird, betrifft also nur eine spezielle Gruppe der Bevölkerung, nämlich Menschen, denen Sport guttut und die zufällig bei der Ausübung ihrer Sportart keinen Unfall erleiden. Und wer weiß, ob wir dazu gehören.
Sport ist eine Methode, Krankheiten
durch Unfälle zu ersetzen.
Ottfried Fischer
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Ich könnte ebenfalls eine Studie erstellen und etwa drei Dutzend Menschen untersuchen, die über hundert Jahre alt sind und bekennende Sporthasser sind. Solche Menschen sind nicht schwer zu finden. Es gibt viele, die das Nichtsporttreiben gut überstehen, allein in meiner Familie gibt es drei: Meine Oma väterlicherseits wurde 104 Jahre alt, und ich kann mir nicht vorstellen, dass sie jemals Sport getrieben hat. Meine Oma mütterlicherseits wurde 102 Jahre, und auch sie hat sich nie sportlich betätigt. Genauso ihr Mann, der immerhin 97 Jahre alt wurde. Sobald ich genug alte Menschen für die erste Gruppe zusammenhabe, würde ich nun eine ähnlich große Kontrollgruppe zusammenstellen. Ich würde im Freundeskreis herumfragen, wessen Großeltern einigermaßen sportlich waren und außerdem früh verstorben sind. Dann wird noch die Lebenserwartung der zwei Gruppen verglichen – Simsalabim, habe ich ein Ergebnis, das mir gut gefällt: Wer wenig Sport treibt, wird über 100 Jahre alt!
Allgemein anerkannte Gesundheitsregeln sind also mit Vorsicht zu genießen. Zudem lässt sich zu jedem Forschungsergebnis im Internet eine Studie finden, die das genaue Gegenteil besagt. Sie könnten also die Selbstoptimierung sein lassen und sich stattdessen mit einer Tafel Schokolade (wussten Sie, dass Schokolade nachweislich den Blutdruck senkt und ab 7,5 Gramm pro Tag das Risiko eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls um ganze 39 Prozent verringert?) an den Rechner setzen und nach Studien googeln, welche genau zu Ihrem aktuellen Lebensstil passen.
Die folgende Liste gibt einen Überblick über die häufigsten Selbstverbesserungsziele und stellt deren tatsächlichen Nutzen infrage:
KÖRPER
ENDLICH DIÄT MACHEN – BLOSS NICHT!
Die meisten Diätprodukte werden in den USA hergestellt und konsumiert. In dem Land, in dem Körperkult und Fitnesswahn allgegenwärtig sind, leben merkwürdigerweise die meisten Dicken!
Wer abnehmen will, möchte vor allen Dingen sexuell attraktiver sein, denn Dicke, mit denen will doch keiner schlafen. Das stimmt aber nicht unbedingt. Die Frauenärztin Bliss Kaneshiro von der Universität Honolulu wunderte sich vor Kurzem über die Tatsache, dass in den USA übergewichtige Frauen häufiger ungewollt schwanger werden als schlanke. Es gibt nun zwei Möglichkeiten: Entweder dicke Frauen verhüten weniger – oder sie haben mehr Sex.
Sie forschte nach, und es stellte sich heraus, dass dicke und sogar fettleibige Frauen alles andere als abstinent waren. Sie schliefen sogar häufiger mit Männern als die vermeintlich begehrteren Schlanken. Bliss Kaneshiro warnte also ihre Kollegen: »Manche Ärzte gehen davon aus, dass dicke Frauen ohnehin keinen Sex haben. Sie beraten sie daher unzureichend über Verhütung oder wie sie sexuell
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