Ich. Darf. Nicht. Schlafen.
hin, trocknete mir die Hände an dem Geschirrtuch ab, das an der Herdstange hing, und ging nachsehen, wer da war.
Durch die Milchglasscheibe konnte ich die Umrisse eines Mannes sehen. Er hatte etwas an, das aussah wie ein Anzug, mit Krawatte.
Ben?
, dachte ich, bevor ich mir klarmachte, dass er ja nicht klingeln würde. Ich öffnete die Tür einen Spalt.
Es war Dr. Nash. Ich wusste es, teils weil es niemand anders sein konnte, aber auch, weil ich ihn erkannte – obwohl ich ihn mir, als ich heute Morgen von ihm las, nicht hatte vorstellen können und obwohl sogar mein Mann mir fremd geblieben war, selbst nachdem er mir gesagt hatte, wer er war. Dr. Nashs Haar war kurz, gescheitelt, die Krawatte saß locker und schief, und unter dem Jackett trug er einen Pullover, der nicht dazu passte.
Er musste die Verblüffung in meinem Gesicht gesehen haben. »Christine?«, sagte er.
»Ja«, sagte ich. »Ja.« Ich öffnete die Tür keinen Millimeter weiter.
»Ich bin’s. Ed. Ed Nash. Dr. Nash?«
»Ich weiß«, sagte ich. »Ich …«
»Haben Sie Ihr Tagebuch gelesen?«
»Ja, aber …«
»Ist alles in Ordnung?«
»Ja«, sagte ich. »Mir geht’s gut.«
Er senkte seine Stimme. »Ist Ben zu Hause?«
»Nein. Nein, ist er nicht. Es ist bloß, na ja. Ich hab nicht mit Ihnen gerechnet. Waren wir verabredet?«
Er zögerte einen Moment, einen Sekundenbruchteil, lange genug, um unser Gespräch aus dem Rhythmus zu bringen. Wir waren nicht verabredet, das wusste ich. Zumindest hatte ich mir nichts notiert.
»Ja«, sagte er. »Haben Sie es sich nicht aufgeschrieben?«
Ich sagte nichts. Wir blickten einander über die Schwelle des Hauses an, das ich noch immer nicht als mein Zuhause empfand. »Darf ich reinkommen?«, fragte er.
Ich antwortete nicht sofort. Ich war nicht sicher, ob ich ihn hereinlassen wollte. Es kam mir irgendwie falsch vor. Wie ein Verrat.
Aber Verrat an was? Bens Vertrauen? Ich wusste nicht, wie wichtig mir das noch war. Nach all seinen Lügen. Lügen, von denen ich fast den ganzen Morgen über gelesen hatte.
»Ja«, sagte ich. Ich öffnete die Tür. Er nickte, als er ins Haus trat, und schaute dabei nach links und rechts. Ich nahm seine Jacke und hängte sie an die Garderobe, neben einen Regenmantel, der vermutlich mir gehörte. »Dort hinein«, sagte ich, in Richtung Wohnzimmer deutend, und er tat wie geheißen.
Ich machte für uns beide Kaffee, gab ihm seine Tasse, setzte mich mit meiner ihm gegenüber. Er sagte nichts, und ich nahm einen langsamen Schluck, wartete, während er ebenfalls trank. Er stellte seine Tasse auf den Couchtisch zwischen uns.
»Sie erinnern sich nicht, mich hergebeten zu haben?«, sagte er.
»Nein«, sagte ich. »Wann?«
Als er antwortete, lief es mir kalt über den Rücken. »Heute Morgen. Als ich Sie angerufen habe, um Ihnen zu sagen, wo Sie das Tagebuch finden.«
Ich konnte mich nicht erinnern, dass er am Morgen angerufen hatte, und kann es noch immer nicht, auch jetzt nicht, wo er gegangen ist.
Ich dachte an andere Sachen, die ich aufgeschrieben hatte.
Ein Melonenteller, den ich meiner Erinnerung nach nicht bestellt hatte. Ein Keks, um den ich nicht gebeten hatte.
»Ich erinnere mich nicht«, sagte ich. Panik stieg langsam in mir hoch.
In seinem Gesicht blitzte Besorgnis auf. »Haben Sie heute geschlafen? Mehr als ein kurzes Nickerchen?«
»Nein«, sagte ich, »nein. Gar nicht. Ich kann mich einfach nicht erinnern. Wann war das? Wann?«
»Christine«, sagte er. »Beruhigen Sie sich. Es hat wahrscheinlich nichts zu bedeuten.«
»Aber was, wenn – ich weiß nicht –«
»Christine, bitte. Es hat nichts zu bedeuten. Sie haben es bloß vergessen, mehr nicht. Jeder vergisst schon mal was.«
»Aber ein ganzes Telefonat? Das kann doch höchstens ein paar Stunden her sein!«
»Ja«, sagte er. Er sprach sanft, versuchte, mich zu beruhigen, blieb aber weiter auf seinem Platz sitzen. »Aber Sie haben allerhand durchgemacht, in letzter Zeit. Ihre Erinnerung war immer unbeständig. Mal etwas zu vergessen heißt noch nicht, dass sich Ihr Zustand verschlechtert, dass Sie nie wieder gesund werden. Okay?« Ich nickte, versuchte verzweifelt, ihm zu glauben. »Sie haben mich hergebeten, weil Sie mit Claire sprechen wollten, aber unsicher waren, ob Sie dazu in der Lage sind. Und Sie wollten, dass ich für Sie mit Ben spreche.«
»Im Ernst?«
»Ja. Sie haben gesagt, Sie würden sich das allein nicht zutrauen.«
Ich sah ihn an, dachte an all die Dinge, die ich
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