Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich darf nicht vergessen

Ich darf nicht vergessen

Titel: Ich darf nicht vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice LaPlante
Vom Netzwerk:
einen Sprung vorbeigekommen und wartete in der Diele darauf, dass ich sie hereinbat. Ich ließ sie warten.
    Hattest du irgendwas mit dem Rauswurf von Mr Steven zu tun?, fragte ich sie.
    Zu meiner Überraschung wirkte sie verlegen. Das war wirklich etwas sehr Ungewöhnliches. Es dauerte eine Weile, bis sie antwortete.
    Traust du mir so etwas zu?, fragte sie schließlich.
    Das ist keine Antwort.
    Wieder schwieg sie.
    Ich glaube, ich werde dir keine geben, sagte sie. Wer auch immer die Pornos auf den Computer geladen hat, müsste immerhin mit einer Anzeige rechnen. Ich verweigere lieber die Aussage.
    Sie setzte zu einem Lächeln an. Dann hielt sie inne. Was machst du da?, fragte sie.
    Ich nehme meine Kamera heraus.
    Warum?
    Um deinen Gesichtsausdruck festzuhalten.
    Und warum das?
    Weil er so außergewöhnlich ist. Einer, den ich noch nie bei dir gesehen habe. So. Fertig.
    Ich weiß nicht, ob mir das gefällt.
    Und ich weiß nicht, ob mich das interessiert. Und jetzt, wenn es dir nichts ausmacht, ich habe noch Papierkram zu erledigen.
    Dann schlug ich ihr die Tür vor der Nase zu– etwas, das ich mich noch nie getraut hatte. Soweit ich mich erinnere, haben wir es dabei belassen. Wir haben den Vorfall nie wieder erwähnt, wie es unsere Art war. Aber der Wortwechsel war mir so bedeutsam erschienen, dass ich das Foto in mein Album geklebt habe. Amanda angeklagt, hätte ich noch darunter schreiben können. Jennifer knapp siegreich. Fürs Erste.
    D ubuffet. Gorky. Rauschenberg. Die Leute um uns herum amüsierten sich über unseren eklektischen Kunstgeschmack. Aber James und ich waren uns immer vollkommen einig. Wenn wir einen Druck oder eine Lithographie sahen, wussten wir, ohne einander anzusehen, dass wir das Kunstwerk besitzen mussten.
    Es war eine Marotte, die sich mit unserem wachsenden Wohlstand zur Sucht entwickelte. Manchmal hatten wir regelrechte Entzugserscheinungen. Der Chagall etwa, den wir in einer Pariser Galerie gesehen hatten: L’événement. Liebe und Tod, Liebe und Religion. Unsere Lieblingsthemen. Wir haben jahrelang darüber geredet, ich habe sogar davon geträumt, wurde zur Braut im Bauch des Huhns, ließ mich von den Melodien des am Himmel schwebenden Fiddlers verführen, ließ mich in einer Welt aus tiefen Blautönen und warmen Rottönen treiben. Das Bild war absolut unerschwinglich für uns, aber wie kleine Kinder wünschten wir uns nichts sehnlicher.
    N atürlich hatten sie versucht, Kinder zu bekommen, Peter und Amanda. Ich vermute, dass kein Ei zäh genug war, um sich in ihrem undurchdringlichen Schoß einzunisten. Denn sie war knochenhart, durch und durch. Als knallhartes Weibsbild hat ein Nachbar sie mal auf einer Party bezeichnet. Ein Miststück vor dem Herrn, lautete die Antwort. Aber sie war nicht immer so. Nein. Fiona gegenüber war sie ganz anders. Sie nahm ihre Rolle als Fionas Patin sehr ernst. Auch wenn es ursprünglich ein Scherz gewesen war.
    Fiona wurde nie getauft, kam für uns als echte Heiden nicht in Frage. Doch am Tag, nachdem ich mit Fiona aus dem Krankenhaus gekommen war, erschienen Amanda und Peter mit einer Flasche Sekt, und ich verkündete, Amanda sollte Fionas Taufpatin werden.
    Ah, du sollst also die gute Fee spielen, hatte Peter sie aufgezogen.
    Ich tauchte die Fingerspitzen in mein Sektglas und träufelte ein paar Tropfen auf Fionas winzige, runzlige Stirn. Sie wachte auf und stieß einen herzzerreißenden Schrei aus.
    Amanda war verblüfft über die Entwicklung.
    Und wenn mein Taufgeschenk ein Fluch wäre? Sie riss die Augen auf und sagte beschwörend: An deinem sechzehnten Geburtstag wirst du dir in den Finger stechen …
    Alle lachten. Nein, gib ihr lieber deinen Segen, sagte James.
    Also gut, sagte Amanda und räusperte sich. Wurde zu unser aller Überraschung ganz feierlich. Ernst war sie oft, feierlich nie.
    Fiona Sarah White McLennan. Du wirst die zahlreichen Stärken deiner beiden Mütter erben, deklamierte sie. Die deiner leiblichen Mutter – sie prostete mir zu – und die deiner Patin. Sie prostete sich selbst zu und trank einen Schluck. Und du wirst dich in allen Lebenslagen auf unser beider Liebe und Unterstützung verlassen können. Nur der Tod kann und wird uns von dir trennen. Das sollst du nie vergessen.
    Zur Sicherheit besprenkelte sie Fiona noch mit ein paar Tropfen Sekt.
    Und jetzt kommt plötzlich so ein Moment. Eine Veränderung

Weitere Kostenlose Bücher