Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen
Wände mit Graffiti – und sorge dafür, dass am Auto stets ein Kennzeichen sichtbar ist!
D AS PARKINSON’SCHE GESETZ
Warum wir immer bis zur letzten Sekunde warten
»Der Satiriker ist ein gekränkter Idealist«, sagte der deutsche Publizist Kurt Tucholsky, »er will die Welt gut haben, aber sie ist schlecht, und nun rennt er gegen das Gute an.« Zu derlei Spezies gehörte definitiv auch der britische Historiker Cyril Northcote Parkinson. Am 19. November 1955 veröffentlichte er im britischen Wirtschaftsmagazin ›The Economist‹ einen Beitrag unter der Überschrift »Parkinson’s Law«. Dass das Essay nicht ganz ernst gemeint war, hätte man gleich zu Beginn der Lektüre ahnen können. Im zweiten Absatz gab der Autor an, ein neues wissenschaftliches Gesetz entdeckt zu haben, das er nun erstmals öffentlich präsentieren wolle: das Parkinson’sche Gesetz. In einer Fußnote thematisierte er sogleich den Namen: »Warum? Warum nicht?«, hieß es dort lapidar. Typisch britischer Humor.
Die Aussage dieses Gesetzes: »Arbeit dehnt sich in genau dem Maß aus, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht.« Mit anderen Worten: Je mehr Zeit wir uns für eine Aufgabe nehmen, desto länger brauchen wir auch dafür. Als Beleg für diese These zog Parkinson das Beispiel einer Rentnerin heran, die ihrer Nichte eine Postkarte schreiben will. Für die Auswahl der Karte brauche sie eine Stunde, genauso lange für die Suche nach ihrer Brille und noch einmal für das Schreiben. Eine halbe Stunde suche sie die Adresse, 20 Minuten lang überlege sie, ob sie für den Gang zum Briefkasten einen Regenschirm mitnehmen solle. Dabei gehe schnell der ganze Tag drauf – eben weil sie Zeit hat. Der viel beschäftigte Angestellte dagegen benötige für dieselbe Aufgabe drei Minuten, schrieb Parkinson – eben weil er noch andere Dinge erledigen muss.
Nun muss man hinzufügen, dass der Wissenschaftler seine Kritik damals hauptsächlich auf die britische Verwaltung bezog, insbesondere die Marine. Dort war die Zahl der Admiräle zwischen 1914 und 1928 um 78 Prozent gestiegen, während dieAnzahl der Schiffe um 67 Prozent gesunken war und die der Offiziere um 31 Prozent. Mit anderen Worten: Es gab weniger Arbeit, aber mehr Chefs.
Seine satirischen Ausführungen trieb Parkinson auf die Spitze, indem er eine mathematische Formel für das Wachstum öffentlicher Verwaltungen aufstellte (siehe rechts): Multipliziert man die Zahl X mit 100 und teilt dieses Ergebnis dann durch die Gesamtzahl der vergangenen Jahre, erhält man laut Parkinson auch schon die jährliche Zunahme des Personals in der Verwaltung. Diese liege immer zwischen 5,17 und 6,56 Prozent – und zwar unabhängig davon, ob die Arbeit nun mehr oder weniger geworden ist. Spätestens an dieser Stelle hätte einem auffallen können, dass Parkinsons Humor trockener ist als Frankenwein. Gleichwohl enthalten seine Aussagen einen wahren Kern. Ist es nicht seltsam, dass beispielsweise in Meetings die Beschlüsse immer erst ganz zum Schluss fallen, wobei die Diskussion davor nicht wirklich zur Erhellung beigetragen hat? Und komisch, dass manche Arbeitnehmer immer exakt gleich lange im Büro werkeln, obwohl ihre Arbeit starken Zyklen unterliegt. Ja selbst beim süßen Nichtstun ist es so: Es dauert immer so lange, wie Zeit dafür zur Verfügung steht.
Die Parkinson Formel: x = (2k m + p)/n
k: Die Zahl der Angestellten, die befördert werden wollen, indem sie neue Untergebene einstellen
m: Die Zahl der Arbeitsstunden pro Person, die für interne Memos draufgehen
p: Die Differenz zwischen dem Alter der Einstellung und dem Alter der Pensionierung
n: Die Zahl der Verwaltungseinheiten, die vom Personal tatsächlich erledigt werden
x: Die Zahl notwendiger Neueinstellungen
Wir schöpfen den Rahmen eben voll aus – und darum warten wir auch immer bis zu letzten Sekunde. Nicht immer zu unseremBesten. Hier und da einfach beherzt ein paar Limits zu setzen, könnte helfen. Oder zumindest etwas Parkinson’scher Humor. Der Brite verstarb übrigens 1993 im Alter von 83 Jahren. Den Sinn für Satire hat er sogar mit ins Grab genommen. Sprichwörtlich: Sein Gesetz steht auch auf seinem Grabstein.
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