Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen
herein. Qualität muss nicht teuer sein. Nicht alles, was mehr kostet, ist deswegen automatisch besser. Und nur weil jemand prominent, wohlhabend oder einflussreich ist, muss er nicht gleich etwas Gehaltvolles zu sagen haben. Im Grunde wissen Sie es ja auch schon: Der beste Rat kommt oft von einem selbstlosen Freund – und ist gratis.
DER ASSIMILATIONS-EFFEKT
Warum Marken so verführerisch sind
Was hat es wohl zu bedeuten, dass die Besucher von Madame Tussauds Wachsfiguren-Kabinett die Skulpturen diverser Zelebritäten nie einfach so, sondern stets mit sich an der Seite fotografieren? Warum schmücken Firmenpatriarchen ihre Büros so gerne mit Abbildungen vom letzten Papstbesuch oder vom Bankett mit bedeutenden Politikern? Und warum lassen sich Sportwagen einfach nicht bewerben, ohne dass auf ihrer Karosserie halb nackte Amazonen herumludern? Im ersten Fall ist es vielleicht nur Spaß, im zweiten Koketterie, im dritten ein Klischee – allen dreien gemein ist das Spiel mit dem sogenannten Assimilations-Effekt, auch Angleichungs-Effekt oder Reflected-Glory-Effekt genannt.
Die Entdeckung stammt ursprünglich aus dem Marketing. Irgendwann haben Werber festgestellt, dass die Leute Produkte besser finden, sobald man sie zusammen mit Gegenständen oder Personen präsentiert, die bereits ein positives Image besitzen.Kurvige Blondinen zum Beispiel üben seit jeher eine Puls und Speichelfluss beschleunigende Wirkung auf biertrinkende Männer aus, weshalb sie häufig Plakatwände bevölkern, die in der Nähe von Sporttribünen oder Getränkemärkten anzutreffen sind. Politiker in Wahljahren wiederum lassen sich auffällig oft zusammen mit Gewinnertypen aus Kultur, Sport oder Wirtschaft für die Presse ablichten. Auch hierbei geht es um einen Imagetransfer. Der Assimilations-Effekt steckt auch hinter dem zwar ethisch zweifelhaften, aber ökonomisch erfolgreichen Productplacement. Dabei lassen Markenstrategen ihre Produkte gezielt und semiunauffällig in Kinofilme, T V-Serien oder Songtexte einbauen – natürlich für viel Geld.
Top-1 0-Marken in Rap-Songs
(Anzahl Erwähnungen)
Mercedes:
112
Lexus:
48
Gucci:
47
Cadillac:
46
Burberry:
42
Prada:
39
Cristal:
37
Hennessy:
35
Lamborghini:
34
Chevrolet:
33
Top- 5-Musiker mit den meisten erwähnten Marken
50 Cent:
31
Lil‘ Kim:
15
Jay Z:
14
Ginuwine:
13
Ludacris:
9
Quelle: American Brandstand, 2003
( www.uic.edu/orgs/kbc/hiphop/mentions.htm )
Besonders Rap-Musiker scheinen für derlei Mitnahmeeffekte anfällig. So waren etwa in der Woche des 12. April 2003 allein in den Top-2 0-Songs der U S-Billboardcharts ganze 47 Markennamen vertreten. Rekord! Am häufigsten fiel dabei der Name Mercedes-Benz. Als Künstler, der in seinen Liedern besonders oft und besonders viele Marken unterbringt, gilt bis heute 50Cent. Die meisten Produkte in einen einzigen Song gestopft hat jedoch die Sängerin Lil’ Kim: In »The Jump Off« schaffte es die Liebhaberin der inzwischen verstorbenen Rap-Legende Notorious B. I. G., ganze 14 Marken zu platzieren (siehe auch Rangliste). Wie viel die 3 6-Jährige bei dem Deal verdiente, ist zwar nicht überliefert, aber der Gegenwert dürfte ebenfalls
notorious big
gewesen sein: Der Song erreichte in den U S-Charts Platz 17, in Großbritannien sogar Platz 16 und in den deutschen Musiklisten immerhin noch Rang 22.
Selbst ohne die Strahlkraft prominenter Werbekünstler lässt sich von dem Effekt profitieren. Im Fachjargon wird das unter anderem Co-Branding genannt und passiert immer dann, wenn zum Beispiel auf ein erfolgreiches Produkt ein nahezu gleichnamiges zweites folgt – wie bei Apples Trilogie aus iPod, iPhone, iPad. Der Gedanke dahinter: Was schon einmal Hunderttausende begeistern konnte, lockt sie auch ein zweites oder drittes Mal an die Kasse. Zyniker kennen das Prinzip auch unter dem Motto: Man muss die Kuh melken, bis sie umfällt.
Im Grunde steckt der Assimilations-Gedanke hinter allen Markenprodukten. Einmal mit einem positiven Image aufgeladen, lassen sich unter dem Label zahlreiche weitere Gimmicks verkaufen, weil die Kunden mit dem jeweiligen Namen einfach bestimmte Eigenschaften wie Qualität, Vitalität oder Attraktivität assoziieren. Ob so viel Zutrauen auch gerechtfertigt ist, steht freilich auf einem ganz anderen Blatt. Und bis dahin muss man es eben mit geliehener Attraktivität versuchen.
DER VEBLEN-EFFEKT
Je teurer etwas ist, desto lieber kaufen wir es
Bernard
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