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Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen

Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen

Titel: Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Absicht). Und bei der Gelegenheit: Versuchen Sie bitte auch nicht mehr als sieben Kollegen zu einem Meeting einzuladen. Größere Konferenzen mutieren leicht zu ineffizienten Laberrunden.
Organisatorisch: Ein Vorgesetzter sollte nie mehr als sieben Mitarbeiter führen müssen, um sich allen adäquat widmen zu können. Auch für die Teammitglieder selbst bleibt die Gruppe so überschaubarer. Ausgerechnet das Militär hat dies früh erkannt und umgesetzt: Bei den alten Römern bestand die kleinste organisatorische Einheit, das
Contubernium
, aus acht Mann. Auch heute noch stellt ein »Trupp« die kleinste militärische Einheit dar und besteht ebenfalls aus maximal acht Soldaten.
    Womöglich ist es sogar klug, wenn Sie in diesem Buch nie mehr als sieben Seiten pro Tag lesen. Jedenfalls dann, wenn Sie vorhaben, ein bisschen davon in das Langzeitgedächtnis zu retten, ohne die Seiten später noch einmal zu lesen. In der Zwischenzeit können Sie dafür im Internet noch etwas ›Am laufenden Band‹ spielen: Unter
http://bit.ly/​laufendesband
gibt es eine sehr schön aufbereitete Hommage an die Spielshow   – mit original Sound und Carrells legendärem Start-Kommando. Soweit wir das erinnern.

DER VERGESSENS-EFFEKT
    Kaum gelernt, schon aus dem Sinn
    Vor knapp vier Jahren beklagten sich in Südkorea immer mehr junge Berufstätige zwischen 20 und 30 über Gedächtnisschwund. Sie hatten zunehmend Schwierigkeiten, sich Telefonnummern oder Passwörter zu merken. Auch deutsche Neurologen diagnostizieren, dass wir vieles nicht mehr so gut im Kopf behalten können wie noch vor einem Jahrzehnt. Der Schuldige war auch schnell ausgemacht: Das Internet und die steigende Infoflut, derer wir nur noch Herr werden, wenn wir die vielen Daten und Fakten auf unserem Blackberry, iPhone und Laptop abspeichern, nur eben nicht auf der Bio-Festplatte im Kopf. Willkommen im Zeitalter der digitalen Demenz!
    Doch halt, so ganz stimmt das nicht. Die traurige Wahrheit ist: Auch Sie, obwohl Sie gerade ein vergleichsweise altes Medium lesen, werden das, was wir hier schreiben, bald schon wieder vergessen haben. Und das hat nichts mit einer frühen Vorstufe der Alzheimer’schen Erkrankung zu tun. Auch nicht mit brüchiger Intelligenz. Vielmehr geht es auf ein Phänomen zurück, das Hermann Ebbinghaus bei zahlreichen Selbstversuchen entdeckte (und dankenswerterweise nicht vergaß).
    Der deutsche Psychologe gilt als Mitbegründer der modernen Gedächtnisforschung. Im Jahr 1879 setzte er sich zum Ziel, den Prozess des Lernens zu verstehen und graphisch zu visualisieren. Sein Versuchsobjekt war er selbst. Für seine Experimente bildete Ebbinghaus aus Konsonanten und Vokalen sogenannte Trigramme mit dem immer gleichen Schema: Konsonant-Vokal-Konsonant. Also beispielsweise:
     
    bes dek fel gup huf jek mek men pon dor gim
     
    Der Plan hinter der scheinbar sinnlosen Buchstaben- und Silbensuppe: Ebbinghaus wollte sicherstellen, dass das Ausgangsmaterialabsolut keine Bedeutung für ihn hatte. So konnte er die Ergebnisse nicht verfälschen. Nun erstellte er Listen verschiedener Länge. Manche bestanden aus sechs, manche aus zwölf, andere aus 20 oder sogar mehr Trigrammen. Dann lernte der Forscher diese über ein Jahr lang täglich mehrere Stunden lang auswendig.

    Tag für Tag las er sich die Liste mit einer Geschwindigkeit von 2,5   Silben pro Sekunde selbst laut vor. Im Anschluss fragte sich Ebbinghaus in verschiedenen Abständen selbst ab. Das Ergebnis verblüffte ihn allerdings: Nach etwa 20   Minuten waren bereits 40   Prozent des neuen Wissens schon wieder aus seinem Kopf verschwunden. Nach 60   Minuten waren 45   Prozent futsch, nach 24   Stunden erinnerte er sich höchstens noch an ein Drittel. Und so ging es weiter: Nach nur sechs Tagen war das Erinnerungsvermögen auf 23   Prozent geschrumpft   – auf lange Sicht blieben gar nur etwa 15   Prozent haften. Einige Jahre später wiederholte er das Experiment noch einmal   – mit denselben Resultaten.
    Der Effekt ist in der Wissenschaft auch als Ebbinghaus’sche Vergessenskurve (oder Ebbinghaus-Gesetz) bekannt. Schüler zum Beispiel behalten nach drei bis sechs Tagen noch bis zu 90   Prozent der erlernten Vokabeln im Kopf. Und das ist beachtlich viel! Erwachsene vergessen von einem Gedicht nach nur einem Tag bereits ein Viertel wieder, nach fünf Tagen ist schon die Hälfte weg. Und bei Prosa verläuft die Vergessenskurve noch steiler: Nach nur einem Tag sind ganze 53   Prozent des

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