Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen
sich die bunten Hunde besonderer Bekanntheit – viel mehr natürlich als die grauen Mäuse. Eigentlich kein Wunder, die farbigen Köter stechen schließlich deutlich aus der Masse hervor und bleiben deshalb auch besser im Gedächtnis kleben.
Intuitiv leuchtet das sofort ein, wissenschaftlich bewiesen hat es die deutsche Psychologin Hedwig von Restorff schon in den Zwanzigerjahren. In ihren Experimenten sollten die Teilnehmer Zahlen- und Silbenreihen memorieren. Gar nicht so leicht, denn die wild gemixten Lettern ergaben weder Sinn, noch gab es einen übergeordneten Zusammenhang. Sobald von Restorff unter die vielen Buchstaben aber eine einzige Zahl mischte, konnten sich ihre Probanden diese Ausnahme in der Reihe wunderbar merken. Gleiches galt für einen einzigen Buchstaben in einer Reihe von Zahlen. Voilà – der Restorff-Effekt.
Den können Sie auch gleich selbst ausprobieren. Schauen Sie sich bitte die folgenden Reihen an und merken Sie sich jeweils die einzige Zahl, beziehungsweise den einzigen Buchstaben darin:
ABCDEF 7 GHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ
12345 H 67890
Wir kommen dann später in diesem Buch wieder darauf zurück …
DER REZENZ-EFFEKT
Was im Gedächtnis haften bleibt
An Ben Pridmore können wir uns noch gut erinnern. Immerhin das. Drei Mal war der Brite schon Sieger der Gedächtnisweltmeisterschaften. Er triumphierte in den Jahren 2004, 2008 und 2009. 2007 gelang Pridmore obendrein ein ganz besonderes Kunststück: Er schaffte es, die exakte Reihenfolge von 52 Spielkarten auswendig zu lernen. Klingt nicht gerade aufregend? Denken Sie! Vielleicht finden Sie es ja beeindruckender, wenn Sie erfahren, wie lange Pridmore für das Memorieren der Kartenfolge brauchte: 26,28 Sekunden.
Er ist, keine Frage, ein Ausnahmetalent. Und auch wenn wir keinen dieser Tricks brauchen, so sind wir Normalos doch auf ein intaktes Gedächtnis angewiesen. In der Schule müssen wir Vokabeln und Formeln büffeln, an der Uni für Prüfungen pauken, im Alltag uns die Namen und Telefonnummern unserer Kollegen oder Geschäftspartner merken. Unser Gehirn wird geradezu mit Informationen geflutet. Die Frage ist nur: Was prägen wir uns leicht ein, und was will einfach nicht haften bleiben? Sind es die Dinge, die wir sehr früh gelernt haben, oder Dinge, die wir erst vor Kurzem erfahren haben? Über die Antwort sind sich die Gedächtnisforscher ungefähr so einig wie Fußballfans über das Wembley-Tor. Seit Jahren. Ihre Meinungsverschiedenheitdrückt sich inzwischen in zwei Effekten aus: dem Primär- und dem Rezenz-Effekt.
Die Fragen sind gar nicht so trivial, wie sie vielleicht auf den ersten Blick klingen. Die Antwort darauf kann nicht nur unsere akademischen oder beruflichen Lernanstrengungen verändern – sie beeinflusst auch unser Urteilsvermögen.
Lassen Sie uns das vielleicht an einem Beispiel erklären. Schon vor einiger Zeit rekrutierte ein Forscherteam um Antonia Mantonakis von der kanadischen Brock-Universität 142 Testpersonen, die bis zu fünf verschiedene Weine probieren und beurteilen sollten. Das Ergebnis war verblüffend: Jedes Mal bevorzugten die Tester den ersten Wein – und zwar unabhängig davon, ob sie Weinkenner waren oder nicht. Also eher ein Indiz für den sogenannten Primär-Effekt.
Doch so simpel ist es eben nicht. Ohne Sie jetzt mit Experimenten zu langweilen: Es gibt eine Reihe weiterer Studien, die darauf hindeuten, dass zuletzt erlangte Informationen beim Memorieren in unserem Kopf die größere Rolle spielen – Rezenz-Effekt genannt. Man könnte auch sagen: Während die Anhänger des Primär-Effekts davon ausgehen, dass es sich die ersten Informationen sofort im Langzeitgedächtnis gemütlich machen, vertreten die Verfechter des Rezenz-Effekts die Auffassung, dass wir uns an die letzten Informationen besonders gut erinnern, weil sie im Kurzzeitgedächtnis Platz finden. Wer von beiden recht hat? Man weiß es nicht. Aber vermutlich liegt die Wahrheit – wie so oft – irgendwo dazwischen.
Solange die beiden Forscherfraktionen streiten, können Sie sich derweil aber schon an der praktischen Anwendung der Effekte erfreuen. Insbesondere der Rezenz-Effekt bietet dazu allerlei Gelegenheiten, etwa bei einem Streit mit dem Partner oder Verhandlungen mit einem Kunden: Nennen Sie in beiden Fällen zuerst Ihr zweitbestes Argument, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Dann das drittbeste, um Ihr Gegenüber in Sicherheit zu wiegen. Und schlussendlich das beste
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