Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen
die Speichen verschmelzen zu einer einzigen silbrigen Scheibe.
Was sich hier so trivial anhört, war in der Industrie lange Zeit eine echte Bedrohung für Leib und Leben der Arbeiter. Immerdann, wenn etwa in der Nähe rotierender Maschinen Lampen angebracht waren, die flimmerten (Leuchtstoffröhren zum Beispiel), konnten die Arbeiter die schnell ablaufenden Maschinenprozesse nicht mehr genau einschätzen – sie wirkten zum Teil langsamer, als sie tatsächlich waren. Weil das mitunter grausige Betriebsunfälle zur Folge hatte, schreibt der Gesetzgeber heute in den Arbeitsstätten Glühlampen oder andere elektronisch optimierte und nicht flimmernde Lichtquellen vor.
Auch im Kino war das Flimmern bis vor einigen Dekaden ein verhasster Nebeneffekt. Um es zu vermeiden, wenden Filmemacher heute allerdings einen anderen Trick an: Sie zeigen einfach zwei oder drei Mal hintereinander dasselbe Bild.
DER PLACEBO-EFFEKT
Warum keine Wirkung auch eine Wirkung hat
»Es gibt zwei Möglichkeiten:
Entweder du stellst dir vor, du schaffst es.
Oder du stellst dir vor, du schaffst es nicht.
Und genau so wird es kommen.«
Henry Ford, Automobilhersteller
Der Legende nach soll der Komponist Ludwig van Beethoven regelmäßig 60 Kaffeebohnen abgezählt haben, um sich daraus eine Tasse Mokka zu brühen. Der französische Romancier Honoré de Balzac trank täglich sogar mehrere Tassen extrem starken Kaffee, um wach zu bleiben. Gut, der Mann dichtete und schrieb auch meist zwölf Stunden am Stück. Das ist mitunter Knochenarbeit, wir sprechen da aus Erfahrung. Zum Glück werden der braunen Brühe viele gute Eigenschaften nachgesagt: Kaffee steigert die Denkleistung, er kann Schmerzen lindernoder sogar sexuell erregen – Frauen vor allem. Kaffee hilft gegen Mundgeruch, zu viel Kaffee allerdings macht Kopfweh. Die wohl wichtigste Eigenschaft aber ist: Kaffee, beziehungsweise das darin enthaltene Koffein, macht munter.
Aber stimmt das auch? Oder bilden wir uns das Ganze am Ende bloß ein, und ist für die aufputschende Wirkung nur eine Art Placebo-Effekt verantwortlich? Denn genau darum geht es bei dem Phänomen: Man bekommt eine Tablette, einen Wirkstoff, einen Zaubertrank und glaubt fest daran, dass es einem hernach besser geht oder dass man sich von Klippen stürzen und fliegen kann. Für den ersten Fall belegen zahlreiche Versuche, dass bloße Einbildung wirklich gesund machen kann. Im zweiten Fall passiert eher das Gegenteil.
Es passierte 2007. Weil ihn seine Freundin verlassen hatte, wollte sich der 26 jährige Derek Adams das Leben nehmen und schluckte 29 Kapseln eines Antidepressivums, das er gerade daheim hatte. Sein Blutdruck sackte lebensbedrohlich ab, Adams wurde in die Notaufnahme eingeliefert. Dort allerdings stellte sich heraus: Der junge Mann war Proband einer Medikamentenstudie und gehörte zu jener Hälfte der Patienten, die nur ein Scheinmedikament und kein Antidepressivum erhalten hatte. Als er erfuhr, nur Placebos geschluckt zu haben, verschwanden sämtliche Symptome schlagartig. Der Fall gilt inzwischen als Paradebeispiel für den Nocebo Effekt. Er ist der böse Voodoo Bruder des PlaceboEffekts und tritt dann auf, wenn negative Erwartungen ausreichen, um Krankheitssymptome hervorzurufen. Überhaupt ist Angst medizinisch gesehen ganz schlecht: Langzeitstudien konnten zeigen, dass depressive Krebskranke eine um 39 Prozent höhere Todesrate haben.
Doch zurück zum Kaffee: Die beiden Psychologen Paul Harrell und Laura Juliano von der Universität in Washington haben damit vor einiger Zeit ein wenig experimentiert. An dem Versuch nahmen 60 passionierte Kaffeetrinker teil, an diesem Morgen hatten sie aber noch keine Tassezu sich genommen. Nun teilten Harrell und Juliano ihre Probanden in zwei mal zwei Gruppen auf: Die erste Gruppe bekam Kaffee mit 280 mg Koffein (womit man sogar Komapatienten reanimieren könnte), die zweite eine Tasse entkoffeinierten Kaffee (was diese aber nicht wusste). Innerhalb der beiden Gruppen wurde noch einmal unterschieden: Der einen Hälfte erzählte man, der Kaffee habe eigentlich keine, wenn nicht gar eine negative Wirkung auf ihre kognitiven Fähigkeiten, den anderen sagte man, der Kaffee sei wie üblich anregend. Vereinfacht sah die Einteilung also so aus:
Gruppe 1A: koffeinhaltiger Kaffee, Annahme: wirkungslos
Gruppe 1B: koffeinhaltiger Kaffee, Annahme: wirkt aufputschend (Kontrollgruppe)
Gruppe 2A: entkoffeinierter Kaffee, Annahme: wirkungslos
Gruppe 2B:
Weitere Kostenlose Bücher