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Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen

Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen

Titel: Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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entkoffeinierter Kaffee, Annahme: wirkt aufputschend
    Was, glauben Sie, passierte? Der koffeinhaltige Kaffee hatte tatsächlich die größte Wirkung auf die kognitiven Fähigkeiten der Probanden   – ein etwa zehnprozentiges Leistungsplus. Einen Placebo-Effekt kann man in diesem Fall also ausschließen. Allerdings machten weitere Beobachtungen das Experiment so interessant:

    So verursachte der Hinweis, der Kaffee wirke diesmal besonders anregend, einen zusätzlichen Push. Aber nur bei dem koffeinhaltigen Getränk. In der Gruppe, denen man entkoffeinierten Kaffee gegeben hatte, wirkte diese Aussage geradezu katastrophal: Ihre Leistung verschlechterte sich dramatisch (siehe Grafik).
    Was indes keinem der Versuchsteilnehmer auffiel, war der Unterschied zwischen dem Heißgetränk mit und ohne Koffein. Warum ausgerechnet der Placebo-Kaffee, dem die Forscher nachsagten, er habe keinen oder gar einen negativen Effekt, verhältnismäßig positiv abschnitt, erklärten sich Harrell und Juliano so: Die Probanden strengten sich in diesem Fall besonders stark an, die Negativwirkung auszugleichen   – was ihnen auch irgendwie gelang. So gesehen kann man doch noch von einem Placebo-Effekt sprechen. Der aber lautet im Endeffekt: Placebos wirken enorm stark   – allerdings zum Teil ganz anders als erwartet.

DER TEXAS-SCHARFSCHÜTZEN-EFFEKT
    Warum wir versuchen Muster zu erkennen, wo keine sind
    Der eine oder andere mag sich noch an den ProSieben-Zweiteiler ›Der Bibelcode‹ erinnern. Das 2008 ausgestrahlte T V-Abenteuer basierte auf dem gleichnamigen und umstrittenen Sachbuch des U S-Journalisten Michael Drosnin. Der hatte schon 1997 die Theorie aufgestellt, der hebräische Originaltext der Bibel enthalte verborgene Vorhersagen für die Zukunft   – also unsere Gegenwart. Mithilfe eines Computerprogramms wollte Drosnin damals den Namen »Yitzhak Rabin« im Thoratext des 5.   Buches Mose entdeckt haben. Und der kreuzte sich auch noch zufällig mit einer Passage über einen Totschläger. Drosnin wertete das als einen geheimen Hinweis auf die Ermordung des israelischen Ministerpräsidenten am 4.   November 1995.
    Das klingt nach einer ziemlich durchgeknallten Verschwörungstheorie, Stoff für Filme ist es allemal. Die zugrunde liegende Methode ist allerdings ziemlich simpel und nennt sich ganz unspektakulär Equidistant Letter Sequence (ELS) oder Intervallcodierung.Dabei werden in einem beliebigen Text Buchstaben betrachtet, die stets denselben Abstand zueinander haben   – also etwa jeder 42.   Buchstabe. Ergeben sich dabei sinnvolle Worte, so jedenfalls die Theorie der EL S-Eleven , kann das kein Zufall mehr sein. Denn in der Tat handelt es sich dabei um eine uralte Verschlüsselungstaktik.
    Ob dies allerdings auch auf kryptische Prophetien in heiligen Schriften zutrifft, darf mindestens so stark bezweifelt werden wie iranische Atomanlagen, die allein der Energiegrundversorgung dienen. Mit der EL S-Technik lässt sich so ziemlich jedes Ereignis vorhersagen   – man muss nur über genügend Text und ein gutes Computerprogramm verfügen. Und so wurden Drosnins statistische Entdeckungen, so spektakulär sie auch klingen mögen, letztlich als das entlarvt, was sie sind: sensationslüsterne Prosa. Der Autor wehrte sich zwar gegen die Kritik und behauptete keck, dann müsse es ebenso gelingen, in ›Moby Dick‹ Hinweise auf einen Premierminister und dessen Ermordung zu finden. Doch genau das passierte: Brendan McKay, ein Informatiker an der Nationaluniversität Australiens, warf seinen Rechner an, durchstöberte den englischen Text von ›Moby Dick‹   – und fand Ankündigungen zur Ermordung von Indira Gandhi, Martin Luther King, John F.   Kennedy, Abraham Lincoln und, Sie ahnen es: Yitzhak Rabin.
    Um die Sache vollends ad absurdum zu führen, fanden Spaßvögel am Ende sogar angebliche Geheimcodes in einer simplen Pressemitteilung von Microsoft: Durch geschicktes Auszählen fanden die Computerspezialisten unter anderem die Letternfolge
ojdidit
(»O.   J. hat es getan«) und
ear
(»Ohr«), woraus man einerseits die Klärung der Schuldfrage im legendären Mordprozess um O.   J.   Simpson ableiten sowie das Ergebnis des Boxkampfs zwischen Mike Tyson und Evander Holyfield herleiten kann, bei dem Holyfield ein Ohr teilweise abgebissen wurde. Oder man wertet es korrekterweise als närrischen Unfug.
    So oder so   – in jedem Fall handelt es sich dabei um einen typischen Texas-Scharfschützen-Effekt, der auch
Texas

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