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Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen

Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen

Titel: Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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dieser Aufgaben durften die Teilnehmer vollenden, bei anderen unterbrach Zeigarnik sie mittendrin. Im Anschluss prüfte die Psychologin, an wie viele ihrer Aufgaben sich die Freiwilligen noch erinnerten. Und tatsächlich, auch hier memorierten die Teilnehmer jene Aufgaben besser, die sie nicht vollendet hatten   – und zwar erheblich: Die unerledigten Dinge blieben bis zu 90   Prozent besser im Gedächtnis haften. Und das völlig unabhängig vom Alter oder dem Bildungsgrad der Probanden.
    Dabei handelt es sich aber noch nicht um den heute weltweit geschätzten Zeigarnik-Effekt, den seine Namensgeberin damals aufspürte. Viel entscheidender als der Anteil der präsenten Aufgaben ist der Grund für unsere anhaltende Konzentration: So konnte Bljuma Zeigarnik nachweisen, dass nicht etwa der Akt des Unterbrechens entscheidend ist, sondern das Erledigtsein beziehungsweise Unerledigtsein der Aufgabe. Vereinfacht gesagt:Wenn wir eine Herausforderung vor uns haben, bauen wir geistige Spannung auf   – und diese löst sich erst dann, wenn wir die Aufgabe gemeistert haben. Andernfalls bleibt diese Spannung bestehen und sorgt dafür, dass uns die lästige Aufgabe weiter und weiter im Gedächtnis herumspukt, uns nachts um den Schlaf bringt und morgens noch vor dem ersten Kaffee an den Papierstapel auf dem Schreibtisch denken lässt.
    »Cliffhanger« wird das Phänomen in der Filmsprache genannt   – und heute in so ziemlich jeder Hollywood-Produktion, jeder T V-Serie und auch in jedem spannenden Fortsetzungsroman eingesetzt. Oder haben Sie sich noch nie gefragt, wieso die Werbepause im Fernsehen immer dann kommt, wenn es am spannendsten ist? Das ist der Zeigarnik-Effekt! Der Sender will natürlich nicht, dass Sie wegzappen. Und selbst wenn Sie doch ein wenig an der Fernsteuerung herumspielen   – Sie kommen wieder. Weil Sie natürlich wissen wollen, wie die Geschichte ausgeht.
    Es ist wie beim sogenannten Fortschrittsbalken am Computer: Irgendwie ist es ziemlich dämlich, die ganze Zeit gebannt auf so einen animierten Balken zu starren und zuzusehen, wie der allmählich auf 100   Prozent anschwillt. In der Zeit ließe sich wahrlich Besseres erledigen. Und doch glotzt jeder drauf, weil er Spannung erzeugt: 57
Prozent   …
73
Prozent   … Wow, schon
80
Prozent!
    Der Zeigarnik-Effekt lässt sich auch noch anderweitig nutzen. Zum Beispiel ganz klassisch mit sogenannten To-do-Listen. Sie sind nichts anderes als ein Spiel mit dem Phänomen, bei dem wir uns letztlich selbst manipulieren: Weil wir wollen, dass die Punkte erledigt werden, schreiben wir sie auf eine Liste. Das erzeugt Spannung und Druck beim Abhaken, gleichzeitig aber auch Stress, wenn sich die Häkchen darauf nur langsam mehren. Und das ist zugleich die Kehrseite des Effekts: Wenn Sie zu viele Punkte auf Ihre Liste schreiben, die sich nicht zügig abarbeiten lassen, macht Sie der Zeigarnik-Effekt so cremig, dass kaum noch Kapazitäten zur Konzentration oder Kreativität übrig bleiben. Von der nötigen Entspannung zwischendurch mal ganz abgesehen.Deshalb ist es   – wie so oft   – auch hierbei wichtig, ein gesundes Mittelmaß zu finden: zwischen einem motivierenden Cliffhanger einerseits und einer letztlich immer noch zu überwindenden Klippe andererseits.

D IE 72 - STUNDEN-REGEL
    Weshalb wir sofort beginnen sollten
    Waren das traumhafte Zeiten! Ende des vergangenen Jahrtausends befand sich ganz Deutschland in einer Art kollektivem Goldrausch. Es war die Hochzeit der New Economy. Und jeder, der es schaffte, fünf Meter geradeaus zu laufen ohne hinzufallen, konnte auf einmal Millionär werden. Börsengänge wie die von EM.   TV, Infineon oder Deutscher Telekom machten Tausende zu Börsenspekulanten, die mit ihren Aktien beinahe im Schlaf Geld verdienten. Theoretisch. Und wer sich seiner Sache noch immer nicht ganz sicher war, der hörte damals vor allem auf eine Person: Bodo Schäfer. Der gut aussehende Dunkelhaarige, phänotypisch irgendwo zwischen Pierce Brosnan und dem jungen Peter Kraus, tourte Ende der Neunzigerjahre mit der selbst erfundenen Berufsbezeichnung
Money-Coach
durch das Land. Bei ihm drehte sich alles nur um Geld, Reichtum, Millionen. Sogar sein Hund hörte angeblich auf den Namen
Money
. Und natürlich versprach Schäfer jedem Teilnehmer seiner 80 0-Mark - Seminare nicht weniger, als dass auch er Millionär werden könne   – wenn er nur wolle. Einzige Bedingung sei das Erfüllen der 7 2-Stunden -Regel. Die besagt: Alles, was wir

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