Ich. Die Autobiographie
Süppchen essen und mich schlafen legen.
Ab diesem Zeitpunkt kontrollierte er meine Nachtclub-Freundschaften. Er nahm mir meinen Haus- und meinen Autoschlüssel weg, damit ich nachts nicht entwischen konnte. Aber ich war schlau. Die Hausdame, die mich sehr mochte, gab mir ein Duplikat vom Schlüssel für den Personaleingang. Still und leise verschwand ich morgens um zwei aus dem goldenen Käfig zu meinen Koks-Freunden. So ging es weiter. On and off.
Ich kam auf die tollsten Ideen. So ausschweifend, so wüst wie möglich feierte ich meinen fünfzigsten Geburtstag im Privathaus von Gräfin Elène d’Estenville mit meiner französischen Clique – mit Jack Nicholson, Roman Polanski, Francesca Dallera und vielen anderen. Ein tolles Fest, das ich nie vergessen werde. Es war eine unkontrollierte Gesellschaft, ich weiß nicht, wer geschnupft hat und wer nicht. Ich weiß nur, dass es vom Kaviar bis zum Kokain, von Ecstasy bis Hasch, vom Wodka bis zum Champagner alles gab, was ein verwöhntes Herz, ein verwöhnter Magen oder eine verwöhnte Nase begehrten. Suppenlöffel voller Kokain!
Die Party dauerte zwei Tage. Dann lagen überall Flaschen und Festleichen herum. So muss Sodom und Gomorrha gewesen sein. Gänzlich unberührt war das herrliche Luxusbuffet geblieben, niemand hatte Hummer oder Kaviar gewollt.
Das Fest war das, was alkoholfreudige Menschen eine Schnapsidee nennen würden. Ich hatte nämlich keinen fünfzigsten Geburtstag, sondern war erst 48. Um die Festkunst meiner Freundin Elène zu erleben und mich mal wieder so richtig hochleben zu lassen, machte ich mich bewusst zwei Jahre älter.
Heute nehme ich Kokain nur noch gelegentlich, wenn es mir angeboten wird. Mit dieser Episode aus meinem Leben möchte ich keineswegs zum Drogenkonsum animieren. Im Gegenteil. Ich möchte allen Neugierigen von dieser Droge dringend abraten. Nur gegen Hasch, finde ich, spricht eigentlich nichts, das sollte jeder einmal probiert haben. Es beruhigt die Nerven, wenn man unter Stress ist, und es macht sanfter und liebevoller. Bei Hasch geht – im Gegensatz zu Alkohol und anderen Drogen – jede Aggressivität verloren. Auch bei Opium ist das so, friedlich-schön. Das ist aber in Europa leider nicht so leicht zu haben wie in den arabischen Ländern.
Ich habe Koks nur ohne Alkohol und mit literweise Obstsäften geschnupft. Eine wichtige Voraussetzung für die Reinigung des Kokaingiftes aus dem Körper. Weil die Gefahr besteht, süchtig zu werden, demonstriere ich gegen harte Drogen auf Anti-Drogen-Kongressen.
Ich weiß aus eigener leidvoller Erfahrung: Die Sucht auf den Gefühlszustand von Glück, Freude, Unternehmungslust und Energie wird scheinbar lebensnotwendig, und die Zwischenräume zwischen Rausch und Nüchternheit werden immer kürzer. Man wird ein Sklave seiner eigenen Scheinwelt. Bis man sich am Rande des Todes wiederfindet. Ich kenne Freunde, die in schwersten Entziehungskuren so viele körperliche und seelische Schmerzen erlebten, wie wohl tausend qualvolle Tode nicht gestorben werden können. Dafür lohnt der höchste Trip aller Zeiten nicht. Meine früheren Alkoholexzesse musste ich mir ganz konsequent abgewöhnen, weil meine guten Freunde vor mir flüchteten.
Der berühmte Satan, von dem ich schon erzählte, machtmich unter Alkohol ekelhaft und größenwahnsinnig. Ich werde das Gegenteil von dem, was ich wirklich bin. Ein Mensch, den ich aus vollstem Herzen hasse. Dieser Lügner, dieser Hochstapler, dieses Monster, dieser Anti-Mensch treibt betrunken sein respektloses Unwesen, als wäre er der Teufel selbst. Ein einziger Horror!
Er begann nach Luchinos Tod im Jahr 1976. Der Schock meines Lebens. Ich griff zu starken Alkoholika, trank sie immer öfter, um darüber hinwegzukommen. Mir wurde klar: Mein Leben teilte sich in die Zeit vor Luchino Visconti und in den Helmut Berger mit Luchino Visconti. Und in den Helmut Berger nach Luchino Visconti. Und der konnte eine fürchterliche Pest sein. 1976 war meine Welt zusammengebrochen. Da hätte ich einen Psychiater gebraucht, bis dahin kam ich ganz gut ohne Seelenklempner aus. Irgendetwas in mir ist mit Luchino gestorben. Meinen Glauben und meine Hoffnung hat er mit in sein Grab genommen. Immer wieder könnte ich schreien, flehen, heulen: »Mille grazie, Luchino. Ich bin böse auf dich. Warum hast du mich so schnell allein gelassen?« Das ist in Wahrheit mein Problem.
Und seitdem zahle ich einen hohen Preis. Im Beruf und im Privatleben. Ich kämpfe täglich gegen den
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