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Ich. Die Autobiographie

Ich. Die Autobiographie

Titel: Ich. Die Autobiographie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Berger , Holde Heuer
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schickte mich zum Psychiater
     
     
     
    Ich wurde niemals süchtig, obwohl es mir viel Spaß machte. Ich war immer wild, mit oder ohne Kokain. Damals eine schicke Droge, die ungemischt, mit siebzigprozentiger Reinheit, eine unglaublich stimulierende Gefühlswelt offenbaren konnte. Jede Nacht wurde geschnupft, um sechs Uhr morgens kam ich nach Hause in die Via Salaria und schlief, wenn ich nicht drehte, bis fünf Uhr nachmittags.
    Luchino fand das nicht normal, er sprach mich ein paar Mal an, warum mein Rhythmus so seltsam sei. Ich redete mich mit Schlafstörungen heraus. Aber ich kannte meinen Luchino noch nicht richtig. Wie ein liebender fürsorglicher Vater vereinbarte er ohne mein Wissen einen Termin bei Roms bestem Psychiater. Ich konnte nichts dagegen tun. Er zwang mich zu zwei Sitzungen in der Woche. Und er schickte mich nicht mit dem Chauffeur zum Seelendoktor, sondern er selbst fuhr mich hin. Und saß, während ich auf der Couch lag, im Behandlungsraum immer dabei. Solche Sorgen machte er sich über meinen Zustand.
    Ich sprach wieder von meiner Schlaflosigkeit. Dass ich nicht einschlafen konnte, mir tausend Gedanken durch den Kopf spukten. Oh, ich war ein guter Schauspieler. Der Professor verschrieb mir Tabletten, jeden zweiten Tag wurde ich an den Tropf gelegt. Die Transfusionen enthielten beruhigende und stärkende Mittel.
    Währenddessen sann ich die ganze Zeit darüber nach, wie ich den Professor in die wahren Gründe meiner Nachtaktivitäten einweihen konnte, sozusagen an Luchino vorbei, der nichts erfahren sollte. Ich fürchtete seine Strenge. Irgendwann konnte ich meinen Professor alleine sprechen. Ich beschwor ihn, mein Vertrauen nicht zu missbrauchen, appellierte an seine Schweigepflicht als Mediziner. Wenn er nicht die verheerenden Konsequenzen einer Ehekrise zwischen Luchino und mir heraufbeschwören wollte, müsste er sein Wissen für sich behalten. Basta. Er versprach es mir hoch und heilig.
    Endlich konnte ich die Wahrheit sagen. Ich gab unumwunden zu – damals sogar noch mit stolzgeschwellter Brust –, dass der einzige Grund für meine Zustände der Kokainkonsum sei. Er empfahl mir, das Rauschgift zu reduzieren und seine verschriebenen Beruhigungstabletten in den Abfalleimer zu werfen. Heimlich, ohne Luchino zu informieren, damit er sich nicht noch mehr sorgte. Die Transfusions-Cocktails bestückte er nun mit Vitaminen und Aufbaumitteln. Sie wirkten positiv auf meine Gesundheit – und auf das Koks. Sie verstärkten seine Wirkung.
    Dem besorgten Luchino erzählte der Seelenprofessor von den typischen Schauspieler-Unsicherheiten bei mir. Den extremen Anforderungen der großen Rollen mit gleichzeitiger Überreiztheit durch die vielen Erfolge und den inneren Unsicherheiten, den Ansprüchen gerecht zu werden. Das verstand Luchino sofort.
    Nach vier Wochen durfte ich mit seiner Erlaubnis die Therapie abbrechen. Erst 1974, Jahre später, bemerkte Luchino bei den Dreharbeiten für »Gewalt und Leidenschaft« mit Silvana Mangano und Burt Lancaster, dass ich Kokain schnupfte. Ich spielte in der Story ein Mitglied der Baader-Meinhof-Gruppe. Zusammengeschlagen finde ich mich im Haus eines alten Professors (Burt Lancaster) wieder, über dessen Wohnung die Freunde meiner Geliebten wohnen. Lancaster versteckt mich vor der Polizei, die mich international sucht, in einem Zimmer mit Geheimtür. Ich nutze seine Gutmütigkeit aus, feiere in seiner Abwesenheit Haschorgien. Die Lust am Sex zu dritt war genauso in der Geschichte wie die Lust, einen alten Mann zur Verzweiflung zu bringen. Ich komme um bei einem Bombenattentat in der Wohnung meiner Freundin. Mit diesem Film hat Luchino sicher auch Erfahrungen mit mir verarbeitet. Situationen, die ich ihm anvertraut habe, und den Generationskonflikt zwischen uns. Aber vor allem bemerkte er bei dem Shooting, dass ich Drogen nehme.
    Ich kam zu den Dreharbeiten in Cinecittà und fühlte mich toll, obwohl ich nicht geschlafen hatte. Die typische Wirkung von Kokain. Luchino sah mich, sah mein Spiel und fragte mich irritiert, ob ich eine Düsenmaschine sei, weil ich wie ein Maschinengewehr meine Dialoge runterratterte und nicht ging, sondern raste. Ich wusste nicht, was er meinte. Ich war doch großartig. Brauchte keine Proben, empfand mich sofort in der Rolle. Fantastisch. Ich war einfach nicht zu bremsen. Nach der dritten Szene befahl Luchino mir abrupt, einen Tag später wiederzukommen. Der Chauffeur war schon informiert worden und wartete auf mich. Ich sollte ein

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