Ich. Die Autobiographie
dabei Gräfin Marina Cicogna, Florinda Bolkan, Franco Rossellini, ein Cousin von Roberto, dem großen Regisseur. Luchino reiste nicht mit, er konnte Marinas Ratscherei nicht ausstehen. Ihr Quak, quak, quak war ihm ein Graus. Er entschuldigte sich bei der Callas und Aristoteles. Besonders Maria bedauerte sein Fehlen, Luchino war ihr Lieblings-Opernregisseur. Sie hätte gerne mit ihm über neue Projekte gesprochen.
Maria Callas nahm mit einem Bandwurm ab, Onassis spottete über seinen »Kanarienvogel«
Wir flogen zunächst nach Athen, dann im Wasserflugzeug weiter zur Insel Scorpius, die Ari gehörte. Wir landeten auf den sanften Wellen der Ägäis. Dort lag seine »Christina« vor Anker. Damals gab’s auf der Insel noch keine Appartements und Straßen, sondern nur das Gezirpe der Grillen. Erst Jacqueline Kennedy baute später die Bungalows auf Scorpius für die Gäste. Wir wohnten auf der Yacht. Mit den Tender-Two-Booten der Marke Riva besuchten wir jeden Tag eine andere griechische Insel. In einfachen Fischerdörfern organisierte Ari kleine Abendessen mit der Sängerin und späteren Kulturministerin Griechenlands, Melina Mercouri, die manchmal griechische Balladen für uns sang, und ihrem Mann, dem Regisseur Jules Dassin, Irene Pappas und anderen Gästen. Ari brachte uns, Uzo-trunken, Sirtaki bei. Mit Maria Callas war er ein wilder Tänzer.
Und unendlich großzügig. Hatte man dringend etwas in Paris oder Rom zu erledigen oder wünschte einen Abstecher nach Athen, wurde man hingeflogen. Egal, wohin. Bei den Abendessen auf den griechischen Inseln überschüttete Ari uns mit Geschenken. Unmengen von Ikonen, Bernsteinketten, goldene griechische Ohrringe im Medea-Stil, feinste Goldarbeiten mit vielen Glöckchen, die bei jeder Bewegung bimmelten, herrlicher Türkisschmuck. Ari und Maria präsentierten auf ungewöhnliche Art und Weise ihre Heimat. Temperamentvoll und herzlich – wofür die Griechen ja auch entsprechend geliebt werden. Capito?
Die Yacht bot allen erdenklichen Luxus. Die Onassis-Kabinen besaßen zum Beispiel eine eigene Dusche. Doch morgens sprang man im Sommer nach dem Aufstehen lieber ins Meer und ließ sich dann das Frühstück servieren. Wir tranken oft nur einen Uzo. Butler in Uniform und mit weißen Handschuhen servierten ihn auf Wunsch auch in der Kabine. Die Mode war sportlich und lässig. T-Shirts aus den »Mic-Mac«-Läden von Gunter Sachs. Zu gelben trug man gelbe Jeans, zu rosa Hemdchen rosa Jeans. Eben das typische St.-Tropez-Outfit, das schnell démodé war.
Zwei Strände suchten wir aus. Einen für Florinda, Franco und mich, an dem wir nackt ins Meer gingen oder uns sonnten. Man konnte vom Schiff aus fast zu Fuß hinlaufen. Der zweite Strand war für Maria Callas und Marina Cicogna bestimmt. Beide bevorzugten die weiten Modelle der Bademode aus den dreißiger Jahren. Das waren Badeanzüge, die alles verbargen. Die beiden Grazien hatten ganz offensichtliche Probleme mit der Figur. Breite fleischige Schenkel sind nicht jedermanns Sache.
Maria litt ganz fürchterlich unter ihren Gewichtsproblemen. Luchino erzählte mir, dass er ihr deshalb während der Inszenierung von »La Traviata« an der Scala in Mailand empfohlen hatte, sich einen Bandwurm einsetzen zu lassen. Ein altbekanntes Hausmittel. Damit nahm die Callas tatsächlich 30 Kilo ab.
Der Butler brachte Maria besondere Schwimmmatratzen für ihre zwei Yorkshireterrier in die kleine Badebucht. Die Schoßhündchen wurden auf die beiden Schwimmsessel unter Minisonnenschirme gesetzt, um die zarte Haut der kleinen Lieblinge zu schützen, und konnten so direkt neben ihrer Herrin im Wasser hin- und herschwimmen.
Am späten Mittag gab es ein kleines Essen auf dem Deck, danach hielt jeder erst mal eine kurze Siesta. Nachmittags gegen fünf, wenn wir uns alle trafen, machte Maria ihre Gesangsübungen, theatralische Auftritte mit affektiertem Getue, die uns in Stimmung für den Abend brachten. Ihre Hunde jaulten im Takt mit. Erschrecken Sie nicht, liebe Kunstfreunde, aber wir zogen in den lauen Lüften der Ägäis heiße Rhythmen vor. Auch unser Gastgeber zuckte nur mit den Achseln und nannte Maria »mein Kanarienvogel«. Meistens zog er sich für telefonische Besprechungen zurück. Ihre Gesangsübungen störten ihn genauso wie uns. Besonders wenn er sich auf schwierige Verhandlungen konzentrierte.
Maria Callas strapazierte unsere Nerven mit ihrem Gejammere über ihre ausufernde Figur, besonders ihre massigen Oberschenkel, und mit
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