Ich. Die Autobiographie
Damals war es die größte Privatyacht der Welt.
Kurz vor der Abreise schaffte es noch Johanna von Wittgenstein irgendwie an Bord zu kommen. Sie produzierte sich als gute Freundin, insistierte überall, um mitfahren zu können. Elène wurde von ihr richtig bedrängt. Keine andere europäische Frau kann so berechnend sein wie die deutsche. Das ist mir oft aufgefallen. Vielleicht verstecken die Französinnen oder Italienerinnen ihre Berechnung hinter ihrem Charme, aber die deutsche Frau steuert schnurstracks auf ihr Ziel los. Als Johanna aufs Boot kam, hatte sie keinen Schmuck dabei, als sie abreiste, war sie voller Klunker und Geschmeide von Cartier.
Viele Eingeladene gehörten zu meinem engeren Zirkel. Wir stachen in See mit Philippe, Brigitte Henkell aus der Sekt-Dynastie, dem Nesthäkchen Constantin und dessen Schwester Maria Niarchos, den Amerikanerinnen Cleo Goldsmith und Schwester Daida, Elène d’ Estenville und ich. Elène kam wie immer zu spät aufs Schiff. Extrawünsche hielten sie wie üblich auf. Eigenwillig forderte sie eigene Kräuter für ihr Essen: Basilikum und Pfefferminzbäumchen. Dafür waren wir den ganzen Tag in Monte Carlo unterwegs und kamen zu spät zum Hafen. Die »Atlantis« war längst außerhalb von Monte Carlo. Sie schickten uns ein Boot. Wir schipperten mit unserem Bootspark voller grüner Gewürzpflanzen zur Yacht.
Stavros stand auf der Reling. Er blickte uns ärgerlich entgegen. Etliche Fragen gingen ihm wohl durch den Kopf: Mit welchen Verrückten er sich eingelassen hatte? Wie sollte die Fahrt enden, wenn sie schon mit Verzögerung begann? Wiesollten die Pflanzen auf dem Schiff gehalten werden? Da ahnte er aber noch nichts von den eigenen Züchtungen Elènes. In ihrer Kabine sollte sie sogar noch Sojabohnen anpflanzen. Im Bidet! Elène, ganz verwöhnte Jet-setterin, hatte die Nase voll vom französischen Essen und lebte vegetarisch nach strengen Regeln.
Der Trip dauerte einen Monat. Wir fuhren nach Sardinien und ankerten – da unser Schiff wegen seiner Größe nicht normal anlegen konnte, sondern »a prua«, außerhalb des Hafens bleiben durfte – in der Bucht vom Hotel »Calla di Volpe«. Die Motorboote wurden heruntergelassen. Ein richtiges Manöver, so kompliziert war der Vorgang, um uns an Land zu bringen. Immer drei Bodyguards dabei. Deretwegen gab’s Schwierigkeiten, weil sie Pistolen bei sich trugen. In Griechenland ist so etwas kein Problem, aber in Italien braucht man Waffenscheine. Wir mussten zehn Tage länger bleiben, so lange dauerten die Verhandlungen der Anwälte mit der Polizei.
Per Schnellboot ging’s nach Porto Rotondo und Porto Cervo. Oder zum Wasserskilaufen. Keine Party wurde ausgelassen. Nach den Feiern in den Nachtclubs »Scorpio« und »La tartaruga«, die Schildkröte, sind wir erst mal zum Abkühlen ein paar Runden geschwommen. Ohne Stavros Niarchos. Er war sehr seriös und diszipliniert. Wir hatten alle ein wenig Angst vor ihm, soviel Autorität strahlte er aus, ohne etwas zu sagen. Tagsüber arbeitete er, kontrollierte sein tägliches Millionen-Dollar-Einkommen.
Für uns waren es Ferien. Mit allem Drum und Dran. Und so landeten wir meist erst um sechs Uhr morgens wieder auf dem Schiff. Wenig Schlaf reichte uns. Das Meer putscht die Sinne auf.
Weil ich nicht bei Tageslicht schlafen kann, befestigte ich Silberpapier ans Bullauge meiner Kabine. Das wurde zum Skandal. Nach einem Essen im »Calla di Volpe«, an demausnahmsweise auch Stavros teilnahm sowie Baron Heinrich von Thyssen mit seiner damaligen Frau Denise, sah unser Gastgeber auf der Rückfahrt die Spiegelung der Sonne auf dem Silberpapier. Zunächst hörte ich nichts von ihm, bis er sich bei seiner Mannschaft informiert hatte. Dann bat er mich in sein Appartement. Dort bekam ich ein Donnerwetter ab, wie ich es lange nicht mehr erlebt hatte. Er schrie mich an, was ich mit seinem Schiff machen würde. Unmöglich, wie ich es so total verunstalten könnte. Im ersten Schreck konnte ich gar nicht antworten. Diese Gardinenpredigt wollte ich mir nicht gefallen lassen. Auf ganz Sardinien, von Porto Rotondo bis Porto Cervo, hatte man von seinem Groll erfahren.
Kurze Zeit später gab es ein Mittagessen auf der Yacht mit Gräfin Marta Mazzotto, einer Erbin der größten Stoffindustrie Italiens. Ohne dass es jemand mitbekam, bot sie mir an:
Wenn ich auf dem Schiff mit Stavros Niarchos so unglücklich sei, würde sie sich freuen, mich in ihre Villa in Porto Rotondo für den Rest meiner Ferien
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