Ich durchschau dich!: Menschen lesen - Die besten Tricks des Ex-Agenten (German Edition)
gerade nicht wert, weil wir sein Vertrauen, seine Achtung mit unserem Verhalten längst verscherzt haben. Vielleicht wartet er aber auch bloß auf den richtigen Zeitpunkt. Bis er den gefunden hat, falls er ihn jemals findet, lässt er uns am ausgestreckten Arm verhungern. Er hält die Füße still, er liefert nicht auf Termin, er filtert Informationen, er betreibt hintenherum Politik, er sitzt das Problem aus. Sein Problem sind in dem Fall wir. Nach vorne lächelt er uns nett an, sodass wir glauben,
wir hätten alles im Griff. Er wird uns sehr freundlich verabschieden, aber vermutlich nie wieder einladen. Die Tarnung ist perfekt. Wer kommt da schon auf die Idee, dass es hier eine Menge zu durchschauen gäbe? Die Fassade ist so glatt, dass Sie schlichtweg daran abrutschen. Weil Sie einmal durch die falsche Tür hereingekommen sind und das nicht gemerkt haben. Anstatt zu durchschauen, sind Sie womöglich durchschaut worden.
Sobald Ihr Gegenüber registriert, dass Sie ihn in eine Schublade stecken und vorverurteilen, steckt er Sie auch in eine.
Würden wir uns in Situationen, in denen wir uns selbst ertappen, den anderen abzuwerten oder zu verurteilen, die drei einfachen Fragen stellen …
Wäre ich in deiner Situation …
Hätte ich denselben Hintergrund wie du …
Hätte ich dann tatsächlich anders entschieden oder mich eventuell genauso verhalten?
… dann wären wir schon einen Schritt weiter. Denn wenn Sie versuchen, sich diese Fragen zu beantworten, werden Sie feststellen, wie wenig Sie über Ihr Gegenüber wissen. Und das kann Ihnen selbst bei Mitarbeitern oder Kollegen so gehen, mit denen Sie schon jahrelang eng zusammenarbeiten.
Perspektivenwechsel erweitern Ihren Blickwinkel und geben Ihnen geistigen und emotionalen Handlungsspielraum zurück. Agenten wechseln häufiger die Perspektive als Autos, Frauen, Waffen. Denn letztlich ist es die Perspektive, die alles Folgende erst ermöglicht! Vor allem auch den klaren Blick, wenn es darum geht, die tatsächlichen Motive und Hintergründe zu erkennen.
Wann bin ich wirklich gemeint und wann meine ich nur, dass ich gemeint bin …
Als Agent entscheide ich ganz bewusst, was ich persönlich nehme – und vor allem, was NICHT!
Wenn Sie mit Menschen in Konfl iktsituationen zu tun haben, dann bleibt es nicht aus, dass Sie sich gelegentlich respektlos, unhöflich oder sogar unfair behandelt fühlen.
Ihr emotionales System reagiert auch darauf. Und das sofort, ob Sie wollen oder nicht.
Die Frage ist nur, wie? Lassen Sie es an sich ran oder nicht?
Lassen Sie zu, dass Sie sich persönlich angegriffen fühlen? Oder gelingt es Ihnen, eine andere Haltung einzunehmen?
Die könnte so aussehen: Dein Verhalten zeigt mir, dass du offensichtlich nicht über die soziale Kompetenz verfügst, die jetzt gerade gefragt gewesen wäre. Daraus folgt: Du hast das Problem – nicht ich. Weil du mit deinem Verhalten an jeder Ecke und Kante, die sich bietet, hängen bleiben wirst. Nicht ich.
Wir können im Leben nicht immer zu einhundert Prozent beeinflussen, mit welchen Situationen und Menschen wir konfrontiert werden, aber wir können von Mal zu Mal selbst entscheiden, wie wir auf sie reagieren.
Lassen wir zu, dass wir uns persönlich angegriffen fühlen? Lassen wir zu, dass wir uns dadurch schlecht fühlen? Oder gelingt es uns, emotional Distanz zu halten und unseren klaren Blick fürs Gegenüber zu bewahren?
Wenn jemand Sie unverschämt behandelt, dann hat er das Problem und nicht Sie. Sie bleiben souverän und gelassen, behalten Ihren geistigen Handlungsspielraum und Ihren Durchblick. Ganz nebenbei wirken Sie dadurch auch attraktiv und anziehend auf andere.
Ihre Mitmenschen brauchen keine Schutzmaßnahmen, um Ihnen zu begegnen. Im übertragenen Sinne bedeutet das, Sie legen Ihre kugelsichere Weste ab. Ihr Gegenüber wird Ihnen folgen. Und genau das wollen wir doch für einen ungehinderten Blick ins Innere, oder?
Der erste Zugriff: Busbahnhof Arnulfstraße
Hauptquartier, Dienstag, 14. September, 18:10 Uhr
»Jetzt ist es so weit«, begrüßte mich Sabine, als ich ihr Büro betrat. Der Bus hatte Istanbul verlassen und befand sich auf dem Weg nach München. Planmäßig sollte er am nächsten Tag um 19 Uhr in München ankommen.
Sabine streckte mir eine schwarze Mappe entgegen. »Unsere Quelle in Istanbul sagt, es sind mindestens vier Personen an Bord, die illegal in die BRD einreisen möchten.«
»Woran macht sie das fest?«, fragte
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