Ich durchschau dich!: Menschen lesen - Die besten Tricks des Ex-Agenten (German Edition)

sind angeschnallt, haben kein Handy am Ohr, keinen Tropfen Alkohol getrunken, das Auto ist in Topzustand, Ihre Weste blütenrein. An einer roten Ampel bemerken Sie den Streifenwagen, beide Beamten gucken rüber zu Ihnen. Da ist sofort dieses latent schlechte Gewissen. Hoffentlich ist alles in Ordnung, habe ich alles richtig gemacht, Führerschein und Fahrzeugpapiere dabei? Jetzt bloß keine Fehler. Und ruck, zuck verhalten wir uns irgendwie seltsam … ganz auffällig unauffällig, wir versuchen, unser Verhalten zu kontrollieren, das macht uns hölzern, unauthentisch und verdächtig!
    Wollte man von diesen Wahrnehmungen auf die Wahrheit schließen, hätten Sie viel zu verbergen. Das weiß die Polizei, und wir Agenten wissen es auch. Dennoch kommt es hin und wieder zu Festnahmen, weil jemand, der nichts auf dem Kerbholz hat, sich so benimmt, als hätte er mehr Kerben denn Holz. Das ist ärgerlich für die Polizei, die gerade im Zuge der ersten Ermittlungen viel Zeit verliert, wenn sie zu früh einen falschen Verdächtigen schnappt. Es ist natürlich auch äußerst unangenehm für den zu Unrecht Verdächtigten. Vor allem, weil es für viele Menschen sehr schwer ist, eine Meinung aufzugeben. Anstatt frühzeitig umzukehren, wird lieber das Tempo erhöht, mit dem man in die Sackgasse rast. Auch deshalb ist das Korrektiv der Auswerter so wichtig. Ich habe schon einige Male von Sabine gehört: »Leo, du verrennst dich.« Und gut daran getan, ihrem Rat zu folgen und umzukehren.
     
    Agenten leben mit der großen Unbekannten. Sie wissen, dass sie die Lüge nicht erkennen können. Dafür aber verdächtige Verhaltensabweichungen.
Diesen Job haben Sie selbst bestimmt schon Hunderte von Malen gemacht, vor allem, wenn Sie Kinder haben. Wenn der kleine Hendrik, der sonst immer fröhlich die Türen aufreißt, bedrückt hereinschleicht … mehr Verhaltensabweichung braucht es nicht. Manche Leute müssen ihrem Chef morgens bloß einmal kurz ins Gesicht sehen und sie wissen, was der Tag bringen wird.
     
    Angenommen, in einem Bus von Sarai-Reisen säße ein hochkarätiger Analyst, der seine Emotionen normalerweise stark unter Kontrolle hat. In dem Moment, in dem er Heroin für 500 000 Euro am Körper trägt, wird ihm seine Nervosität einen Streich spielen. Spätestens, wenn er eine Uniform sieht. Das bleibt auch bei der Kontrolle nicht unbemerkt: »Würden Sie bitte aussteigen?« Wer so schwitzt und wem die Hände so zittern, der hat doch was zu verbergen, kombiniert der Beamte. Diesmal hat er recht. Ein anderes Mal täuscht er sich. Manche zittern und schwitzen auch ohne Grund bei einer Kontrolle. Da ist die Kontrolle Grund genug.
    Die Herausforderung für Ermittler besteht also darin zu erkennen, welcher Stress situationsbedingt ist und welcher durch bislang noch unbekannte Faktoren entsteht. Ein unbekannter Faktor kann auch bedeuten, schnell nach Hause an den Computer zu müssen, weil ein eBay-Angebot abläuft.

So entlarven Sie kleine und große Lügen
    Prägen Sie sich das Normalverhalten Ihres Gegenübers ein:
Durch unverfängliches Plaudern Verhalten bei Ehrlichkeit beobachten
Gesichtsausdruck und Verhalten einprägen
    Wenn es dann ans Eingemachte geht …
     
    Achten Sie auf Veränderungen: 
Verhaltensweisen kommen hinzu, verschwinden oder verändern sich
Unstimmigkeit in Gesichtsausdruck, Körpersprache und Verhalten des Lügners
Künstlicher Gesichtsausdruck, z. B. künstliches Lächeln
Falsche Reihenfolge von Mimik/Gestik und Worten (normalerweise zeigen wir nonverbal unsere Emotionen, bevor das erste Wort folgt)
Gesichtsausdruck hält zu lange an, z. B. anhaltende Überraschung
    Achten Sie auf typische Anzeichen von Stress:
Höhere Stimmlage
Verzögerungen: Pausen, Wiederholungen, Nachdenken, Stottern
Gepresstes Antwortverhalten (Antwort vor Ende der Frage)
Körperliche Symptome, häufiges Blinzeln, Stressrituale
    Achten Sie auf typische Merkmale von kontrolliertem Verhalten:
Hölzerne, steife Körpersprache
Kurze, nur teilweise ausgeführte Gesten
Kurze, unwillkürliche Gesichtsausdrücke (die über die wahren Gefühle Aufschluss geben)
    Achten Sie auf typische Anzeichen der drei Emotionen:
Angst vor Entlarvung (Stressmerkmale)
Schuldgefühle (trauriger Gesichtsausdruck, Entpersonalisierung: kaum Formulierungen mit »ich« oder »mein«), Körper vom Gesprächspartner weggeneigt …
Freude über die Täuschung (vor allem bei geübten Lügnern und Betrügern, erscheint oft unpassend)
    Achten Sie auf typische