Ich ein Tag sprechen huebsch
Männer in zerlumpter Kleidung einredete. Die Frau erläuterte das Zusammenspiel von Licht und Schatten. Sie ließ sich über die Gefühle aus, die der Künstler mit der Wahl dunkler Farbtöne zu wecken versuchte, und ihre Augen glänzten beim Reden. Im anschließenden Interview räumte einer der Männer ein, das Bild sei ganz anständig, und sagte: »Ja doch, hat mir schon irgendwie gefallen.« Dann wurde auf die Wissenschaftlerin zurückgeschnitten, die erklärte, die Auseinandersetzung mit Kunst sei eine Form der Therapie und werde den Männern hoffentlich dabei helfen, wieder Tritt zu fassen. Hier hatten wir ein Beispiel für einen kranken Optimismus, gepaart mit dem naiven Volksglauben, dass sich mit ein paar Stunden Therapie alles und jedes beheben ließe, angefangen von chronischer Fettleibigkeit bis zu lebenslanger Armut. Es ist immer wieder nett, ein bisschen im Warmen zu stehen, aber ich denke, die Frau machte sich was vor, wenn sie tatsächlich glaubte, diese Männer würden ein Rembrandt-Gemälde ein paar RubensSandwiches vorziehen.
Ungeachtet unserer aufrichtigen Recycling-Anstrengungen gilt Amerika immer noch als eine ungemein verschwenderische Nation. Es ist ein Stigma, das wir uns einmal erworben haben und nun mit unserer ganz eigenen Mischung aus Schuldbewusstsein und Heuchelei abzuschütteln versuchen. Am ersten Abend meiner Reise entdeckte ich beim Zähneputzen im Bad meines 270-Dollar-Hotels ein kleines Schild mit der Aufschrift: SCHÜTZEN SIE DEN PLANETEN!
In Ordnung, dachte ich, aber wie?
Auf dem Zettel war die Wassermenge aufgeführt, die pro Jahr in den Wäschereien der Hotels verbraucht wurde, und es wurde angedeutet, dass ich durch ein tägliches Wechseln der Bettwäsche und Handtücher praktisch kostbares Wasser den zur Schale geformten Händen eines dehydrierten Kindes entriss. In den Bädern aller weiteren Hotels stieß ich auf die Aufforderung zum Schutz des Planeten, die mir in kürzester Zeit gehörig auf die Nerven ging. Ich habe nichts dagegen, ein Handtuch zweimal zu benutzen, aber wenn ein Hotel solche Preise nimmt, will ich gefälligst auch jeden Tag frische Laken. Wenn mir danach wäre, mein Bett mit Billionen abgestorbener Hautzellen zu teilen, wäre ich zu Hause geblieben oder hätte mich bei Freunden einquartiert. Ich musste zwar keins der Zimmer selbst bezahlen, aber es geht mir gegen den Strich, Schuldgefühle für einen Service zu empfinden, der von einem teuren Hotel grundsätzlich zu erwarten ist.
Von Pandas und dem Regenwald ist nie die Rede, wenn es um die Millionen Leute geht, die mit ihrem Range Rover zum Spaß in der Gegend rumheizen. Nur wo's um die kleinen Dinge geht, sind wir mit Feuereifer bei der Sache. Beim Besuch einer Stehcafe-Kette in San Francisco entdeckte ich neben dem Milchregal ein Schild mit der Aufschrift: BITTE SPARSAM VERWENDEN - SERVIETTEN WERDEN AUS BÄUMEN HERGESTELLT! Für den Fall, dass man das erste Schild übersehen hatte, hing einen halben Meter daneben ein zweites mit der Warnung: SERVIETTEN VERSCHWENDEN HEISST BÄUME VERNICHTEN!!! Natürlich wird der Kaffee ebenfalls in Pappbechern verkauft, ohne dass sich ein Hinweis auf die majestätischen Redwoods findet, wenn man seine Tasse für vier Dollar bestellt. Schuldgefühle sollen sich nur dort einstellen, wo es etwas umsonst gibt. Würden Servietten zehn Cent kosten, wären sie zweifellos viel dünner, damit man möglichst viele braucht, den kochendheißen Dampfstrahl zu bekämpfen, der aus dem sinnigerweise im Becherdeckel eingestanzten Loch entweicht.
Auf einer Reise durch die Vereinigten Staaten sieht man sehr schnell, warum viele uns Amerikaner für beschränkt halten. Im Zoo von San Diego befinden sich gleich neben dem Primaten-Gehege ein halbes Dutzend lebensgroßer Bronze-Gorillas. Daneben steht ein Schild mit der Warnung: ACHTUNG -DIE GORILLA-SKULPTUREN KÖNNTEN HEISS SEIN. Wo man auch hinblickt, wird einem das Offensichtliche noch einmal ausdrücklich erklärt. KANONEN KÖNNEN LAUT SEIN. PERSONENBEFÖRDERUNGSBAND ENDET IN WENIGEN METERN. Für Leute, die nicht ihre Freizeit damit verbringen, sich gegenseitig zu verklagen, sind solche Hinweisschilder Anzeichen eines erschreckenden Mangels an Intelligenz. Selbstverständlich werden Bronzeskulpturen unter der Sonne Südkaliforniens heiß. Kanonen müssen laut sein, dafür sind sie schließlich berühmt, und - ob es einem gefällt oder nicht - jedes Personenbeförderungsband endet früher oder später. Es ist zweifellos schwer,
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