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Ich finde dich

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Titel: Ich finde dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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Genau in dem Moment, wo alles zusammenpasste – als ich Fortschritte zu machen glaubte –, traf mich erneut ein unerwarteter Tiefschlag:
    Archer Minor, 41 Jahre alt, aus Manhattan, aufgewachsen in Flushing, Queens, New York. Mr Minor war Teilhaber der Anwaltskanzlei Pashaian, Dressner und Rosenburgh, deren Geschäftsräume sich im Lock-Horne-Building, 245 Park Avenue in New York City befinden. Archer bekam viele Ehrungen und Auszeichnungen für seine Arbeit für Wohltätigkeitsorganisationen. Er besuchte die Saint Francis Prep School und legte sein Examen mit der Note summa cum laude am Lanford College …

DREISSIG
    Ü ber die Telefonleitung hörte ich Mrs Dinsmore seufzen. »Sind Sie nicht suspendiert?«
    »Sie vermissen mich. Geben Sie’s zu.«
    Selbst inmitten dieser ständig wachsenden Kombination aus Horror und Konfusion fühlte ich mich geerdet, als ich Mrs Dinsmores Stimme hörte. Es gab nur wenige Konstanten in meinem Leben, mit Mrs Dinsmore herumzualbern war eine davon. Es wirkte beruhigend, an einem persönlichen Ritual festzuhalten, während die Welt um mich herum im Chaos versank.
    »Die Suspendierung schließt vermutlich auch Anrufe bei College-Mitarbeitern ein«, sagte Mrs Dinsmore.
    »Auch wenn es nur um Telefonsex geht?«
    Ich sah ihren missbilligenden Blick in über 250 Kilometer Entfernung vor mir. »Was wollen Sie, Sie Komiker?«
    »Sie müssen mir einen Riesengefallen tun«, sagte ich.
    »Und was kriege ich dafür?«
    »Haben Sie das mit dem Telefonsex nicht mitbekommen?«
    »Jake?«
    Ich konnte mich nicht erinnern, dass sie mich je mit dem Vornamen angesprochen hatte.
    »Ja?«
    Plötzlich klang ihre Stimme beinah zärtlich. »Was ist los? Suspendiert zu werden passt ganz und gar nicht zu Ihnen. Sie sind sonst doch unser größtes Vorbild hier.«
    »Das ist eine sehr lange Geschichte.«
    »Sie haben mich nach Professor Kleiners Tochter gefragt. Die, in die Sie verliebt sind.«
    »Ja.«
    »Suchen Sie sie immer noch?«
    »Ja.«
    »Hängt das mit Ihrer Suspendierung zusammen?«
    »Ja.«
    Stille. Dann räusperte Mrs Dinsmore sich.
    »Was brauchen Sie, Professor Fisher?«
    »Eine Studentenakte.«
    »Schon wieder?«
    »Ja.«
    »Sie benötigen eine schriftliche Genehmigung des Studenten«, sagte Mrs Dinsmore. »Das habe ich Ihnen beim letzten Mal schon gesagt.«
    »Und genau wie beim letzten Mal ist der Student tot.«
    »Oh«, sagte sie. »Wie heißt er?«
    »Archer Minor.«
    Schweigen.
    »Kannten Sie ihn?«
    »Nein, als Studenten nicht.«
    »Aber?«
    »Aber ich erinnere mich daran, in der Lanford News gelesen zu haben, dass er vor ein paar Jahren ermordet wurde.«
    »Vor sechs Jahren«, sagte ich.
    Ich ließ den Motor an, behielt das Handy aber am Ohr.
    »Damit ich das richtig verstehe«, sagte Mrs Dinsmore. »Sie suchen Natalie Avery, richtig?«
    »Richtig.«
    »Und um sie zu finden, müssen Sie die persönlichen Akten nicht nur von einem, sondern sogar von zwei ermordeten Studenten einsehen?«
    So hatte ich das seltsamerweise noch gar nicht betrachtet. »Da ist wohl was dran«, sagte ich.
    »Ich könnte so dreist sein zu bemerken, dass das nicht unbedingt nach einer Liebesgeschichte klingt.«
    Ich sagte nichts. Ein paar Sekunden vergingen.
    »Ich rufe zurück«, sagte Mrs Dinsmore und legte auf.
    Die Hyde-Park-Wohnresidenz ähnelte einem Marriott Courtyard Hotel.
    Und auch noch einem recht hübschen, etwas vornehm, mit einem viktorianischen Pavillon am Eingang – trotzdem schrie die Anlage mir entgegen: unpersönlich, Fertigbau, Massenproduktion. Das Hauptgebäude war dreigeschossig mit Türmchen an den Ecken. Auf einem übergroßen Schild stand EINGANG RESIDENZ . Ich folgte dem Weg eine Rollstuhlrampe hinauf und öffnete die Tür.
    Die Frau hinter dem Schreibtisch hatte eine Bienenkorb-Helmfrisur, wie ich sie zum letzten Mal bei einer Senatorengattin zirka aus dem Jahr 1964 gesehen hatte. Sie begrüßte mich mit einem so hölzernen Lächeln, dass Draufklopfen Glück gebracht hätte.
    »Kann ich Ihnen helfen?«
    Ich lächelte und breitete die Arme aus. Irgendwo hatte ich gelesen, dass man mit ausgebreiteten Armen offener und vertrauenswürdiger erschien, während verschränkte Arme genau das Gegenteil bewirkten. Ich wusste nicht, ob das stimmte. Es fühlte sich an, als könnte ich jemanden hochnehmen und davontragen. »Ich möchte Sylvia Avery besuchen.«
    »Erwartet sie Sie?«, fragte Bienenkorb.
    »Nein, ich glaube nicht. Ich war nur gerade in der Gegend.«
    Sie sah mich zweifelnd an. Ich nahm

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