Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich finde dich

Ich finde dich

Titel: Ich finde dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
Vom Netzwerk:
passiert ist.«
    »Lassen Sie es gut sein.«
    »Ich kann nicht.«
    »Ich verstehe nicht, was Sie mit der Angelegenheit zu tun haben. Es geht Sie nichts an.« Sie schüttelte den Kopf. »Natürlich … es ist ja kein Wunder …«
    »Was?«
    »Dass Natalie sich in Sie verliebt.«
    »Wieso?«
    »Sie sind ein Träumer. Genau wie ihr Vater. Er konnte auch nichts auf sich beruhen lassen. Manche Menschen können das einfach nicht. Ich bin eine alte Frau. Hören Sie auf mich. Die Welt ist ein Chaos, Jake. Manche wollen nur Schwarz und Weiß sehen. Diese Menschen bezahlen dafür. Mein Ehemann war einer von ihnen. Er musste überall seine Nase hineinstecken. Und Sie, Jake, gehen den gleichen Weg.«
    Ich hörte ferne Echos aus der Vergangenheit – von Malcolm Hume und Eban Trainor, aber auch von Benedict. Ich dachte an meine eigenen Gedanken in der letzten Zeit, daran, wie es sich anfühlte, einen Menschen zu schlagen oder gar zu töten.
    »Was ist damals mit Archer Minor passiert?«, fragte ich.
    »Sie werden nicht aufhören. Sie werden weiter herumbohren, bis alle tot sind.«
    »Es bleibt zwischen Ihnen und mir«, sagte ich. »Es wird diesen Raum nicht verlassen. Sagen Sie es mir einfach.«
    »Und wenn ich mich weigere?«
    »Dann bohre ich weiter. Was ist mit Archer Minor passiert?«
    Wieder wandte sie den Blick ab, zupfte sich mit den Fingern gedankenverloren an der Lippe. Ich richtete mich etwas mehr auf, versuchte, ihren Blick auf mich zu ziehen.
    »Man sagt doch, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.«
    »Ja«, sagte ich.
    »Der Junge hat es versucht. Archer Minor wollte der Apfel sein, der nicht nur herunterfällt, sondern weit wegrollt. Er wollte ein guter Mensch werden. Er wollte seinem Milieu entfliehen. Aaron hat das verstanden. Er hat versucht, ihm zu helfen.«
    Sie nahm sich Zeit, um die Decke auf ihrem Schoß zurechtzulegen.
    »Und was ist passiert?«, fragte ich.
    »Archer war in Lanford überfordert. Auf der Highschool hatte sein Vater Druck auf die Lehrer ausüben können, so dass sie ihm Einsen gegeben haben. Ich weiß nicht, ob er den hohen Wert im College-Eignungstest, der in seinem Lebenslauf stand, wirklich erreicht hat. Ich weiß auch nicht, wie er die anderen Zugangstests bestanden hat. Was das wissenschaftliche Arbeiten in Lanford betraf, war der Junge jedenfalls überfordert.«
    Wieder machte sie eine Pause.
    »Bitte fahren Sie fort.«
    »Dafür gibt es keinen Grund«, sagte sie.
    Dann erinnerte ich mich an das, was Mrs Dinsmore mir als Erstes erzählt hatte, als ich mich nach Professor Aaron Kleiner erkundigt hatte.
    »Es hatte Täuschungsversuche von Studenten gegeben, stimmt’s?«
    Ihre Körpersprache verriet mir, dass ich einen Volltreffer gelandet hatte.
    »War Archer Minor darin verwickelt?«, fragte ich.
    Sie antwortete nicht. Doch das war auch nicht nötig.
    »Miss Avery?«
    »Er hatte einem Studenten eine Semesterarbeit abgekauft, der ein Jahr zuvor seinen Abschluss gemacht hatte. Der Student hatte dafür eine Eins bekommen. Archer hat sie nur abgetippt und als seine eigene Arbeit ausgegeben. Er hatte nicht ein einziges Wort verändert. Er dachte, Aaron würde sich sowieso nicht daran erinnern. Aber Aaron erinnerte sich an alles.«
    Ich kannte die College-Regeln. In Lanford hatte ein solches Plagiat einen sofortigen Rauswurf zur Folge.
    »Hat Ihr Mann ihn gemeldet?«
    »Ich habe ihm gesagt, er soll das nicht tun. Ich sagte, er solle Archer eine zweite Chance geben. Wobei es mir nicht um Archer ging. Ich wusste einfach, was passieren würde.«
    »Sie wussten, dass seine Familie außer sich sein würde.«
    »Aaron hat es trotzdem gemeldet.«
    »Wem?«
    »Dem Fachbereichsvorsitzenden.«
    Mein Mut sank. »Malcolm Hume?«
    »Ja.«
    Ich lehnte mich zurück. »Was hat Malcolm dazu gesagt?«
    »Er hat Aaron gebeten, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Aaron sollte nach Hause gehen und das Ganze noch einmal überdenken.«
    Ich dachte an meine eigene Auseinandersetzung mit Eban Trainor. Er hatte mir etwas Ähnliches gesagt, richtig? Man wurde nicht Außenminister, wenn man nicht bereit war, Kompromisse einzugehen, Deals zu machen, Bedingungen auszuhandeln und zu verstehen, dass die Graustufen in der Welt vorherrschten.
    »Ich bin sehr müde, Jake.«
    »Ich verstehe da etwas nicht.«
    »Lassen Sie die Angelegenheit auf sich beruhen.«
    »Archer Minor wurde nicht gemeldet. Er hat seinen Abschluss mit summa cum laude gemacht.«
    »Wir habe Drohanrufe bekommen. Ein Mann hat mich besucht. Er ist ins

Weitere Kostenlose Bücher