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Ich finde dich

Ich finde dich

Titel: Ich finde dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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Eifer verteidigt.«
    Als ich ihm in die Augen sah, erkannte ich mehr als nur leichten Spott darin. »Wer, Eban?«
    »Nur ein kleiner Hinweis: Er war der Besitzer dieses Hauses.«
    Das überraschte mich. »Professor Hume hat Todd Sanderson verteidigt?«
    »Wie nennen die Rechtsanwälte das gerne?« Wieder rieb er sich das Kinn. » Leidenschaftlich. Als die Sache durchgestanden war, hat er ihn sogar bei der Gründung einer Wohltätigkeitsorganisation unterstützt.«
    Ich versuchte, das Ganze zusammenzubekommen. Hume verabscheute jede Form von Gewalt. Er war einfach zu einfühlsam. Er zuckte bei jeder Art von Grausamkeit zusammen. Wenn jemand litt, litt er mit.
    »Ich muss gestehen«, fuhr Eban fort, »dass auch ich damals überrascht war, aber dein Mentor hat immer schon gerne mildernde Umstände gelten lassen, oder?«
    Jetzt sprachen wir nicht mehr über Todd Sanderson, also kehrte ich wieder zum Thema zurück.
    »Und worin bestanden die mildernden Umstände in diesem Fall?«
    »Nun ja, einerseits war Todd Sanderson nach einer langen Auszeit gerade erst wieder ans College zurückgekehrt. Er hatte das vorangegangene Semester aus privaten Gründen verpasst.«
    Mir reichte es langsam. »Eban?«
    »Ja?«
    »Kannst du aufhören, um den heißen Brei herumzureden? Was war mit Todd Sanderson? Warum hatte er das College verlassen? Worin bestanden die mildernden Umstände, die einen Mann, der Gewalt so dezidiert ablehnte wie Malcolm Hume, dazu brachten, eine so unbarmherzige Grausamkeit zu verteidigen?«
    »Steht das nicht in der Akte?«
    »Du weißt ganz genau, dass es nicht drinsteht. Außer der Entscheidung selbst wurde damals nichts dokumentiert. Also, was war mit ihm?«
    »Nicht mit ihm«, sagte Eban. »Mit seinem Vater.«
    Er griff hinter sich, nahm ein Glas und reichte es mir. Er fragte mich nicht, er drückte mir einfach das Glas in die Hand. Ich nahm es und ließ ihn den Wein einschenken. Es war zwar immer noch nicht Mittag, ich hielt es aber für den falschen Moment, Kritik an vormittäglichem Alkoholkonsum zu üben. Also nahm ich den Wein in der Hoffnung, dass er ihm die Zunge lösen würde.
    Eban Trainor lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander. Er starrte in sein Weinglas, als wäre es eine Kristallkugel. »Erinnerst du dich an den Vorfall in der Little League in Martinsdale?«
    Jetzt starrte ich mein Weinglas an. Ich trank einen Schluck. »Den Pädophilen-Skandal?«
    »Ja.«
    Ich war damals vielleicht fünfzehn, zwanzig Jahre alt, erinnerte mich aber, weil es einer der ersten Kinderschänder-Fälle war, der ausgiebig in den Medien behandelt wurde. »Der Trainer oder Boss einer Little-League-Jugendbaseballmannschaft hat kleine Jungs missbraucht, oder?«
    »So lauteten die Vorwürfe, ja.«
    »Es stimmte nicht?«
    »Nein«, sagte Eban bedächtig und trank noch einen Schluck. »Nein, es stimmte nicht.«
    Wir saßen uns schweigend gegenüber.
    »Und was hat das mit Todd Sanderson zu tun?«
    »Nichts.« Eban sprach etwas undeutlich. »Aber mit dem Trainer oder dem Boss des Little-League-Teams, wie du ihn genannt hast.«
    Jetzt verstand ich. »Es war sein Vater.«
    Eban deutete mit dem Finger auf mich. »Bingo.«
    Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte.
    »Todd Sanderson hat ein Semester ausgesetzt, um seinem Vater zu helfen«, sagte Eban. »Er hat ihn finanziell unterstützt – sein Vater hatte seinen Job als Lehrer natürlich verloren – er hat ihn moralisch unterstützt und auch sonst getan, was in seiner Macht stand.«
    Ich war überrascht und verwirrt, allerdings rückte damit die entscheidende Frage wieder in den Mittelpunkt: Was hatte das Ganze mit meiner Natalie zu tun?
    »Ich erinnere mich nicht mehr besonders gut an den Fall«, sagte ich. »Wie ist es ausgegangen? Ist Todds Vater ins Gefängnis gekommen?«
    »Nein, er wurde freigesprochen.«
    »Oh?«, sagte ich.
    »Der Freispruch wurde in der Presse nicht so ausführlich behandelt. So läuft das eben. Die Anschuldigung kommt auf die Titelseite. Der Freispruch oder ein Widerruf wird irgendwo hinten versteckt.«
    »Er wurde also freigesprochen.«
    »Das ist korrekt.«
    »Es gibt allerdings einen großen Unterschied zwischen einem Freispruch und Unschuld.«
    »Das ist wahr«, sagte Eban, »trifft allerdings auf diesen Fall nicht zu. Gleich in der ersten Verhandlungswoche wurde bekannt, dass ein rachsüchtiger Vater sich das alles ausgedacht hat, weil Todds Vater seinen Sohn nicht als Pitcher einsetzte. Aus dieser Lüge hat sich eine Lawine

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