Ich finde dich
ruhig. »Ich finde es nur etwas seltsam, weiter nichts.«
»Wie, seltsam?«
Er antwortete nicht.
»So seltsam, dass du glaubst, ich hätte sie erfunden? Willst du darauf hinaus?«
»Nein. Ich mein ja bloß.«
»Was meinst du?«
»In dem Sommer. Du brauchtest etwas, um dich festzuhalten.«
»Und das habe ich dort gefunden. Und leider wieder verloren.«
»Okay, gut. Lass gut sein.«
Aber ich konnte es nicht gut sein lassen. Nicht in diesem Moment, wo ich so wütend und betrunken war. »Und wo wir gerade dabei sind«, sagte ich, »wie kommt’s denn, dass ich die Liebe deines Lebens nie kennengelernt habe?«
»Wovon sprichst du?«
Oh Mann, war ich betrunken. »Vom Foto in deinem Portemonnaie. Wie kommt’s, dass ich sie nie getroffen habe?«
Er sah aus, als hätte ich ihm eine Ohrfeige verpasst. »Es reicht jetzt, Jake.«
»Ich mein ja bloß.«
»Es. Reicht. Jetzt.«
Ich machte den Mund auf, schloss ihn aber sofort wieder. Die Ladys kamen zurück. Benedict schüttelte einmal kurz den Kopf, und schon hatte er das Lächeln wieder in sein Gesicht gezaubert.
»Welche willst du?«, fragte Benedict.
Ich sah ihn an. »Ist das dein Ernst?«
»Ja.«
»Windy«, sagte ich.
»Welche ist das?«
»Ehrlich?«
»Ich bin nicht gut mit Namen«, sagte Benedict.
»Windy ist die, mit der ich mich den ganzen Abend unterhalten habe.«
»Mit anderen Worten«, sagte Benedict, »du willst die Heißere. Gut, okay.«
Ich ging mit Windy in ihre Wohnung. Wir ließen es langsam angehen, bis wir dann schnell machten. Es war nicht die absolute Glückseligkeit, aber sehr schön. Gegen drei Uhr morgens brachte Windy mich zur Tür.
Unsicher, was ich sagen sollte, murmelte ich ein dummes »Äh, danke«.
»Äh, keine Ursache.«
Wir küssten uns sanft auf die Lippen. Es würde nichts Dauerhaftes werden, das war uns beiden klar, aber es war ein kleines, schnelles Vergnügen, und manchmal gab es in dieser Welt absolut nichts daran auszusetzen.
Ich torkelte über den Campus nach Hause. Auch ein paar vereinzelte Studenten waren noch unterwegs. Ich versuchte, mich im Schatten zu halten, aber Barry, der Student, der jede Woche zu mir ins Büro kam, sah mich und rief: »Na, heute mal auf dem Walk of Shame unterwegs, Teach?«
Erwischt.
Ich winkte ihm gutmütig zu und ging in Schlangenlinien weiter zu meinem bescheidenen Heim.
Als ich in den Flur trat, erfüllte ein lautes Rauschen meine Ohren. Ich blieb einfach stehen, wartete, bis ich meine Beine wieder spürte. Als das Schwindelgefühl abnahm, ging ich in die Küche und schenkte mir ein Glas kaltes Wasser ein. Ich trank es in großen Schlucken und schenkte es wieder voll. Morgen würde ich böse Kopfschmerzen haben, kein Zweifel.
Erschöpfung lastete auf meinen Gliedmaßen. Ich trat ins Schlafzimmer und schaltete das Licht an. Dort, auf der Bettkante, saß der Mann mit der kastanienbraunen Baseballkappe. Erschrocken sprang ich zurück.
Der Mann winkte mir freundlich zu. »Hey, Jake. Junge, Junge, wie siehst du denn aus? Hast du gesoffen?«
Ein oder zwei Sekunden stand ich einfach nur da. Der Mann lächelte mir zu, als wäre es das normalste Aufeinandertreffen der Welt. Er tippte sich sogar mit den Fingern an den Schirm seiner Kappe wie ein Profi-Golfer, der die Zuschauer an der Bahn begrüßt.
»Wer zum Teufel sind Sie?«, fragte ich.
»Das ist nicht weiter relevant, Jake.«
»Klar ist es das, verdammt noch mal. Wer sind Sie?«
Der Mann seufzte, scheinbar enttäuscht von meinem offensichtlich irrationalen Wunsch, seinen Namen zu erfahren. »Sagen wir doch einfach, ich bin ein Freund.«
»Sie waren in Vermont in dem Café.«
»Schuldig.«
»Und Sie haben mich bis hierher verfolgt. In dem Transporter.«
»Auch da bekenne ich mich schuldig. Mann, Sie riechen nach ziemlich billigem Schnaps und noch billigerem Sex. Wogegen natürlich absolut nichts einzuwenden ist.«
Ich bemühte mich, nicht zu sehr zu schwanken. »Was wollen Sie?«
»Ich möchte einen kleinen Ausflug mit Ihnen machen.«
»Wohin?«
»Wohin?« Er zog eine Augenbraue hoch. »Hören wir mit den Spielchen auf, Jake. Sie wissen doch ganz genau, wohin es geht.«
»Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden«, sagte ich. »Wie sind Sie überhaupt hier reingekommen?«
Auf die Frage hin hätte der Mann fast die Augen verdreht. »Klar, Jake, wir können ebenso gut die Zeit damit vergeuden, dass ich Ihnen erzähle, wie ich dieses lächerliche Etwas an Ihrer Hintertür, das ein Schloss darstellen soll, geknackt habe. Es
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