Ich folge deinem Schatten
mich auf seine Ratschläge verlassen. Mir bleibt ja auch gar keine andere Wahl.
Mommy … Mommy … Heute Morgen habe ich Matthew gehört, erinnerte sie sich. Daran muss ich mich festhalten – dass er am Leben ist und ich ihn finden werde –, wenn ich das alles durchstehen will.
Der Wagen näherte sich der Polizeidienststelle des Central Park. Der Eingang wurde von Presseleuten mit Fernsehkameras und Mikrofonen belagert.
»Oh, zum Teufel«, murmelte Charley Shore. »Jemand muss ihnen einen Tipp gegeben haben.«
Zan biss sich auf die Lippen.
»Zan, vergessen Sie nicht, beantworten Sie auf keinen Fall ihre Fragen. Wenn Ihnen jemand ein Mikrofon vors Gesicht hält, ignorieren Sie es.«
Der Wagen hielt an, und Shore stieg aus. Zan folgte. Sofort stürzten sich die Reporter auf sie. Zan versuchte die Augen zu schließen, während von allen Seiten die Fragen auf sie einprasselten: »Machen Sie Ihre Aussage, Ms. Moreland?«
»Wo ist Matthew, Ms. Moreland?«
»Was haben Sie mit ihm gemacht, Zan?«
»Glauben Sie, dass er noch am Leben ist?«
Während Charley Shore, der den Arm um sie gelegt hatte, sie durch die Menge zu schieben versuchte, riss sie sich von ihm los und wandte sich den Kameras zu. »Mein Sohn ist am Leben«, sagte sie. »Ich glaube die Person zu kennen, die mich so sehr hasst und auch nicht davor zurückschreckt, meinen Sohn zu entführen. Das habe ich vor zwei Jahren der Polizei zu erklären versucht, aber man wollte mir nicht glauben. Jetzt werde ich dafür sorgen, dass man mir zuhört.«
Sie drehte sich um und sah Charley Shore unumwunden in die Augen. »Tut mir leid«, sagte sie, »aber es ist an der Zeit, dass man mir endlich zuhört und die Wahrheit ans Tageslicht kommt.«
42
Kevin Wilson wohnte in einer möblierten Mietwohnung in TriBeCa, der Gegend südlich des Greenwich Village, in der früher hauptsächlich Industriebauten und Druckereien ansässig gewesen waren. Er hatte ein geräumiges Loft, das im Grunde aus einem offenen Raum bestand, in den eine Küche mit einer gut ausgestatteten Bar, ein Wohnzimmer und eine Bibliothek integriert waren. Die Möbel waren höchst modern, im angrenzenden Studio allerdings fanden sich ein großes Ledersofa sowie zwei entsprechende Sessel mit Kissen. Das Schlafzimmer war relativ klein, weil der Besitzer eine Wand eingezogen hatte, um ein voll eingerichtetes Fitnessstudio unterzubringen. Ein übergroßes Eckzimmer diente ihm als Büro. Die großen Fenster in jedem Raum sorgten dafür, dass von morgens bis abends die Sonne hereinfiel.
Kevin war froh gewesen, die Wohnung mieten zu können, und hatte vor kurzem ein Kaufangebot abgegeben. Er hegte auch bereits Pläne für mögliche Umbaumaßnahmen – er stellte sich vor, den Fitnessraum so weit zu verkleinern, dass nur noch einige wenige Geräte Platz darin fanden, dafür das Schlaf- und Badezimmer entsprechend zu erweitern und aus dem Eckzimmer zwei Gästezimmer mit einem gemeinsamen, größeren Bad zu machen.
Unter den Möbeln wählte er bereits diejenigen aus, die er behalten wollte. Den Rest wollte er wohltätigen Organisationen vermachen. Seine Mutter hatte kürzlich zu ihm gesagt, er würde anfangen, Nestchen zu bauen. »Du bist der Letzte aus deinem Freundeskreis, der noch Single ist«, erinnerte sie ihn regelmäßig. »Es ist höchste Zeit, dass du dir endlich einmal ein nettes Mädchen suchst und heiratest.« Seit kurzem ging sie sogar noch einen Schritt weiter. »Mittlerweile geben alle meine Freundinnen mit ihren Enkelkindern an«, beschwerte sie sich.
Nach dem Essen mit seiner Mutter war er sofort nach Hause gefahren. Er hatte gut geschlafen und war wie gewöhnlich um sechs Uhr morgens aufgewacht. Nach Frühstücksflocken, Saft und Kaffee und einem schnellen Blick auf die Titelseite des Wall Street Journal und der Post folgte eine Stunde Work-out im Fitnessraum. Er sah sich die Morgennachrichten an, bekam einen Teil der Sendung Today mit, in der irgendein Rechtsexperte die Meinung kundtat, Alexandra Morelands Verhaftung würde unmittelbar bevorstehen.
Mein Gott, dachte sich Kevin, war das wirklich möglich? Erneut spürte er das Kribbeln, das er schon wahrgenommen hatte, als sich ihre Schultern gestreift hatten. Wenn die Central-Park-Fotos nicht manipuliert sind, dann tickt sie nicht ganz richtig, musste er sich zu seinem Bedauern eingestehen.
Trotzdem wollte ihm ihr Gesicht nicht aus dem Sinn, als er duschte und sich anzog. In ihren so schönen, so ausdrucksstarken Augen hatte so große
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