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Ich folge deinem Schatten

Ich folge deinem Schatten

Titel: Ich folge deinem Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Gedanken nach. Am Schaufenster klebten die Bilder der zum Verkauf stehenden Häuser, auf einigen von ihnen prangte sogar der Schriftzug VERKAUFT, doch bei manchen dieser Häuser lag der Besitzerwechsel schon fünf Jahre zurück.
    Rebecca war eine Meisterin darin, die verfügbaren Immobilien in den leuchtendsten Farben anzupreisen. Das kleinste, schäbigste Cottage beschrieb sie auf den in der ganzen Stadt aushängenden Anschlagzetteln als »gemütlich, heimelig und umwerfend charmant«.
    Und hatte sie potenzielle Interessenten so weit, dass sie einen Blick auf das Objekt warfen, überschlug sie sich fast, die Besonderheiten herauszustellen, wenn der geschickte und kunstfertige Hausbesitzer die schlummernde Schönheit des Gebäudes nur zum Leben erweckte.
    Doch selbst mit ihrem einzigartigen Talent, die verborgenen Werte eines Hauses zu rühmen, in das noch gehörig viel Arbeit gesteckt werden musste, machte Rebecca eine schwere Zeit durch. Während sie sich auf einen weiteren erfolglosen Tag einstellte, tröstete sie sich damit, dass es ihr noch weitaus besser ging als den meisten anderen in diesem Land. Anders als viele Neunundfünfzigjährige konnte sie es sich leisten, die Durststrecke auszusitzen, bis es mit der Wirtschaft wieder aufwärtsging.
    Ihre bereits verstorbenen Eltern hatten ihr, ihrem einzigen Kind, das Einfamilienhaus vermacht, in dem sie ihr ganzes Leben lang gewohnt hatte, sowie die Einnahmen aus den beiden Mietobjekten an der Main Street, die ihr ebenfalls gehörten.
    Es geht ja gar nicht so sehr ums Geld, dachte sie. Ich verkaufe einfach gern Häuser. Ich sehe es gern, wie aufgeregt die Leute sind, wenn sie einziehen. Selbst wenn noch viel ins Haus investiert werden muss, es ist doch ein neues Kapitel in ihrem Leben. Beim Umzug bringe ich den neuen Eigentümern immer ein Geschenk vorbei, eine Flasche Wein, Käse und Cracker, falls sie keine Antialkoholiker sind. Ansonsten gibt es eine Packung Lipton-Teebeutel und einen Sandkuchen.
    Ihre Teilzeit-Sekretärin Janie würde nicht vor zwölf Uhr eintreffen. Ihre zweite Maklerin, Millie Wright, die auf Kommissionsbasis für sie gearbeitet hatte, hatte aufhören und zwischenzeitlich einen Job bei A&P annehmen müssen. Aber sobald der Markt sich wieder erholen würde, wollte sie zurückkommen – das hatte sie Rebecca versprochen.
    Rebecca war so sehr in Gedanken versunken, dass sie regelrecht einen Satz machte, als das Telefon klingelte. »Schwartz-Immobilien, Rebecca am Apparat«, meldete sie sich und kreuzte die Finger, dass es sich um einen potenziellen Käufer handelte und nicht wieder nur um jemanden, der sein Haus loswerden wollte.
    »Hallo, Rebecca, hier ist Bill Reese.«
    Bill Reese, dachte sich Rebecca. Ein kleiner Hoffnungsschimmer. Bill Reese hatte sich im vergangenen Jahr zweimal die Owens-Farm angesehen und sich dann jedes Mal gegen den Kauf entschieden.
    »Bill, schön, von Ihnen zu hören«, sagte sie.
    »Hat Owens seine Farm schon verkauft?«, fragte Reese.
    »Nein, noch nicht.« Sofort wechselte Rebecca in den Maklerjargon. »Wir haben mittlerweile einige ernsthafte Interessenten, von denen einer in Kürze ein Angebot vorlegen wird.«
    Reese lachte nur. »Kommen Sie, Rebecca. Sie müssen mir nichts vormachen. Bei Ihrer Pfadfinderehre, wie viele potenzielle Käufer stehen in diesem Augenblick bei Ihnen Schlange?«
    Rebecca musste mit ihm lachen. Bill Reese war ein cleverer, freundlicher, untersetzter Mann Ende dreißig mit zwei kleinen Kindern. Er wohnte und arbeitete als Buchhalter in Manhattan, war aber auf einer Farm groß geworden und hatte ihr im vergangenen Jahr erzählt, dass er dieses Leben vermisse. »Ich würde gern wieder selbst anbauen. Und mir würde es gefallen, wenn meine Kinder die Wochenenden mit Pferden verbringen könnten und ihren Spaß daran haben, so wie ich es in meiner Kindheit erlebt habe.«
    »Es gibt keine Angebote für Owens’ Farm«, gab sie zu, »aber lassen Sie sich Folgendes gesagt sein, und das ist jetzt nicht das übliche Verkaufsgerede: Es ist ein wunderbares Anwesen, und wenn Sie erst einmal die schweren Vorhänge und die alten Möbel rausgeworfen und allem einen neuen Anstrich verpasst und die Küche renoviert haben, besitzen Sie ein herrliches, geräumiges Haus, auf das Sie stolz sein können. Die gegenwärtige schlechte Marktphase wird nicht ewig anhalten, und irgendwann wird jemand kommen, der einsieht, dass acht Hektar erstklassiges Land und ein im Grunde intaktes Haus eine gute Investition

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